Kernkompetenzen neu verpackt

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Die Zukunft der Briefpost ist ungewiss. Das bringt die Kern AG unter Zugzwang: Denn ihr Hauptgeschäft waren bislang Kuvertiersysteme. Lesen Sie hier, wie das Unternehmen es geschafft hat, seine Kompetenzen aus der analogen erfolgreich in die digitale Welt zu überführen.
 

Mit der Briefpost hat alles begonnen

Das Familienunternehmen Kern AG gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Systemen zum Schneiden, Falzen und Verpacken von Briefpost. Die Zukunft dieses Geschäftszweigs ist allerdings ungewiss. Seit einigen Jahren verlagert sich die Kommunikation vermehrt auf digitale Kanäle, was einen Grossteil der Briefpost überflüssig macht.

Das Unternehmen stand damit vor der Herausforderung, wie es seine Kompetenzen in diesem schwierigen Umfeld weiter gewinnbringend nutzen kann. «Ursprünglich erhofften wir uns vom chinesischen Markt weiteres Wachstum», erklärt Uli Kern, Firmeninhaber in zweiter Generation. Aber die Erwartungen, dass das Briefpostvolumen in Fernost explodieren würde, haben sich nicht bewahrheitet.

 

Digitalisierung als Chance

Schlussendlich lag die Lösung näher als gedacht: nicht in Maschinen für das Verpacken von Briefen, sondern in Maschinen für das Verpacken von Versandwaren. Mit Sensoren, Scannern, Fördersystemen sowie Anlagen zum Schneiden und Falzen waren viele der zentralen Technologien für PackOnTime bereits im Unternehmen etabliert. Diese langjährige technologische Erfahrung verhilft der Kern AG auch in der neuen Welt des eCommerce zu kompetitiven Vorteilen: PackOnTime 2box stellt die Pakete für jede zu verschickende Ware passgenau her. «Das spart Verpackungsmaterial, Füllstoffe, Platz beim Transport und macht die Zustellung so wesentlich effizienter und nachhaltiger», sagt Patron Uli Kern.

Indem es vermehrt auf Produkte für eCommerce setzt, nutzt das Konolfinger Unternehmen die Digitalisierung, die ihr ursprüngliches Geschäftsfeld bedroht, nun als Chance. Neben dem neuen Verpackungssystem hat die Kern AG vor fünf Jahren auch eine Business-Unit für sogenannte Smart Terminals aufgebaut. Das sind intelligente Schliessfächer, die beispielsweise für Verkauf oder Abholung ausserhalb von Geschäftsöffnungszeiten, für das sichere Aufbewahren von Gepäck oder die kontaktlose Paketzustellung verwendet werden können. Mittlerweile sind die Kern-Terminals unter anderem in spanischen Innenstädten im Einsatz, bei der französischen Post, vor Lebensmittelgeschäften in Südafrika oder bei deutschen Verwaltungen, wo der neue Reisepass im Schliessfach auf seine Besitzerin wartet.

 

Die Bank gewährt den nötigen finanziellen Spielraum

Doch solche Innovationen sind nicht gratis. Firmenchef Uli Kern erklärt, welche Hürden es dabei zu überwinden galt: «In unserer Branche ist der Investitionsbedarf enorm hoch. Gleichzeitig sinken die Margen in der Maschinenindustrie seit Jahren. Die Finanzierung solcher Projekte ist eine grosse unternehmerische Herausforderung.» Entsprechend wichtig sei es für ihn, eine Bank an seiner Seite zu haben, die ihm den nötigen finanziellen Spielraum gewährt. Seit 2014 arbeitet die Kern AG mit Raiffeisen als Immobilienfinanzierungspartner zusammen. Uli Kern schätzt dabei insbesondere die lokale Verankerung der Bank: «Man kennt einander persönlich, klar. Aber sie kennen eben auch die hiesigen wirtschaftlichen Bedingungen», sagt er.

Das bestätigt Simon Friedli, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisenbank Kiesental: «Als eigenständige Raiffeisenbank sind wir in der komfortablen Position, uns ganz auf unser Markt- und Geschäftsgebiet konzentrieren zu dürfen. Der Vorteil dabei: Die Entscheidungskompetenzen bei der Kreditvergabe liegen bei uns und wir können rasch und unkompliziert agieren.» Und falls komplexe Fälle oder spezifische Fragestellungen weiterführende Expertise verlangen, steht das gesamte Netzwerk von Raiffeisen Schweiz unterstützend zur Seite. «Wir können den Kunden also beides bieten: Einerseits haben wird fundierte Kenntnisse der Region. Andererseits stärkt uns beispielsweise das Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ bei unternehmerischen Fragen den Rücken.» Bei Raiffeisen Schweiz gibt es weitere Spezialisten zum Beispiel für Leasing oder Devisengeschäfte.

 

Mit dem Produktesortiment richtig liegen

Mit den Lösungen, die dem boomenden Online-Handel in die Hände spielen, hat die Kern AG auf die richtigen Trends gesetzt. Und dieses frühzeitige Antizipieren ist für Uli Kern für den langfristigen Erfolg des Familienunternehmens entscheidend. «Um ein gesundes kontrolliertes Wachstum zu generieren, ist es zentral, dass wir mit unserem Produktesortiment auch künftig die Kundenbedürfnisse treffen», sagt er. Diese Weiterentwicklung könnte dereinst Stefanie Kern und ihrem Partner Thomas Weibel obliegen. Die Tochter von Uli Kern ist als dritte Generation ebenfalls im Unternehmen tätig. Ob und in welcher Form sie in die Fussstapfen ihres Vaters treten wird, ist allerdings noch offen. Die Familie befindet sich mitten im Nachfolgeprozess und prüft verschiedene Optionen.

Doch für Tochter und Vater ist klar: Zentrale Ideenquelle für die Weiterentwicklung des Unternehmens sind die eigenen Mitarbeitenden mit ihrer starken internationalen Vernetzung. «Es ist unsere Aufgabe, stets ein offenes Ohr für die Vorschläge unserer Leute zu haben», sagt Uli Kern. «Gleichzeitig liegt unsere Herausforderung darin, uns dabei nicht zu verzetteln, sondern auf diejenigen Ideen zu fokussieren, die unsere Kernkompetenzen für unsere Kunden ins beste Licht rücken», ergänzt Stefanie Kern.

 

Uli und Stefanie Kern

Die Kern AG aus Konolfingen produziert und verkauft Verpackungssysteme, Paket­Terminals und Kuvertiersysteme. Das Unternehmen hat sieben Tochtergesellschaften in Deutschland, England, Frankreich, den USA, Spanien, den Niederlanden und Belgien. In der Schweiz beschäftigt Kern rund 200 Mitarbeitende, Weltweit sind es 750. Die Kern AG ist ein Familienbetrieb, der in zweiter Generation von Uli Kern geführt wird. Mit Stefanie Kern ist bereits die dritte Generation im Unternehmen tätig.