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Exotischer Kubus

Am Rande des Lago Maggiore haben sich Nicole Lachelle und Christian Niessen ein modernes Eigenheim aus Massivholzelementen erschaffen, das sich vom traditionellen Baustil des Tessins abhebt und dennoch harmonisch ins Landschaftsbild einfügt.

Metermagazin.com

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Ein Beitrag von metermagazin.com für Raiffeisen, Autorin: Carina Iten

Mit ihrem ersten Hausentwurf begeben sich die beiden Modedesigner auf Neuland. Gemeinsam mit Architekten und Ingenieuren konnten sie ihr Privatdomizil so umsetzen, dass es ihren persönlichen Vorstellungen eines offenen Hausentwurfs entspricht, welches Platz lässt für eine flexible und variable Nutzung. Gleichzeitig verbindet das Paar in diesem Projekt ihre Erfahrung und Passion für Gestaltung mit dem Nachhaltigkeitsgedanken, der sie auch in ihrer Arbeit in der Modebranche begleitet. Entstanden ist ein dunkler Kubus, der seine Raffinesse und alligatorenhautähnliche Fassade erst beim genaueren Betrachten enthüllt. Die Fassade wird nach japanischer Tradition mit Shou Sugi Ban Holz in Europa gefertigt. Beim Innen- und Aussenbau wurde auf eine konsequent nachhaltige Bauweise mit Schweizer Holz geachtet, die im Zusammenspiel mit einem holistischen Designansatz aus organischen und natürlichen Materialien dem Minergie P Standard entspricht. Im Innenraum dominiert ein Zusammenspiel aus weissem und dunklem Kreuzlagenholz. Der Boden zeigt sich in betonähhnlicher Optik, was der Innenraumgestaltung einen modernen Touch verleiht, während das Dach durch partielle Glaseinsätze durchbrochen wird.

 

Interview

Sie kommen beide aus der Modebranche, wo gibt es Parallelen zur Architektur bzw. Innenraumausstattung?

Bei der verantwortungsvollen Produktgestaltung, Design sollte industrieübergreifend auf entsprechend sinnvollen Prinzipien basieren. Für unsere eigene Marke – no editions – produzieren wir nach einem holistischen, verantwortlichen Design-Prinzip, mit hochwertigsten, möglichst natürlichen Rohmaterialien und lokalen Produktionspartner in der Schweiz und Italien. Natürliche, nachhaltige Rohmaterialien und Biopolymere mit modernsten Techniken zu optimieren und besser auszunützen sehen wir übergreifend als wichtiges Prinzip. Die tatsächliche Produkt-Herstellung beinhaltet sowohl in der Modebranche als auch in der Architektur noch sehr viel Handarbeit und wird von zig kleinen und Kleinstunternehmen geleistet. Die notwendige Integration von traditionellen Handwerksmethoden mit vollständig digitalisierten Planungs- und Designabläufen ist eine Herausforderung, aber auch eine Möglichkeit die menschliche Handarbeit als wichtigstes Element der Wertschöpfungskette hervorzuheben. Teil unserer Arbeit in der Mode-Industrie hat sehr viel mit Architektur zu tun, die kreative Leitung und Entwicklung von Marken beinhaltet meistens auch die Erstellung der Vorgaben für Ausstellungsräume, Showrooms und Geschäftslokale – ein wesentlicher Bestandteil der Präsenz einer Marke.

 

Sie haben sich bei Ihrem Haus bewusst für eine Shou Sugi Ban Fassade entschieden. Ein Material, das bei uns eher unbekannt ist. Wie sind Sie darauf gekommen?

Schon in den 90er Jahren haben wir in New York dieses Material bei einem kleinen japanischen Restaurant gesehen, es wurde dort im Innenraum und in der Küche benutzt, und dann bei Reisen in Japan direkt als Fassaden Material erlebt. Wir haben versucht es bei der Ausgestaltung unsers Ateliers und Studios in Mailand 2010 zu verwenden, es war dort aber aus verschieden Gründen nicht möglich. Bei der Erstellung des Konzepts für THEWOODBUILDING hatten wir die Möglichkeit, dies zu realisieren. Es ist eine historische, archaische Methode zur Holzveredelung die in Japan seit Jahrhunderten – oder länger – benutzt wird, traditionell, aber in allen Eigenschaften extrem modern, sinnvoll und mit einer grossartigen, speziellen Oberflächenstruktur. (Anm. d. Red. Die Aussenverkleidung ist aus verkohltem Holz in einer alten japanischen Technik gefertigt. Dabei wird das Holz verkohlt, gekühlt und gereinigt und dann mit natürlichem Öl veredelt. Dies stellt eine umweltfreundliche Art dar, das Holz ohne Chemikalien zu konservieren und paradoxerweise feuerfest, witterungsbeständig und sicher vor Insekten oder Nagetieren zu machen.)

