• Märkte & Meinungen
  • Anlegen

Marktradar

Was sich seit einigen Tagen abgezeichnet hatte, wurde am Wochenende Realität: Der Iran greift Israel direkt an. Damit erreicht der Konflikt im Nahen Osten eine neue Eskalationsstufe. Die Volatilität an den Finanzmärkten dürfte in den kommenden Wochen erhöht bleiben.

Matthias Geissbühler

Matthias Geissbühler

Chief Investment Officer (CIO), Raiffeisen Schweiz

Neue Eskalationsstufe im Nahostkonflikt

Was zu befürchten war, wurde am Wochenende Realität. Der Iran übt Vergeltung für die gezielte Tötung von mehreren Mitgliedern der iranischen Revolutionsgarden in Syrien. Über 300 Raketen und Drohnen wurden in der Nacht auf Sonntag in Richtung Israel abgefeuert. Nach Angaben Israels konnten dabei 99% aller Geschosse – nicht zuletzt dank des hochmodernen Abwehrsystems Iron Dome – abgeschossen werden. Auch wenn sich der unmittelbare Schaden damit in Grenzen hält, wurde mit dem direkten Angriff der Islamischen Republik auf Israel eine neue Eskalationsstufe erreicht. Es ist davon auszugehen, dass Israel in irgendeiner Form mit einem Gegenschlag reagieren wird.

Die seit Jahresanfang sehr positive Anlegerstimmung erhält damit einen Dämpfer. Die Verunsicherung und damit die Volatilität an den Finanzmärkten steigt. Die asiatischen Börsen starten mit leichten Abgaben in die neue Handelswoche. Zum heutigen Börsenstart in Europa und in den USA ist ebenfalls mit moderaten Kurskorrekturen zu rechnen. Dagegen verzeichnet das als Krisenschutz bekannte Gold weitere Kursgewinne. Der Preis des gelben Edelmetalls kletterte bereits am vergangenen Freitag auf zwischenzeitlich 2'431 US-Dollar pro Unze und erreichte damit ein neues Allzeithoch.

Für die Weltwirtschaft ist vor allem die weitere Entwicklung der Energiepreise entscheidend. Der Erdölpreis der Sorte Brent stieg in einer ersten Reaktion auf den Angriff um über 1% auf 91 US-Dollar pro Barrel. Aufgrund der Unsicherheiten dürfte der Preis vorerst hoch bleiben. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, sind auch Notierungen über 100 US-Dollar nicht auszuschliessen. Dies wiederum würde den sinkenden Inflationstrend abrupt bremsen. Bereits auf den aktuellen Niveaus wirken die Energiepreise wieder inflationär. Baldige und rasche Zinssenkungen der Notenbanken rücken damit weiter in die Ferne.

Auch ohne die Eskalation im Nahostkonflikt wurde die Luft an den Börsen zuletzt dünner. Nach den starken Avancen im ersten Quartal und der schon fast euphorischen Stimmung war mit einer Konsolidierung zu rechnen. Die Bewertungen an den globalen Aktienmärkten sind im teuren Bereich und nehmen ein starkes Gewinnwachstum sowie deutliche Zins­-senkungen vorweg. Entsprechend sind auch die Erwartungen der Investoren an die soeben begonnene Gewinnsaison zum ersten Quartal 2024 hoch.

 

Anlagetaktisch bleiben wir unverändert leicht defensiv positioniert. Bei den Anleihen präferieren wir solide Investment-Grade-Anleihen mit einer kürzeren Duration. Hochzinsanleihen halten wir derzeit nicht in unseren Portfolios. Leicht untergewichtet sind wir bei den Aktien, wobei wir regional den Schweizer Aktienmarkt gegenüber den zyklischeren Schwellenländern und europäischen Aktien präferieren. An unserem Übergewicht bei der Liquidität, Gold sowie Schweizer Immobilienfonds halten wir fest. Anlegerinnen und Anlegern raten wir, trotz diesen unerfreulichen Entwicklungen an ihrer langfristigen Anlagestrategie festzuhalten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass regionale Krisen und Kriege – bei aller Tragik für die betroffenen Menschen – nur selten längerfristige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft sowie die Finanz- und Kapitalmärkte haben. 

Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.