Anlageklasse im Fokus: Aktien

In der Vergangenheit haben Anleger Pharmawerte vornehmlich als Portfoliostabilisator gekauft. Der globale Forschungswettkampf bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff dürfte dies jedoch geändert haben.

Pharma-Aktien auf der Gewinnerseite

Es gibt zwei Kategorien von Anlegern: Jene, die Pharma-Aktien aufgrund ihres defensiven Charakters als zuverlässigen Portfoliostabilisator schätzen. Und solche, die sie genau wegen dieses, zumeist unspektakulären, Wesens als wenig attraktiv ansehen. Unbestritten ist jedoch, dass der Pharmasektor zu den grossen Gewinnern der Corona-Krise zählt. Während zahlreiche andere Wirtschaftszweige unter den Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie – teils massiv – gelitten haben, standen die Pharmawerte in der Gunst der Anleger. So verzeichnet der branchenspezifische Welt-Subindex seit Anfang Jahr eine deutliche Outperformance von über 7 % gegenüber dem MSCI World Index. 

Relative Performance Pharmasektor global und in der Schweiz, indexiert

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

In der Schweiz fällt diese Überlegenheit mit rund 1.5 % verhaltener aus. Dies liegt in erster Linie an der besonderen Wirtschaftsstruktur des Landes. Mit einem Wertschöpfungswachstum von 9.3 % pro Jahr über die letzte Dekade hat die Pharmaindustrie ein Drittel zum gesamtwirtschaftlichen BIP-Wachstum beigesteuert. In Folge dessen nehmen deren Wertpapiere eine dominante Rolle in den nationalen Aktienindizes ein. So stemmt beispielsweise allein das Trio Novartis, Roche und Lonza über 40 % der gesamten Marktkapitalisierung des Swiss Market Index (SMI). Entsprechend stark ist die Performance des Gesamtindex von jener der Pharma-Aktien getrieben.

Doch was verhalf den Pharmawerten zu dieser starken Performance – und das notabene während einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen der letzten Jahrzehnte? Ganz einfach, die Krise selbst. Als Ende Februar das Coronavirus die globalen Aktienmärkte auf Talfahrt schickte, suchten viele Anleger nach weniger risikobehafteten Investmentmöglichkeiten. Neben Staatsanleihen und Liquiditätspositionen fiel dabei die Wahl oftmals auf defensive Aktien, so etwa Pharmatitel. Zugleich profitierten diese auch noch direkt von der Pandemie. Die rasant steigende Zahl an Todesfällen löste einen nie dagewesenen Forschungswettkampf nach einem Impfstoff, aber auch nach Medikamenten und Testverfahren aus. Dass die Schweizer Pharmaunternehmen verhältnismässig gut durch die Krise gekommen sind, belegt auch die laufende Berichtssaison: Roche sowie Novartis konnten solide Halbjahreszahlen präsentieren. Der leichte Umsatzrückgang lässt sich bei beiden grösstenteils mit der Verschiebung von zahlreichen Operationen und Arztbesuchen – insbesondere während des Lockdowns – erklären. Dies hatte die Nachfrage nach deren Medikamenten spürbar gedrückt. Der Pharmazulieferer Lonza hingegen konnte sowohl Umsatz als auch Reingewinn steigern und hat damit sogar die Erwartungen der Analysten übertroffen.

Aktien gehören zu den wenigen Anlageklassen, die in einem Tiefzinsumfeld attraktive Renditen abwerfen können. Angesichts der derzeit hohen Marktvolatilität bleiben wir aktuell jedoch, mit Ausnahme von Schweizer Aktien, weiterhin leicht vorsichtig positioniert. Hauptgrund für die Übergewichtung des heimischen Marktes sind dessen defensiver Charakter sowie die dominante Rolle der Pharmaindustrie.