Analog zeigt sich die Innenausstattung komplett in Holz. Was waren die ausschlaggebenden Argumente, ein Haus komplett aus Holz zu bauen?

Alle Wände und Decken sind die Innenseiten der tragenden Massivholz-Platten und -Elementen – es gibt keine zusätzliche Innenverkleidung – ein grosser Vorteil dieser Bauweise. Man könnte dies vergleichen wenn im Betonbau die Innenwände auch roh belassen werden. Holz ist die ökologisch sinnvollste Bauweise und eine vernünftige Alternative zu Beton, Stahl oder Stein. Mit der Entwicklung von Massivholz Plattenelementen / Kreuzlagenholz sind auch extrem moderne und anforderungsvolle Projekte realisierbar, wie sich anhand der zunehmenden mehrstöckigen und Hochhaus-Projekte weltweit zeigt. Die Bauweise mit Massivholzelementen erlaubte uns, unsere Ansprüche an eine moderne, durchaus auch urbane, industrielle Ästhetik mit ökologisch sinnvollen, zukunftsorientierten Prinzipien zu realisieren.

 

Was war für Sie wichtig bei der Innenraumgestaltung, auf welche Faktoren haben Sie besonders Wert gelegt?

Eine offene und freie Raumgestaltung und die Maximierung von Tageslicht. Eine ganzheitliche Lösung, die die Prinzipien des Projekts weiterführt – eine sinnvolle, ökologisch und möglichst chemiefreie Lösung, die unseren Anforderungen und Ästhetik entspricht. Die Verwendung von Holzkohle Pigmenten, natürlichen Ölen und Kalkfarbe sind traditionelle, historische Methoden zur Oberflächengestaltung – die natürlichen Farbvarianten und Schattierungen, die so auf allen Oberflächen entstehen sind sehr lebendig und waren für uns ein wichtiges Element, trotz einer grossflächigen und minimalen Raumgestaltung, ein organisches, lebendiges Raumklima zu gestalten.

Was waren die grössten Herausforderungen bei diesem Projekt?

Wir hatten Probleme, unsere Qualitätsanforderungen bei Herstellern, Produzenten und Baufirmen durchzusetzen. Bei einem sehr reduzierten und scheinbar einfachen Grundprinzip, das auf wenigen Materialien beruht, ist speziell die Ausführung und die Qualität der Rohmaterialien extrem wichtig. Zudem ist es schwierig, lokale Experten und Unternehmen zu finden, die sich mit der Bauweise auskennen.

Nach drei Monaten konnten Sie bereits einziehen, was schätzen Sie heute am meisten an ihrem neuen Zuhause?

Zwar nicht direkt einziehen, aber die Bauphase von drei Monaten ist natürlich im Vergleich zum Beton- oder Stahlbau sehr verkürzt, in den darauffolgenden zwei Monaten gab es aber noch einiges zu tun. Wir schätzen, dass es ein Kreuzlagen / Massivholzgebäude ist, das einer modernen Ästhetik entspricht und wir so unsere Vorstellung einer sehr offenen Raumgestaltung durchführen konnten. «Holz lebt» wie man sagt – ein wertvolles, organisches Material – und erzeugt ein äusserst angenehmes, warmes Raumklima, und sehr gute Lebensqualität. Bedingt durch die Massivholzbauweise ist auch die Änderung der Raumaufteilung relative einfach. Trennwände zu errichten oder zu verlegen entsprechend neuen Anforderungen oder man kann etwas einfach an die Wand oder Decke schrauben und das hält, ohne Bohren und Dübel.

Der nächste Schritt zu Ihrer Immobilie

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