Was Sie bei der Nachlassplanung beachten sollten

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Leben heisst, die Gegenwart zu gestalten und zu geniessen. Trotzdem sollten Gedanken in die Zukunft nicht verdrängt werden – so auch für den eigenen Todesfall. Viele Dinge können zu Lebzeiten vorgekehrt werden. 

Robert Guthauser

Robert Guthauser, Erbschaftsberater.

Ratgeber-Tipps für den Erblasser

Welche Kernangelegenheiten sollte ich zwingend zu Lebzeiten regeln?

Robert Guthauser: Jede erwachsene Person sollte möglichst früh einen Vorsorgeauftrag und eine Patientenverfügung machen. Die plötzliche Handlungs- und Urteilsunfähigkeit, sei es für medizinische Entscheide (Patientenverfügung) oder in Fragen des täglichen Lebens (Vorsorgeauftrag) kann auch junge Leute unvermittelt treffen.

 

Reicht ein Testament nicht aus?

R. G.: Ein Testament regelt nur die Verteilung des Nachlassvermögens beim Ableben. Bei einer plötzlichen Urteilsunfähigkeit ohne Todesfolge treten die Regelungen in Kraft, die im Vorsorgeauftrag und in der Patientenverfügung festgeschrieben wurden.

 

Was ist ein Vorsorgeauftrag?

R. G.: Jede mündige und urteilsfähige Person kann mittels Vorsorgeauftrag eine Vertrauensperson bestimmen, welche sich im Falle der eigenen Urteilsunfähigkeit um sie und ihr Vermögen kümmert und sie in Rechtsfragen vertritt. Der Vorsorgeauftrag ist deshalb ein geeignetes Instrument, um seine eigene Vorsorge selbstbestimmt zu organisieren.

 

Wie stelle ich sicher, dass mein Erbe nach meinen Wünschen verteilt wird?

R. G.: Zuerst empfiehlt sich ein Gespräch mit einem Juristen oder Notar für eine Auslegeordnung. Vor- und Nachteile der verschiedenen Regelungsvarianten sind mit ihm zu diskutieren. Die Umsetzung der favorisierten Variante kann man mit einem Ehe- und/oder Erbvertrag oder Testament an die Hand nehmen.

 

Ich bin alleinstehend. Soll ich einer Vertrauensperson vorsorglich eine Vollmacht über meine Konten erteilen?

R. G.: Vollmachten an Vertrauenspersonen sind in Finanzfragen sinnvoll und erleichtern den Zugriff zum Vermögen, sollte die wirtschaftlich berechtigte Person verhindert sein. Solche Vollmachten sind jedoch vom Zeitpunkt der Errichtung an sofort wirksam. Falls Sie einer Person nur für den Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit Zugriff zu Ihrem Vermögen erteilen möchten, müssen Sie dies mit einem Vorsorgeauftrag regeln.

 

Ich möchte mein Vermögen einer gemeinnützigen Organisation vermachen. Wie soll ich vorgehen?

R. G.: Sie können gemeinnützige Zuwendungen als Vermächtnis in Ihrem Testament verfügen. Auch können Sie bereits zu Lebzeiten eine gemeinnützige Stiftung gründen. Die Stiftungsurkunde ist beim Notar öffentlich zu beurkunden. Wichtig ist, dass Sie den Stiftungszweck, die Organisation sowie die Verwendung des Kapitals bestimmen. Die Fachexperten von Raiffeisen Schweiz beraten Sie und erstellen die erforderlichen Dokumente.

 

Ich bin alleinstehend und kinderlos. Im Todesfall würde ich meine Firma meinem Bruder überlassen. Wie kann ich das zu Lebzeiten regeln?

R. G.: Das Gesellschaftsrecht bietet diverse Möglichkeiten, die Firmennachfolge in vorausblickender Art zu regeln. Die Begründung der geeigneten Rechtsform, zum Beispiel einer Aktiengesellschaft, die Schaffung von Stimmrechtsaktien oder die Errichtung von Aktionärsbindungsverträgen sind entscheidende Vorkehrungen. Der Beizug eines Experten ist empfehlenswert.

 

Ich habe keine Eltern, keinen Ehepartner, keine Geschwister, keine Nachkommen und möchte mein Erbe meiner besten Freundin überlassen. Wie geht das?

