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Vorsorgebarometer 2025: Die Schweizer Bevölkerung vergibt Vorsorgechancen – meist unwissentlich

Das Vorsorgewissen der Schweizer Bevölkerung bewegt sich weiterhin auf niedrigem Niveau – das zeigt das Raiffeisen Vorsorgebarometer 2025. Wie der diesjährige Themenfokus auf die 2. Säule verdeutlicht, halten sich vor allem in der beruflichen Vorsorge Wissenslücken und Irrtümer hartnäckig. Das kann spürbare finanzielle Folgen für die Versicherten haben.

17.09.2025

Im Video ordnet Vorsorgeexperte Tashi Gumbatshang die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Raiffeisen Vorsorgebarometer 2025 ein.

Erkenntnis #1

Die berufliche Vorsorge ist eine Blackbox

Das Wissen über die 2. Säule ist gering: Nur knapp die Hälfte der Versicherten weiss, was der Begriff «Umwandlungssatz» bedeutet – die andere Hälfte kann ihr künftiges Einkommen im Alter folglich kaum abschätzen. Auch über die Funktionsweisen der beruflichen Vorsorge ist wenig bekannt: Lediglich 38 Prozent der befragten Personen wissen, dass Pensionskassen die Vorsorgegelder an den Finanzmärkten investieren und der grösste Teil der Altersleistungen aus diesen Erträgen stammt.

 

Vorsorgeexperte Tashi Gumbatshang weiss: «Versicherte könnten ihre Pensionskassenleistungen verbessern – viele tun es jedoch nicht.»

Die Pensionskassen haben die Flexibilisierung der beruflichen Vorsorge in den letzten Jahren vorangetrieben, indem sie beispielsweise Wahlpläne oder neue, flexible Rentenmodelle anbieten. Gemäss Umfrage nehmen die Versicherten diese Möglichkeiten zur Kenntnis, nutzen sie jedoch kaum. So wissen zwar 89 Prozent der Befragten, dass freiwillige Einkäufe möglich sind, doch nur 37 Prozent der 51- bis 65-Jährigen haben davon Gebrauch gemacht. Weniger verbreitet ist das Wissen über freiwillig höhere Sparbeiträge. Diese Option wird allerdings auch nur von rund 60 Prozent der Pensionskassen angeboten. Mit 63 Prozent der Befragten dürften die meisten Pensionskassenversicherten, die freiwillig höhere Beiträge leisten könnten, ihre Wahlmöglichkeit also kennen.

Familien: Wissen und Absicherung fehlen häufig

Nur die Hälfte der Erwerbstätigen mit Pensionskasse wissen, dass bei vielen Pensionskassen die Empfänger von Hinterlassenenleistungen selbst bestimmt werden können. Die Begünstigung im Todesfall ist insbesondere für Patchworkfamilien und Paare im Konkubinat wichtig, denn unverheiratete Lebenspartnerinnen und Lebenspartner haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen. Doch auch unter den im Konkubinat lebenden Personen hat sich nur eine Minderheit von 40 Prozent auf den Todesfall vorbereitet und eine Begünstigung festgelegt. Somit sind ihre Partnerinnen und Partner unter Umständen nicht ausreichend abgesichert.

Vorsorgebarometer 2025 Fokus Familie

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Erkenntnis #2

Beim Vertrauen in die AHV öffnet sich ein Generationengraben

Die AHV wird kritisch beurteilt – vor allem von jüngeren Personen: 41 Prozent der 18- bis 30-Jährigen zweifeln an der Zukunftsfähigkeit der 1. Säule. Bei den 66- bis 79-Jährigen ist das Vertrauen deutlich höher – nur sechs Prozent stehen der AHV skeptisch gegenüber.

 

Vorsorgeexperte Tashi Gumbatshang sagt: «Die Jungen fürchten aufgrund der Überalterung der Gesellschaft um ihre AHV – und das zurecht.»

Die 1. Säule wird durch das Umlageverfahren finanziert: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen die Renten der aktuell Pensionierten. Darum ist die AHV von der Alterung der Bevölkerung besonders stark betroffen – und entsprechend tief ist der Generationengraben. Kein Wunder, dass gerade bei den 18- bis 30-Jährigen die zukünftige Tragbarkeit der AHV-Ausgaben zu den grössten Sorgen zählt. Zum Vergleich: In der 3. Säule ist das Vertrauen über alle Altersgruppen hinweg auf einem ähnlichen, deutlich höheren Niveau. Schliesslich sind hier keine Einbussen aufgrund der sich verändernden Bevölkerungsstruktur zu befürchten.

