Geisterstädte Schweiz?

Es stehen so viele Wohnungen leer wie letztmals Ende der 1990er-Jahre. Drohen der Schweiz jetzt entvölkerte Geisterstädte und -dörfer? Wir können Entwarnung geben, denn gesamtschweizerisch existiert keine Leerstandsproblematik. Schätzungen gehen von einer natürlichen und für die Wirtschaft gesunden Leerstandquote von bis zu 1.5% aus. Ein gewisses Angebot dient als Schmiermittel und macht eine Wirtschaft anpassungsfähig. Aber zugegeben, es gibt einige Regionen mit bedenklich vielen leerstehenden Mietwohnungen. So steht in 128 der 2222 Schweizer Gemeinden mehr als jede 20. Wohnung leer. Dort werden schmerzhafte Konzessionen beim Mietpreis nötig, wenn der Vermieter die Wohnung kurzfristig füllen will. Neubauprojekte müssen an diesen Orten ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis haben, wollen sie im Verdrängungsmarkt bestehen.

Wer in der Stadt komfortabel wohnt, gibt diese Wohnung unter fast keinen Umständen wieder her. Kein Wunder: er profitiert – der Regulierung des städtischen Mietwohnungsmarktes sei Dank - von vergleichsweise tiefen Bestandsmieten. Neuzuzüger sollten sich den Umzug in die vermeintlich attraktive Stadt jedoch gut überlegen, denn Neumieter bezahlen die aktuell immer noch hohen Angebotsmieten.  Zudem ist das Angebot in der Stadt meist nicht „erste Wahl“. Wohnungen mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis gehen in der Stadt nämlich meist unter der Hand weg. Deshalb unsere Empfehlung: Viele Städter können Sie durch einen Umzug in den engeren Agglomerationsgürtel das Preis-/Leistungsverhältnis Ihrer Wohnsituation optimieren. Kurzum: ein Umzug in die attraktive Stadt lohnt sich selten und hat seinen Preis.

Wir befinden uns im Jahre 2018 n.Chr. Ganz Helvetien ist von teuren und unbezahlbaren Einfamilienhäusern überzogen. Ganz Helvetien? Nein! Einige von Bergvölker bewohnte Dörfer hören nicht auf, dem grossen Preisdruck Widerstand zu leisten… Von den Galliern zurück zur etwas nüchterneren Realität: Die Preise für Einfamilienhäuser erreichen gesamtschweizerisch immer neue Rekordstände. Der urschweizerische Traum vom Einfamilienhaus wird aufgrund der hohen regulatorischen Tragbarkeits- und Eigenmittelanforderungen damit - trotz anhaltendem Tiefzinsumfeld - für immer mehr Familien unrealistisch. Häuser für weniger als 1 Million Franken findet man noch in den Bergen, im Jura und in der Region Oberaargau in grosser Zahl.

Die herrschende Situation am Immobilienmarkt weist gewisse Parallelen zu den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren auf. Stehen die Immobilienmärkte unmittelbar vor einem abermaligen Absturz? Zu vieles spricht dagegen. Dynamik und Stärke des Preiswachstums für Anlageobjekte sind nicht vergleichbar. Das derzeitige Preiswachstum ist eher stetig und im ersten Halbjahr 2018 waren die Preise schon stagnierend. Die Renditedifferenz von Investitionen in Renditeliegenschafen gegenüber den Bundesobligationen ist mit 2.8% deutlich positiv, vor 20 Jahren war sie stark negativ (-2.4%). Zudem ist das Bevölkerungswachstum heute viel weniger von der volatilen Zuwanderung abhängig. All dies spricht gegen einen Absturz und für eine sanfte Landung des Immobilienmarktes.

Es ist unbestritten, dass ein Zinsschock für viele Eigenheimbesitzer sehr schmerzlich wäre und sie diesen direkt im Portemonnaie spüren würden. Insbesondere für diejenigen, die ihre Hypotheken kurzfristig mittels LIBOR-Hypothek finanziert haben oder deren Festhypotheken unmittelbar nach einem Schock abgelöst werden müssen. Ein Blick auf die Laufzeitstruktur der Hypotheken der Raiffeisenbanken zeigt aber, dass über 85% Festhypotheken sind. Der Zinsschock schlägt also nicht so schnell durch. Aber auch Hypothekarnehmer, die sich teuer refinanzieren müssen, sollten ihre Zinsen weiter bezahlen können. Dafür sorgen die strengen Anforderungen an die Tragbarkeit, welche sich die Bankenbranche auferlegt hat. Bis zu einem Anstieg der Zinsen auf 5% ist damit die „goldene Regel“ sichergestellt: die Wohnkosten dürfen höchstens einen Drittel des Einkommens ausmachen.