So gelingt die Internationalisierung für KMU

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KMU sind derzeit eher zurückhaltend, wenn es um die Erschliessung neuer Märkte geht – gerade auch im Zuge von Corona. Erfahren Sie von Claudia Moerker, Geschäftsleiterin des Verbands swiss export, welche Märkte an Bedeutung gewinnen und unter welchen Voraussetzungen die Internationalisierung gelingt.

Welches sind die wichtigsten Absatzmärkte für Schweizer Unternehmen?

Claudia Moerker: Im Zentrum stehen Deutschland, die USA und Frankreich. Auch Osteuropa wird für Schweizer KMU immer wichtiger. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Verlagerung weiter nach Fernost stattfinden wird. Denn die asiatischen Schwellenländer wachsen sehr schnell.

 

Sind die Schwellenländer also die Märkte der Zukunft?

C. M.: Ich gehe davon aus, dass insbesondere die südostasiatischen Staaten weiter wachsen werden, ja. Nicht umsonst gilt das 21. Jahrhundert als «asiatisches Jahrhundert». Asien ist jung, dynamisch und wachstumshungrig. Die Corona-Pandemie ist ein guter Anhaltspunkt dafür: Die Märkte haben sich als robust erwiesen und scheinen sich rasch wieder zu erholen.

 

Wie risikofreudig sind Schweizer KMU, wenn es um so weit entfernte Märkte geht?

C. M.: Es gibt eine gewisse Zurückhaltung. Das erklärt auch, warum Süddeutschland für Schweizer KMU ein so wichtiger Absatzmarkt ist: Er liegt in der Nähe, man spricht die gleiche Sprache, hat ein gleiches Rechtsverständnis, die Kultur ist ähnlich. Das macht es einfacher, zügig Fuss zu fassen – was in einer Zeit, in der schnelle Resultate erwartet werden, natürlich wichtig ist. KMU können ohne grosse Hürden in den deutschen Markt einsteigen und schauen, wie es läuft. So zeigt sich rasch, ob das Unternehmen fit genug ist, um auch in weiter entfernten, schwierigeren Märkten zu bestehen.

 

Hat sich diese Zurückhaltung im Zuge der Corona-Pandemie noch verstärkt?

C. M.: Hohe Investitionen oder grosse Exportschritte überlegen sich die Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer derzeit sicher zweimal. Man hat im Zuge von Corona ja gesehen, wie schnell Lieferketten zusammenbrechen können: Plötzlich wird die Beschaffung von Rohstoffen schwierig, Halbfabrikate fehlen, Produkte können nicht hergestellt werden. Aber die Schweiz ist vom Aussenhandel abhängig, wir können nicht auf Exporte verzichten. «Exporte: ja oder nein?» ist darum nicht die Frage, die sich Unternehmer stellen müssen. Es läuft auf ein «Exporte: ja, es gilt jedoch…» hinaus: Struktur, Prozesse und Fokus müssen stimmen.

 

Wird sich das bald wieder legen? Gemäss der Exportstudie von swiss export zusammen mit Raiffeisen erstellten Mittelstandstudie erwarten Unternehmer von Corona keinen langfristigen Dämpfer.

C. M.: Ja, davon gehen wir aus. Das heisst aber nicht, dass die Pandemie keine langfristigen Folgen hat: Trends beschleunigen sich, Prozesse wie die Digitalisierung haben neuen Schub erhalten und sind stärker in den Fokus gerückt. Veränderungen lassen sich schneller umsetzen, weil man offener wird für neue Schritte.

 

Wie geht ein KMU die Internationalisierung jetzt klug an?

C. M.: Es ist besonders wichtig, fundierte Daten zum Zielmarkt zu beschaffen und gründlich zu analysieren. Alleingänge, die nur auf dem Glauben basieren, dass man das beste Produkt hat, sind gefährlich. Überwältigt von der eigenen «Produktverliebtheit» lässt man wichtige Parameter nämlich schnell ausser Acht. KMU sollten sich beraten lassen und das Wissen der ganzen Export-Community nutzen: Marktkenner, Fachspezialisten, Banken, Exportförderer und Rechtsexperten. So breit aufgestellt und gut fokussiert kann Internationalisierung trotz Corona gelingen.

 

Claudia Moerker, Geschäftsleiterin des Verbands swiss export
Claudia Moerker, Geschäftsleiterin des Verbands swiss export

Claudia Moerker ist Geschäftsleiterin des Verbands swiss export, der rund 600 Schweizer Exportfirmen unter seinem Dach vereint. Swiss export ist ein privater Exportförderer, dessen Ziel es ist, die Wettbewerbsfähigkeit und die Rahmenbedingungen für international tätige Unternehmen zu verbessern. Darüber hinaus setzt sich swiss export für die praxisorientierte Vermittlung von aktuellem Wissen und für die Vernetzung von Mitgliedfirmen ein.