Jede erwachsene Person sollte möglichst früh einen Vorsorgeauftrag und eine Patientenverfügung machen. Die plötzliche Handlungs- und Urteilsunfähigkeit, sei es für medizinische Entscheide (Patientenverfügung) oder in Fragen des täglichen Lebens (Vorsorgeauftrag), kann auch junge Leute unvermittelt treffen.
Aber wer sich rechtzeitig darum kümmert, kann dafür sorgen, dass sein Wille respektiert wird, falls er infolge Krankheit, Unfall oder Altersschwäche urteilsunfähig wird.
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person für den Fall ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen mit der Erledigung der von ihr definierten Angelegenheiten beauftragen. Der Vorsorgeauftrag kann vom Auftraggeber in beliebigem Ausmass erteilt werden. Er kann für Teile oder die gesamte Personen und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr erteilt werden. Höchstpersönliche Rechte, wie beispielsweise die Errichtung eines Testamentes, können allerdings nicht delegiert werden.
Wie wird ein Vorsorgeauftrag errichtet?
Der Vorsorgeauftrag unterliegt strengen Formvorschriften. Der Vorsorgeauftrag muss von Anfang bis zum Ende eigenhändig verfasst, datiert und unterzeichnet werden, ansonsten ist er nicht gültig. Wem die handschriftliche Erstellung Mühe bereitet, kann die Beauftragung bei einer im jeweiligen Kanton dafür zuständigen Urkundsperson, z.B. einem Notar, öffentlich beurkunden lassen. Das detaillierte Verfahren der öffentlichen Beurkundung ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt.
Wer kann als Beauftragter bestimmt werden?
Eine handlungsfähige Person kann sowohl eine oder mehrere natürliche als auch eine juristische Person beauftragen, im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit die entsprechende Unterstützung zu übernehmen. Für den Fall dass die beauftragte Person zum gegebenen Zeitpunkt für den Auftrag nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder annehmen kann (z.B. bereits vorverstorben) oder ihn kündigt, kann die verfügende Person eine oder mehrere Ersatzpersonen bestimmen.
Macht ein Vorsorgeauftrag bei Verheirateten Sinn?
Bei Verheirateten sowie bei Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben, ist die Erstellung eines Vorsorgeauftrages ebenfalls sinnvoll. Ehegatten sowie Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben haben zwar ein gesetzlich geregeltes Vertretungsrecht. Das Recht besteht allerdings nur, wenn die Beziehung effektiv gelebt wird, d.h. wenn das Paar einen gemeinsamen Haushalt führt oder wenn (im Falle eines Pflegeheimaufenthalts) der Partner der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leistet. Das gesetzliche Vertretungsrecht umfasst insbesondere diejenigen Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise anfallen, sowie jene Aktivitäten, welche die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte betreffen. Sind darüber hinausgehende Handlungen notwendig, muss die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde eingeholt werden. Mit dem Vorsorgeauftrag erhält der noch urteilsfähige Partner ein umfassendes Vertretungsrecht und benötigt für Handlungen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung keine Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde.
Wo kann ein Vorsorgeauftrag aufbewahrt werden?
Grundsätzlich steht es jeder Person frei, wo sie ihren Vorsorgeauftrag aufbewahren möchte. Wichtig ist, dass der Vorsorgeauftrag im Falle der Urteilsunfähigkeit leicht aufgefunden werden kann. Es empfiehlt sich daher, einen Aufbewahrungsort zu wählen, auf den im Bedarfsfall durch die beauftragte Person problemlos zugegriffen werden kann (z.B. Banksafe ist nicht empfehlenswert). In gewissen Kantonen ist eine Hinterlegung des Vorsorgeauftrags bei der zuständigen KESB möglich (z.B. Kanton Zürich – gegen eine einmalige Depotgebühr von CHF 150.–). Der Ort der Deponierung kann zudem beim zuständigen Zivilstandesamt ins Personenstandsregister eingetragen werden.
Kann ein Vorsorgeauftrag widerrufen werden?
Der Vorsorgeauftrag kann vom Auftraggeber im Zustand der Urteilsfähigkeit und vor der Validierung durch die KESB geändert werden. Wird ein neuer Vorsorgeauftrag errichtet, ohne dass das bestehende Dokument ausdrücklich aufgehoben wurde, gilt automatisch der neue Auftrag. Ausserdem kann die Person ihren Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen, solange sie urteilsfähig ist.
Wie muss bewegliches Vermögen verwaltet werden?
Es ist dem Auftraggeber zu empfehlen, dem Beauftragten klare Weisungen zur Vermögensverwaltung zu erteilen. Fehlen solche Anordnungen, sind bei der Wahl der Strategie sowie der einzelnen Anlagen die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Person zu berücksichtigen (das Alter, die Gesundheit, die Bedürfnisse des Lebensunterhalts, die Einkommens und Vermögenssituation sowie der Versicherungsschutz). Soweit möglich ist auch der Wille der betroffenen Person zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist die Anlage so auszugestalten, dass die Aufwendungen für den gewöhnlichen Lebensunterhalt sowie für di zu erwartenden unregelmässigen Kosten gedeckt werden können, ohne dass Vermögensanteile zur Unzeit verkauft werden müssen.
