Anlageklasse im Fokus: Aktien

Die starke Nachfrage nach der Aufhebung der Corona-Einschränkungen hat viele Unternehmen überrascht – und ihre Planung über den Haufen geworfen. Viele Produkte sind ausverkauft.

Der Automobilsektor ist so gefragt wie selten

Die Aktienmärkte sind in guter Verfassung. Eigentlich. Wären da nicht die hohen Bewertungen, die abnehmende Gewinndynamik, die Lieferengpässe, die steigenden Produktionskosten oder die Angst vor kletternden Zinsen. Tatsächlich ist das Bild also eher gemischt. Während die Indexstände noch immer nahe ihren Rekordständen handeln und die Zahlen zum dritten Quartal in den meisten Fällen überzeugen, schwächen sich die Ausblicke ab, weil die Zulieferer nicht liefern können. 

Paradebeispiel ist die Automobilindustrie. In der Europäischen Union (EU) beklagten 70% der Hersteller im dritten Quartal Knappheiten. Im Vorquartal lag die Quote erst bei gut 40%. Dass die Ergebnisse der Autobauer nicht stärker in Mitleidenschaft gezogen wurden, liegt daran, dass sie sich auf die Produktion teurer Fahrzeuge konzentrierten, die eine hohe Marge versprechen – also Luxuskarossen statt Kleinwagen. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Immerhin scheinen Rabattschlachten vorerst der Vergangenheit anzugehören, was die Aktien aus dem Automobilsektor antreibt. 

Vergleich MSCI World Automobiles vs. MSCI World, indexiert

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Die Preise für Gebrauchtwagen schiessen durch die Decke

Manheim Gebrauchtwagen Index

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Die Performance vieler Autoaktien liegt dieses Jahr deutlich über dem Gesamtindex. Da Aktien immer wieder um einen Mittelwert tendieren, ist die Überrendite aber wohl nur temporär (Reversion to the Mean). Denn die hohen Notierungen der Autoaktien reflektieren bereits die Erwartung, dass die Umsätze lediglich aufgeschoben sind. Dies dürfte sowohl kommendes Jahr als auch 2023 zu attraktiven Ergebnissen führen, wenn die fehlenden Teile wieder verfügbar sind. Konsumenten, die nicht so lange warten wollen, substituieren das fehlende Neuwagen-Angebot durch Gebrauchtfahrzeuge. 

Aber auch hier ist das Angebot begrenzt, was sich auf die Preise auswirkt. In den USA kletterten die Preise allein im Oktober gegenüber dem Vormonat um 8.3%. Innerhalb der vergangenen 12 Monate haben sich Occasionsautos im Schnitt um 37% verteuert. Damit kurbeln sie auch die Inflation kräftig an. 

Von einem Lieferengpass ganz anderer Art sind die Sportartikelhersteller betroffen. Nike, Adidas & Co. gehen die Lagerbestände aus, weil ihre Produktionsstandorte in Asien wegen Corona lange geschlossen waren und die benötigten Artikel nicht hergestellt werden konnten. Die Umsätze im wichtigen Weihnachtsgeschäft dürften entsprechend schwächer ausfallen, was die Aktien mit Kursabschlägen vorwegnehmen. Diese sind teils auch die Folge hoher Bewertungen, die wenig Spielraum für Enttäuschungen lassen. Die Volatilität an den Börsen dürfte somit vorerst hoch bleiben.

In der aktuellen Marktphase bleiben vor allem Unternehmen gefragt, welche die höheren Inputpreise an die Konsumenten weitergeben können. Das sichert die eigenen Margen und dient Anlegern als Inflationsschutz.