Anlageklasse im Fokus: Obligationen

Staatsanleihen gelten als langweilig und werden heutzutage bestenfalls noch aus Diversifikationsgründen empfohlen. Das war aber nicht immer so. Die Anlageklasse hat nämlich einen fast 40-jährigen «Bullenmarkt» hinter sich.

Nicht sieben sondern vierzig fette Jahre

Wir alle kennen die Parabel der sieben fetten und sieben mageren Jahre. Im weitesten Sinne geht es dabei um Zyklen, welche nicht zuletzt auch auf die Wirtschaftsentwicklung (Konjunkturzyklen) angewendet werden können. Auch an den Finanzmärkten lassen sich Zyklen beobachten. Manchmal dauern diese allerdings deutlich länger als sieben Jahre. Einen der eindrücklichsten Bullenmärkte konnten wir bei den (Staats-)Anleihen beobachten. Dieser begann Anfang der 1980er Jahre und dauert im Grunde genommen bis heute an. Ermöglicht wurde diese Entwicklung durch den kontinuierlichen Rückgang der Zinsen.

Zinsentwicklung der 30jährigen US-Staatsanleihen

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

In den USA beispielsweise lagen die Renditen der 30-jährigen Staatsanleihen (US-Treasury Bonds) Ende September 1981 bei sage und schreibe 15 %. Wer also dazumal diese Anleihe gekauft hatte, konnte während der Laufzeit von 30 Jahren eine jährliche Rendite von 15 % einstreichen. In derselben Phase mussten sich Aktienanleger mit einer vergleichbar mageren Rendite von «bloss» 12.3 % pro Jahr begnügen – und dies unter Inkaufnahme einer deutlich höheren Volatilität. 

Obwohl viele Notenbanken die kurzfristigen Zinsen in den vergangenen Jahren in Richtung Nullprozent-Grenze oder gar darunter gedrückt haben, hätte sich eine Investition in US-Staatsanleihen auch in diesem Jahr gelohnt. Die erneuten Zinssenkungen der US-Notenbank (Fed) im März 2020 um insgesamt 150 Basispunkte haben beim 30-jährigen US-Treasury Bond zu einem Kursplus von fast 24 % geführt. Allerdings zeichnet sich für Obligationenanleger das Ende der (mittlerweile vierzig) fetten Jahre immer deutlicher ab. Zinstechnisch sind die Notenbanken praktisch am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. Negativzinsen von 1 % werden allgemein als «unterste» Grenze bezeichnet. Ab diesem Niveau dürfte es für die Geschäftsbanken unumgänglich sein, die Negativzinsen auf breiter Front weiter zu belasten, mit der Konsequenz, dass viele Sparer wohl ihre Gelder von den Konten abziehen würden. Ein unkontrollierbares Risiko, welches die Notenbanken verhindern wollen. Ohne weitere Zinsrückgänge entspricht der Ertrag einer Anleihe der entsprechenden Verfallsrendite beim Kauf. Und diese ist mittlerweile bei sehr vielen als sicher geltenden Obligationen negativ. Vor diesem Hintergrund erachten wir (Staats-)Anleihen als unattraktiv, auch wenn wir keinen unmittelbaren «Bärenmarkt» erwarten. Dafür müsste nämlich eine Trendwende bei den Zinsen einsetzen – und diese zeichnet sich bis auf weiteres (noch) nicht ab.