Junge Erwachsene: Die private Vorsorge boomt

Junge Erwachsene engagieren sich deutlich stärker für die Altersvorsorge als in den letzten Jahren: 57 Prozent der 18- bis 30-Jährigen besitzen heutzutage eine Säule 3a – noch vor fünf Jahren war dies nur bei 49 Prozent der Fall. Dies zeigt: Die Jungen übernehmen mehr Verantwortung für ihre finanzielle Zukunft. Zudem interessieren sich die jungen Erwachsenen für die Pensionskassenleistungen ihres Arbeitgebers. Diese gelten heute für die Mehrheit der 18 bis 30-Jährigen als wichtiges Kriterium bei der Wahl einer neuen Stelle.

Vorsorgebarometer 2025 Fokus Junge Erwachsene

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Erkenntnis #3

3. Säule erreicht neuen Rekordstand

Der Säule-3a-Besitz hat seit der ersten Ausgabe des Vorsorgebarometers kontinuierlich zugenommen. Im Jahr 2018 lag der Anteil der erwerbstätigen Personen mit einer Säule 3a noch bei 71 Prozent, 2025 erreichte er bereits 78 Prozent. Gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) liegen heute schweizweit über 140 Milliarden Franken auf privaten Vorsorgekonten oder in anderen 3a-Vorsorgelösungen – das ist Rekord. 

 

Vorsorgeexperte Tashi Gumbatshang sagt: «Die Attraktivität der Säule 3a hängt für viele von der individuellen steuerlichen Situation ab.»

Die meisten Befragten möchten mit der privaten Vorsorge im Alter ihren bisherigen Lebensstandard erhalten, doch auch Steuerersparnisse spielen eine zentrale Rolle. 57 Prozent nennen steuerliche Vorteile als Grund, sich mit der privaten Vorsorge auseinanderzusetzen. Und diese Vorteile könnten künftig zunehmen: Ab dem 1. Januar 2026 ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, verpasste Beiträge in die Säule 3a nachzuholen und so zusätzlich Steuern zu sparen. 

Zur Studie

Das Raiffeisen Vorsorgebarometer 2025

Das Raiffeisen Vorsorgebarometer ist eine Studie mit hoher Repräsentativität, die jährlich in Zusammenarbeit mit der ZHAW durchgeführt wird. Sie zeigt auf, wie die Schweizer Bevölkerung in Bezug auf die Altersvorsorge tickt. Die Ergebnisse basieren auf einer Online-Befragung, die vom 16. Mai bis 2. Juni 2025 in allen Landesteilen durchgeführt wurde. Insgesamt nahmen 1'000 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren teil. Ergänzend wurden 150 Personen im Alter von 66 bis 79 Jahren zur Ermittlung von Erkenntnissen über die bereits pensionierte Generation befragt.

Themenfokus 2. Säule

Neben den jährlich wiederkehrenden Fragen beschäftigt sich das Vorsorgebarometer dieses Jahr vertieft mit der 2. Säule. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die berufliche Vorsorge für viele eine Blackbox ist. Fast die Hälfte der Befragten scheint zentrale Begriffe nur ansatzweise oder gar nicht zu verstehen. Auch über wichtige Funktionsweisen der 2. Säule herrscht Unklarheit. Das fehlende Wissen kann jedoch schwerwiegende Folgen mit sich ziehen: Viele Versicherte wissen zu wenig über ihre Vorsorgesituation Bescheid oder nutzen den Spielraum, den ihnen die Pensionskassen gewähren, nicht ausreichend aus.

Ihr Vorsorgeexperte

Tashi Gumbatshang

Tashi Gumbatshang

Leiter Kompetenzcenter für Vermögens- und Vorsorgeberatung

Tashi Gumbatshang leitet das Kompetenzcenter für Vermögens- und Vorsorgeberatung bei Raiffeisen Schweiz. Er ist Absolvent der Swiss Banking School und eidg. dipl. Finanz- und Anlageexperte. Im Nebenamt ist er Dozent für Finanz- und Wirtschaftspsychologie an der Kalaidos Fachhochschule.

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