Zusätzlicher Vorsorgeauftrag nötig bei Vollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht, in welcher aufgeführt wurde, dass diese auch weiter gilt, wenn der Vollmachtgeber urteilsunfähig geworden ist, bleibt auch nach dem seit Januar 2013 geltenden Erwachsenenschutzrecht grundsätzlich gültig, wenn ein Vollmachtgeber urteilsunfähig geworden ist. Einige Finanzinstitute verlangen jedoch bereits in diesem Fall als neue handlungsbefugte Ansprechperson einen Beistand bzw. einen Beauftragten. Eine Vollmacht, welche erst ab Eintritt der Urteilsunfähigkeit und nicht bereits vorher Gültigkeit haben soll, ist nach neuem Recht jedoch nicht mehr gültig. Diese Regelung muss mit einem Vorsorgeauftrag vorgenommen werden, da dieser an strengere Formvorschriften geknüpft ist als eine Vollmacht.
Wann wird ein Vorsorgeauftrag wirksam?
Sobald die KESB davon erfährt, dass eine Person urteilsunfähig geworden ist, klärt sie ab, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt. Wurde ein Vorsorgeauftrag errichtet, prüft die Behörde ob dieser gültig und ob die Urteilsunfähigkeit effektiv eingetreten ist. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, prüft die KESB, ob die beauftragte Person geeignet erscheint und auch bereit ist, den Auftrag mit sämtlichen Bedingungen und Auflagen anzunehmen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird der Auftrag durch die Behörde für wirksam erklärt (Fachbegriff: Validierung).
Kein Vorsorgeauftrag vorhanden: was passiert ohne Vorsorgeauftrag?
Hat eine urteilsunfähige Person im Vorfeld keinen gültigen Vorsorgeauftrag errichtet, erhalten Ehegatten und eingetragene Partner ein gesetzliches Vertretungsrecht, sofern die berechtigte Person im gleichen Haushalt lebt. Bei unverheirateten bzw. nicht registrierten Personen greift die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ein und bestimmt einen Beistand. Oftmals handelt es sich dabei um einen Mitarbeiter der zuständigen Behörde. Alternativ ernennt die KESB eine persönlich und fachlich geeignete Person aus dem privaten Umkreis des Urteilsunfähigen. Folgende Beistandschaften (bzw. Mischformen davon) kann die Behörde anordnen:
Begleitbeistandschaft
Eine Begleitbeistandschaft wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.
Vertretungsbeistandschaft
Eine Vertretungsbeistandschaft wird errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und vertreten werden muss.
Mitwirkungsbeistandschaft
Diese Form der Unterstützung wird angeordnet, wenn bestimmte Handlungen der hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz der Zustimmung des Beistandes bedürfen. Die Handlungsfähigkeit wird entsprechend eingeschränkt.
Umfassende Beistandschaft
Wenn eine Person aufgrund dauernder Urteilsunfähigkeit besonders hilfsbedürftig ist, wird eine umfassende Beistandschaft errichtet. Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt gänzlich. Der von der Behörde eingesetzte Beistand ist in verschiedener Hinsicht rechenschaftspflichtig und wird von der KESB beaufsichtigt. Mit der frühzeitigen Errichtung eines Vorsorgeauftrages kann die Anordnung einer Beistandschaft durch die KESB vermieden werden.
Warum eine Patientenverfügung?
Mit einer rechtsgültigen Patientenverfügung kann eine urteilsfähige Person bestimmen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt und welche sie ablehnt. Sie kann auch eine Person bezeichnen, welche an ihrer Stelle über die medizinischen Massnahmen entscheiden kann.
Wie ist die Patientenverfügung zu formulieren?
Die Patientenverfügung ist schriftlich zu errichten, zu datieren und zu unterzeichnen. Im Unterschied zum Vorsorgeauftrag genügt ein ausgefülltes und unterschriebenes Formular. Eine Patientenverfügung kann jederzeit abgeändert werden. Die Errichtung einer Patientenverfügung und deren Hinterlegungsort können auf der Versichertenkarte eingetragen werden.
Wie funktioniert eine Patientenverfügung?
Die behandelnden Ärzte müssen die Versichertenkarte konsultieren, bevor sie einen urteilsunfähigen Patienten behandeln. Sie müssen einer allfälligen Patientenverfügung folgen, ausser diese enthält unzulässige Anweisungen oder sie haben begründete Zweifel, dass die enthaltenen Anweisungen dem Willen des Patienten entsprechen.
Medizinische Massnahmen ohne Patientenverfügung
Hat es die urteilsunfähige Person unterlassen eine Patientenverfügung zu errichten, dann beachten die vertretungsberechtigten Personen den mutmasslichen Willen und die Interessen des Patienten. Das geltende Erwachsenenschutzrecht legt fest, welche Personen der Reihe nach befugt sind, an Stelle des Patienten über medizinische Massnahmen zu entscheiden: der Beistand mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen, der Ehegatte bzw. der eingetragene Partner, der Konkubinatspartner, die Nachkommen, die Eltern und schlussendlich die Geschwister.
Wo sollte die Patientenverfügung hinterlegt werden?
Die Patientenverfügung selber kann bei Angehörigen, weiteren Vertrauenspersonen sowie dem Hausarzt hinterlegt werden. Auf diese Weise ist gesichert, dass der Arzt im Notfall auf diese Daten zugreifen kann.
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Downloads zum Thema Vorsorgeauftrag & Patientenverfügung
Merkblatt Vorsorgeauftrag (PDF, 93.2KB)