Der Schweizer Franken bleibt weiter hoch bewertet. Die Schweizer Exporte erholten sich 2021 von der COVID-19-Pandemie und erreichten mit 260 Mrd. CHF einen neuen Rekordwert. Die Erholung war zwar breit abgestützt, erneut dominierten aber die stark wachsende Pharmabranche, die Uhrenindustrie und der Nahrungsmittelsektor.
Rückblick – Zähe Jahre für die Exportwirtschaft nach dem Frankenschock
Nach dem Währungsschock vom 15. Januar 2015, als die SNB völlig unerwartet die Wechselkursobergrenze fallen liess, lebte der Schweizer Export etwa zwei Jahre lang fast ausschliesslich von den krisenresistenten Pharmaausfuhren. Die anderen Exportbranchen rutschten tief ins Minus und vor allem KMU drohten nachhaltig in Schieflage zu geraten. Kein Wunder: Durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses verteuerte sich der Franken um 20 Prozent. Ein stückweit sind sich Schweizer Unternehmen zwar an eine immer stärker werdende Währung gewöhnt, denn der Frankenkurs wertet schon seit eh und je stetig auf. Seit 1973 und dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen hat sich der nominale Aussenwert des Frankens beispielsweise um durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr erhöht. Die Belastung durch den Frankenschock vom Januar 2015 war jedoch historisch einmalig.
Langsame Erholung der Schweizer Wirtschaft
Der Fluch (und der Segen) des starken Frankens
Ausblick – Grosse Unterschiede innerhalb der Exportbranche
Die Schweizer Warenexporte haben sich 2021 vom Rückgang aufgrund der COVID-19-Pandemie erholt und erreichten einen Rekordwert. Erstmals seit Jahrzehnten wurden die USA zum wichtigsten Exportmarkt und verdrängten damit Deutschland von der Spitze. Der europäische Markt bleibt mit einem Anteil von rund 50 % aber von entscheidender Bedeutung. Innerhalb der Branchen war die Erholung breit abgestützt. Einen neuen Exporthöchststand verzeichneten aber lediglich die stark wachsende Pharmabranche, die Uhrenindustrie und der Nahrungsmittelsektor. In den meisten anderen Branchen blieben die Ausfuhren nach wie vor deutlich hinter vergangenen Rekordwerten zurück. Ihre Wachstumsperspektiven sind im Allgemeinen weniger attraktiv als die der drei oben genannten Branchen. Die erwartete Abkühlung der globalen Konjunktur und der weiter zur Stärke neigende Schweizer Franken sind für sie deshalb eine grössere Herausforderung.
Industrielle Basis erhalten
Im Vergleich zu vor der Finanzkrise von 2008 hat die Schweizer Industrie an Boden verloren – und einmal verlorene Weltmarktanteile wiederzugewinnen, ist ein schwieriges Unterfangen. Der Franken bleibt hoch bewertet und somit eine anhaltende Herausforderung für die Unternehmen. Auf der anderen Seite bieten sich allerdings auch Chancen. Die Schweiz ist aufgrund der Innovationsfähigkeit und der Spezialisierung auf komplexe und technisch anspruchsvolle Nischenprodukte weniger stark von Produktionsauslagerungen betroffen als andere Industrienationen.
Weil die Innovationsfähigkeit hierzulande hoch ist, bestehen zudem gute Chancen, dass die Schweiz bei der Digitalisierung (Industrie 4.0) weiterhin führend bleibt. Damit die industrielle Basis auch in den nächsten Jahren erhalten bleibt, sind jedoch kontinuierliche Investitionen in die Zukunft unabdingbar; nicht zuletzt, weil das konjunkturelle Umfeld 2022 wieder anspruchsvoller wird. Daneben sorgen auch der globalen Handelskonflikt und andere politische Unwägbarkeiten für Wolken am Horizont.
Zur Person Domagoj Arapovic
Domagoj Arapovic hat an der Universität Zürich Volkswirtschaft studiert und arbeitete anschliessend von 2007 bis 2012 bei der Schweizerischen Nationalbank im Economic Research und im Risikomanagement. Seit 2011 hält er das Chartered Financial Analyst- Diplom und seit 2013 ist er bei Raiffeisen Schweiz als Senior Economist tätig.
Der Raiffeisen-Ökonom analysiert regelmässig die Märkte und misst mit dem monatlich erscheinenden KMU PMI (Purchasing Managers' Index) die Geschäftslage der Schweizer KMU.