R. G.: Da Sie keine Pflichtteilserben haben, können Sie frei entscheiden, welche Personen Ihr Vermögen erhalten sollen. Ihre Freundin können Sie in einem Testament als Alleinerbin einsetzen. Als nichtverwandte Person hat sie allerdings in den meisten Kantonen mit Steuerfolgen zu rechnen.

 

Ich will mein Haus und mein ganzes Vermögen meiner neuen Lebenspartnerin vermachen. Wie kann ich erwirken, dass meine Noch-Ehefrau nichts erhält?

R. G.: Solange Sie noch nicht rechtskräftig geschieden sind, gelten die ehegüter- und erbrechtlichen Bestimmungen unter Eheleuten nach wie vor. Erst mit der rechtskräftigen Scheidung erlischt das Erbrecht.

 

Wie können meine erwachsenen Kinder jetzt schon von meinem Erbe profitieren: Schenkung oder Erbvorbezug?

R. G.: Erbvorbezüge, Schenkungen oder Darlehen sind eine schöne Sache, lösen aber oft auch Irritationen und Erbstreitigkeiten aus. Vor allem dann, wenn keine klaren Abmachungen getroffen wurden. Beispiel Erbvorbezug: Erhält ein Nachkomme einen Erbvorbezug, muss er sich den Betrag nach dem Tod des Erblassers an sein Erbe anrechnen lassen und gegenüber seinen Geschwistern ausgleichen.

 

Im Zivilgesetzbuch (ZGB) ist gesetzlich geregelt, welche Hinterbliebenen wieviel erben. Habe ich überhaupt Spielraum, meinen Nachlass zu gestalten?

R. G.: Den haben Sie. Die dadurch entstehende «freie Quote» können Sie beliebig verteilen.

 

Ich lebe mit meinem Sohn, meinem Partner und dessen zwei Töchtern zusammen. Wie können wir uns absichern?

R. G.: Gerade für Patchwork-Familien ist eine sorgfältige Planung des Nachlassvermögens ganz wichtig. Die erbrechtlichen Folgen müssen für beide Partner geklärt werden. Oft ist in solchen Konstellationen ein Erbvertrag dann die beste Lösung, wenn alle pflichtteilsgeschützten Erben als Parteien mitwirken. Auch die erbschaftssteuerlichen Konsequenzen dürfen bei Lebenspartnern oder Ehegatten mit Kindern aus einer anderen Beziehung nicht ausser Acht gelassen werden.

 

Ich bin Erbe. Wer hilft mir, einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen zu erhalten?

R. G.: Jeder Erbe ist gesetzlich befugt, Auskünfte über alle Aktiven und Passiven des Erblassers zu erhalten. Hat der Erblasser im Testament einen Willensvollstrecker eingesetzt, ist dieser verpflichtet, die Erben über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen zu informieren. Gewisse Kantone kennen Teilungs- oder Erbschaftsämter, welche die Erben dahingehend unterstützen.

 

Mein Partner stirbt unerwartet, ein Testament ist nicht vorhanden, die Kinder sind noch klein, ich bin im Job voll absorbiert. Wer kann mir helfen?

R. G.: Zusätzlich zum schmerzvollen Verlust werden Sie mit vielen steuerlichen und rechtlichen Formalitäten konfrontiert. Die Fachexperten von Raiffeisen Schweiz unterstützen Sie in dieser schwierigen Situation. Wir übernehmen für Sie die Verhandlung mit Behörden wie Steueramt, Grundbuchamt, KESB etc. und entlasten Sie von Formalitäten.

 

Hilft mir meine Raiffeisenbank, alle finanziellen Angelegenheiten beim Tod eines Angehörigen zu regeln?

R. G.: Ja, die Raiffeisenbank und die Erbschaftsexperten von Raiffeisen Schweiz bieten Hand bei solchen Fragestellungen.

 

Bin ich es als Partner oder Kind dem/der Verstorbenen nicht schuldig, selber alles zu regeln?

R. G.: Die Aufteilung eines Nachlasses kann je nach Vermögensverhältnissen anspruchsvoll sein und viel Zeit beanspruchen. Denken Sie etwa an die Verwaltung oder den Verkauf von Liegenschaften. Ein Willensvollstrecker oder Erbenvertreter hat die notwendige Expertise, um den Nachlass korrekt und im Sinne des Verstorbenen zu regeln.

