Am 25. September 2022 hat die Schweizer Stimmbevölkerung die beiden Vorlagen zur AHV-Reform angenommen. Damit kommt das grösste Sozialwerk der Schweiz vorerst wieder ins finanzielle Gleichgewicht. Wir haben die wichtigsten Änderungen im Zusammenhang mit der «AHV 21» für Sie zusammengefasst.
Inkraftsetzung: 1. Januar 2024
Das Schweizer Stimmvolk hat am 25. September 2022 «Ja» gesagt zur Reform der AHV. Der Bundesrat hat im Dezember 2022 beschlossen, dass die Reform per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt wird. Die Gesetzesänderung hat nicht nur finanzielle Folgen für künftige Rentnerinnen, sondern wirkt sich auf verschiedene Bereiche der Altersvorsorge aus. Erhalten Sie den kompletten Überblick:
Die wichtigsten Punkte nach der Reform
Einheitliches Referenzalter
Das Referenzalter der Frauen wird schrittweise um jeweils drei Monate pro Jahr von 64 auf 65 Jahre erhöht. Zum Ausgleich erhalten die ersten neun betroffenen Frauenjahrgänge Kompensationszahlungen. Die Erhöhung des Referenzalters sowie die entsprechenden Ausgleichsmassnahmen beginnen ein Jahr nach Inkrafttreten der Reform. Somit steigt das Referenzalter der Frauen am 1. Januar 2025 erstmals um drei Monate. Die neun Jahrgänge 1961 bis 1969 gehören zur Übergangsgeneration.
Frauen der Übergangsgeneration haben zwei Möglichkeiten:
a) Länger arbeiten – mit lebenslangem Rentenzuschlag
Die Bestimmung des monatlichen Rentenzuschlags erfolgt in zwei Schritten: Zuerst wird der vom durchschnittlichen Einkommen abhängige monatliche Grundzuschlag definiert. Anschliessend wird dieser mit dem vom Jahrgang abhängigen Rentenzuschlag multipliziert.
Schritt 1:
Durchschnittliches Jahreseinkommen in Franken [1]
Monatlicher Grundzuschlag in Franken
Tief
≤ 58'801
160
Mittel
58'801–73'500
100
Hoch
≥ 73'500
50
Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen BSV
Schritt 2:
(beginnt ab 2025)
Geburtsjahr
Pensionierungszeitpunkt vor Reform
Referenzalter mit Reform
AHV-Rentenzuschlag in Prozent Grundzuschlag
1961
2025
64 + 3 Monate
25 %
1962
2026
64 + 6 Monate
50 %
1963
2027
64 + 9 Monate
75 %
1964
2028
65
100 %
1965
2029
65
100 %
1966
2030
65
81 %
1967
2031
65
63 %
1968
2032
65
44 %
1969
2033
65
25 %
Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen BSV
Frauen mit Jahrgang 1964 werden die ersten sein, die ein ganzes Jahr länger arbeiten werden.
b) Rente früher beziehen – mit geringerer Rentenkürzung als bisher
Vorbezug im Alter von
Kürzungssätze für Frauen der Übergangsgeneration mit durchschnittlichem Jahreseinkommen (in Franken)
Bisher: Kürzungssätze vor Reform
≤ 58'801
58'801 – 73'500
≥ 73'500
64
0 %
2,5 %
3,5 %
0 %
63
2 %
4,5 %
6,5 %
6,8 %
62
3 %
6,5 %
10,5 %
13,6%
Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen BSV
Genauso wie der Rentenzuschlag sind die neuen Kürzungssätze abhängig vom Einkommen.
Die Vorbezugsphase beginnt bereits im Jahr 2023 oder 2024, also vor Inkrafttreten der Ausgleichsmassnahmen. Die beiden Jahrgänge 1961 und 1962 profitieren also erst ab 2025 von den reduzierten Kürzungssätzen.
[1] Gemäss Rententabelle 2022
Länger arbeiten oder nicht?
So wirkt sich die Entscheidung aus – ein Beispiel:
Vera Meier (Jahrgang 1968) hat ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 60'000 Franken.
Entscheidung
Einfluss auf AHV-Rente (lebenslang)
Bis 65 Jahre arbeiten
Zuschlag von monatlich 44 Franken (Mittleres Einkommen = monatlicher Grundzuschlag 100 Franken x 44 %)
Mit 64 Jahren in Pension gehen
Kürzung der Rente um 2,5 % (= 51 Franken bei einer monatlichen AHV-Rente von 2'046 Franken)
Flexibler Rentenbezug zwischen 63 und 70 Jahren
Männer und Frauen können ihre Rente ab 63 Jahren [2] vorbeziehen und bis zum vollendeten 70. Altersjahr aufschieben. Neu kann die AHV-Rente auch als Teilrente vorbezogen oder aufgeschoben werden. Dies ermöglicht einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand.
Es dürfen mindestens 20 Prozent der Rente vorbezogen bzw. aufgeschoben werden. Im Maximum sind es 80 Prozent. Dabei sind maximal drei Teilschritte erlaubt, unabhängig davon, ob die Rente vorbezogen oder aufgeschoben wird. Diese Regel gilt auch für die Kombination von Vorbezug und Aufschub.
Der flexibilisierte Rentenbezug wird ab dem Inkrafttreten der AHV-Reform im Jahr 2024 möglich sein.
[2] Für Frauen der Übergangsgeneration bereits ab 62 Jahren.
Weitere grosse Auswirkungen auf die AHV
Anreize zur Weiterführung der Erwerbstätigkeit nach 65
Wer länger als bis 65 arbeitet, kann seine Rente verbessern: Künftig werden die nach dem 65. Altersjahr geleisteten AHV-Beiträge für die Berechnung der Altersrente berücksichtigt. Zudem haben über das Referenzalter hinaus arbeitende Personen die Möglichkeit, auf den monatlichen Freibetrag von 1'400 Franken zu verzichten. So können Erwerbstätige ihre AHV-Rente bis zur Maximalrente aufbessern und vorhandene Beitragslücken schliessen.
Erhöhung der Mehrwertsteuer
Bei der schweizerischen Mehrwertsteuer gibt es drei Steuersätze: Der Normalsatz, der reduzierte Satz für Gegenstände des täglichen Bedarfs und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen. Der Normalsatz wird von 7,7 auf 8,1 Prozent angehoben. Die anderen beiden Sätze werden um jeweils 0,1 Prozentpunkte erhöht auf 2,6 (reduzierter Satz) respektive 3,8 Prozent (Sondersatz). Die Erhöhung der Mehrwertsteuer verschafft der AHV bis ins Jahr 2032 zusätzliche Einnahmen von schätzungsweise 12,4 Mrd. Franken.
Auswirkungen auf die zweite Säule
Einheitliches Referenzalter 65 für Frauen und Männer
Teilpensionierung gesetzlich verankert
Aufschub der Altersleistung für Erwerbstätige bis 70 Jahre möglich