Revision des Erbrechts

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Das Schweizer Erbrecht ist veraltet und wurde nun nach langer Vorbereitungszeit modernisiert. Die relevanten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in wesentlichen Punkten weiterentwickelt: Die durchschnittliche Lebenserwartung ist stark angestiegen, und die familiären Lebensformen sind vielfältiger geworden. Es war deshalb angebracht, diesen Veränderungen durch eine Revision des Erbrechts Rechnung zu tragen. Erfahren Sie hier die wesentlichen Änderungen. 
 

Wieso brauchte es die Revision?

Unser bis Ende 2022 geltendes Erbrecht war über hundert Jahre alt. Es stammte aus einer Zeit, in der Heirat zwischen Mann und Frau die Norm, Scheidung die Ausnahme und andere Arten des partnerschaftlichen Zusammenlebens verpönt waren. Damit das Schweizer Erbrecht den heutigen Ansprüchen und moderneren Lebensformen wie Patchwork-Familien und Konkubinat wieder gerecht wird, sieht das revidierte Erbrecht mehr Verfügungsfreiheiten und Änderungsspielraum für den Erblasser vor. Auch die demografische Entwicklung führte dazu, dass es kaum je gewünscht wird im Todesfall eigenes Vermögen an die Eltern-Generation weiterzugeben. Die Grundstruktur – also die gesetzliche Verteilung der Erbanteile – bleibt jedoch nach wie vor unverändert bestehen. Unverheiratete Lebenspartner (Konkubinat) bleiben gesetzlich unberücksichtigt.  Erfahren Sie hier mehr zu den gesetzlichen Erbteilen und Pflichtteilen.

 

Erbrechtsrevision: Die Hauptelemente

Im Zentrum der Revision standen die Reduktion der gesetzlichen Pflichtteile sowie der Wegfall des Pflichtteilsanspruches des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin während eines Scheidungsverfahrens. Was bedeutet dies nun konkret und was hat sich damit verändert? Nachstehend werden die Hauptpunkte erklärt.

 

1. Änderungen der Pflichtteile

Einige Angehörige haben Anspruch auf einen durch letztwillige Verfügung (Testament) nicht entziehbaren Anteil am Nachlass, den sogenannten Pflichtteil. Pflichtteilsberechtigte Erben nach der Revision sind der Ehegatte bzw. die Ehegattin, der eingetragene Partner bzw. die eingetragene Partnerin (bei gleichgeschlechtlichen Paaren) und die eigenen Nachkommen.

 

Reduktion der Pflichtteile von Nachkommen

Nach bisher geltendem Recht waren die Nachkommen über drei Viertel des gesetzlichen Erbanspruches geschützt. Nun wurden diese Pflichtteile auf die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches reduziert, damit über einen grösseren Teil des Vermögens frei verfügt werden kann.

 

Wegfall der Pflichtteile von Eltern

Hinterbleiben keine eigenen Nachkommen, erben stattdessen die Eltern bzw. ersatzweise die Geschwister. Der bisherige Pflichtteil für die Eltern entfiel gänzlich.

 

Grafische Übersicht

Die nachstehende Grafik verdeutlicht anhand eines Beispiels die Änderungen im Pflichtteil. Somit ist im dargestellten Fall neu bis zur Hälfte des Vermögens frei verfügbar und kann gemäss den Wünschen des Erblassers verteilt werden.

 

Auswirkung Erbrechtsrevision auf Pflichtteile

2. Verlust des Pflichtteilsanspruches während eines Scheidungsverfahrens

Geschiedene Ehepartner mit rechtskräftigem Scheidungsurteil sind gegenseitig nicht mehr erbberechtigt, dies gilt auch für eingetragene Partnerschaften. Der überlebende Ehegatte bzw. die überlebende Ehegattin sowie auch der überlebende eingetragene Partner bzw. die überlebende eingetragene Partnerin behielt aber den Erb- und Pflichtteilsanspruch bisher auch dann, wenn der andere Ehegatte während eines laufenden Scheidungsverfahrens starb. Das gleiche galt analog bei eingetragenen Partnerschaften. Mit Inkrafttreten der Revision verliert nun der Ehegatte bzw. die Ehegattin sowie der eingetragene Partner bzw. die eingetragene Partnerin den Pflichtteilsanspruch bereits im Zeitpunkt der Einleitung eines Scheidungsverfahrens. Bis die Scheidung rechtskräftig ist, hat der überlebende Ehegatte bzw. die überlebende Ehegattin sowie der eingetragene Partner bzw. die eingetragene Partnerin aber weiterhin Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil, sofern der Erblasser bzw. die Erblasserin diesen nicht letztwillig (z.B. mit einem Testament) entzogen hat.

 

Inkrafttreten per 1. Januar 2023

Der Nationalrat wie auch der Ständerat haben am 18. Dezember 2020 dem neuen Erbrecht zugestimmt. Da die Referendumsfrist am 10. April 2021 unbenutzt abgelaufen ist, hat der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 19. Mai 2021 entschieden, das revidierte Erbrecht auf den 1. Januar 2023 in Kraft zu setzen. 

 

Ausblick auf künftige Revisionsschritte

In einem nächsten Schritt der Erbrechtsrevision soll die familieninterne Unternehmensnachfolge erleichtert werden. Familienunternehmen sind im Todesfall besonders gefordert, wenn das Erbe nicht geregelt ist. Je nach Bewertung einer Unternehmung müssen Unternehmensnachfolger hohe Ausgleichungszahlungen an ihre pflichtteilsgeschützten Miterben und Miterbinnen leisten. Dies kann ein Unternehmen in Schieflage bringen oder sogar zu einer Zersplitterung führen, wenn ein grosser Teil des Vermögens in der Unternehmung gebunden ist. Mit der Revision soll unter anderem die Möglichkeit für einen Zahlungsaufschub geschaffen werden, falls der Betrieb Liquiditätsprobleme im Falle einer sofortigen Auszahlung hätte. 

 

Familienbetrieb übergeben – geht das ohne Streit?

Die Übergabe der Firma innerhalb der Familie ist nicht nur eine juristische Herausforderung. Die Bevorzugung - oder Benachteiligung - eines Kindes kann den Familienfrieden stören und dem neuen Inhaber Steine in den Weg legen.

Röbi Stocker

 

Mit dem Inkrafttreten des neuen Erbrechts am 01.01.2023 wurden die Pflichtteile kleiner, was die Nachfolge innerhalb der Familie erleichtert. Röbi Stocker und Willi Eicher haben ihre Betriebe noch vor der Revision an die nächste Generation übergeben.

 

So haben die beiden Unternehmer das geschafft.

 

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