 

Nach einem Todesfall sperrt die Bank vorsorglich die Konten, Rechnungen laufen aber weiter. Wer zahlt die laufenden Ausgaben des Verstorbenen?

R. G.: Nach dem Tod des Kontoinhabers dürfen die Erben nur gemeinsam über den Nachlass verfügen und erhalten dafür eine Erbbescheinigung. Sie können sämtliche Todesfallkosten mittels Belegen der Bank zur Zahlung in Auftrag geben. Zahlungen sollten über das Konto und nicht mittels Barbezügen abgewickelt werden. Nur so ist die Nachvollziehbarkeit sichergestellt.

 

Was passiert mit Wertschriften, Obligationen oder anderen Vermögenswerten des Verstorbenen: Muss ich diese als Erbe verkaufen, selbst wenn die Bedingungen dafür nicht ideal sind?

R. G.: Nein, es besteht kein Zwang, die Vermögenswerte so rasch wie möglich zu liquidieren und dadurch unnötige Kursverluste zu erleiden. Sofern sich die Erben einig sind, kann mit der Verteilung der fraglichen Depotbestände entweder zugewartet oder die Wertschriften entsprechend den Erbquoten den Erben zugewiesen werden.

 

Wie sieht es mit Pensionskassenvermögen des Verstorbenen aus? Was muss ich als Erbe unternehmen?

R. G.: Nach dem Tod einer versicherten Person stehen die Ansprüche laut Pensionskassen-Reglement direkt den Begünstigten zu. Sind der überlebende Ehepartner bzw. eingetragene Partner oder Waisen rentenberechtigt, ist der Fall klar: Sie erhalten eine Hinterbliebenenrente. Andernfalls bestimmt das Reglement der Pensionskasse über den Verbleib des Geldes. Pensionskassen handhaben dies unterschiedlich. Bei einigen verfällt das angesparte Kapital und es kommt den übrigen Versicherten zugute. Die Absicherung des Konkubinatspartners ist möglich, sofern die Pensionskasse eine solche Begünstigung vorsieht. Ganz wichtig ist, dass man bei der Pensionskasse den zu begünstigenden Partner schriftlich anmeldet und sich diesen Eintrag ebenfalls schriftlich bestätigen lässt.

 

Meine Lebenspartnerin und ich haben zusammen ein Haus gekauft. Soll ich eine Todesfallversicherung abschliessen, um sicher zu stellen, dass sie nach meinem Ableben das Haus behalten kann?

R. G.: Beim Hauskauf sind Risiken wie Krankheit, Invalidität oder Todesfall zu überprüfen. Mit einer geeigneten Renten- oder Todesfallversicherung kann die Tragbarkeit für die Lebenspartnerin sichergestellt werden.

 

Ich bin nicht sicher, ob ich eine Erbschaft ausschlagen soll. Wer kann mich beraten?

R. G.: Sind die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen unklar, können Sie innerhalb eines Monats nach dem Todesfall bzw. ab Kenntnis des Todes die Aufnahme eines öffentlichen Inventars verlangen. Das Inventar wird durch die zuständige kantonale Behörde erstellt und gibt Ihnen eine Übersicht zu Aktiven und Passiven des Verstorbenen. Ist der Nachlass überschuldet oder wollen Sie aus anderen Gründen die Erbschaft nicht antreten, können Sie diese ausschlagen. Die Ausschlagungserklärung muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnisnahme des Todesfalls der zuständigen Behörde eingereicht werden.

 

Was passiert mit der 3. Säule nach dem Tod?

R. G.: Das Kapital wird nach einer gesetzlichen Regelung (Begünstigtenordnung) von der Vorsorgeeinrichtung (Bank oder Versicherung) an den oder die Begünstigten ausbezahlt. Vorrang hat der überlebende Ehegatte oder der überlebende eingetragene Partner. Ohne Ehegatte bzw. eingetragenen Partner wird die Begünstigung auf die folgenden möglichen Erben übertragen: Direkte Nachkommen oder natürliche Personen, für deren Unterhalt der oder die Verstorbene massgeblich aufkam. Oder Personen, die mit dem oder der Verstorbenen in den letzten fünf Jahren bis zum Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt haben. Oder Personen, die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen müssen.