Mit Vorsicht ins neue Jahr

12.01.2024

Mit Vorsicht ins neue Jahr

Finanz Ecke Jan 24

2023 war ein gutes Anlegerjahr. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das konjunkturelle Bild weiter eintrübt. Eine defensive Positionierung ist zu empfehlen. 

Dank der klaren Worte von Jerome Powell, dem Chef der US-Notenbank Fed, wonach der Zinsgipfel erreicht ist, setzte sich die im November begonnene Jahresendrally der Aktienmärkte im Dezember fort und bescherte Investoren ein gutes Anlagejahr. Inklusive Dividende warf der breite Schweizer Markt, gemessen am Swiss Market Index (SMI), eine Rendite von 7 Prozent ab. Das ist umso bemerkenswerter, als dass Anleger noch Ende Oktober mit einer negativen Performance konfrontiert waren. 

Deutlich stärker schnitten die internationalen Börsen ab. So verteuerte sich der EURO STOXX 50 Index in den abgelaufenen 12 Monaten um einen Fünftel, der US-amerikanische S&P 500 gar um einen Viertel. Im Zuge des Themas «Künstliche Intelligenz» legten die Titel der grossen US-Technologiewerte massiv zu. Der Nasdaq 100 kletterte 54 Prozent. Das Nachsehen hatte China. Die Börsen rutschten, überschattet von der dortigen Immobilienkrise, deutlich ins Negative.

Börse auf Achterbahnfahrt
Auf Jahressicht bewegten sich die Aktienmärkte auf einer Achterbahnfahrt. Angst und Hoffnung wechselten sich in regelmässigen Abständen ab. In Erinnerung bleiben die US-Regionalbankenkrise und die Zwangsübernahme der Grossbank Credit Suisse durch die Konkurrentin UBS, aber auch die anhaltenden Zins- und Rezessionsängste sowie die Eskalation des Nahostkonflikts durch den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel. 

Zu den Gewinnern im Schweizer Leitindex gehören die Aktien der Grossbank UBS und des Vermögensverwalters Partners Group, die je rund 50 Prozent zulegten. Dagegen hinkten die defensiven SMI-Schwergewichte Nestlé und Roche mit -10 Prozent und -16 Prozent hinterher. Lediglich die Valoren des Pharmaauftragsfertigers Lonza entwickelten sich im SMI mit -22 Prozent noch schwächer.  

Trügerische Zuversicht
Trotz der teils starken Kursbewegungen ist die Volatilität des Gesamtmarktes, ein Gradmesser für die Angst der Investoren, nicht nur im Dezember, sondern auch auf Jahressicht, gesunken. Die Zuversicht der Anleger ist jedoch trügerisch, da sich das konjunkturelle Wachstum verlangsamt, was unseres Erachtens in den Schätzungen der Analysten noch nicht vollständig enthalten ist. Besonders die Jahresausblicke für 2024 bergen Enttäuschungspotenzial. Grund genug, um an unserem Untergewicht in Aktien festzuhalten.  

Neben Aktien zeigten sich auch Obligationen von ihrer volatilen Seite. Die Renditen für 10-jährige Schweizer Staatsanleihen kollabierten von ihrem Höchst bei 1,57 Prozent auf 0,61 Prozent, was den Anleihen zu satten Kursgewinnen verhalf. Gleichzeitig sinkt mit dem Renditezerfall die Attraktivität der Vermögensklasse, weshalb wir einen Teil der Gewinne realisiert und unsere Position auf Neutral zurückgefahren haben. 

Gefragtes Gold
Übergewichtet bleiben wir hingegen bei Gold und Immobilien. Das gelbe Edelmetall kletterte im Dezember auf ein Allzeithoch von 2’132 US-Dollar. Da wir für 2024 mit sinkenden Zinsen rechnen, reduzieren sich die Opportunitätskosten, um Gold zu halten, was dem Edelmetall weiter Auftrieb verleihen dürfte. Auf 12 Monate betrachtet rechnen wir mit einem Goldpreis von 2’150 US-Dollar pro Unze. 

Die Kurse von Schweizer Immobilienfonds haben zum Jahresende hin deutlich angezogen und eine schwache Performance in eine starke gewandelt. Beinahe die gesamte Jahresrendite wurde im Dezember erzielt. Mit Blick nach vorne sind hiesige Immobilien aus mehreren Gründen interessant. So sind die Agios, also die Prämien gegenüber den Nettoinventarwerten, mittlerweile auf historisch attraktive Niveaus gefallen, was Immobilienfonds aus Bewertungssicht interessant macht. Zudem dürfte die Kombination aus sinkenden Zinsen und steigenden Mietzinseinahmen die Risikoprämien erhöhen, was für ein Investment in Schweizer Immobilienfonds spricht. 

Gesucht war zum Jahresende hin der Franken, der gegenüber dem Euro und dem US-Dollar deutlich zulegte. Sowohl die europäische Einheitswährung als auch der «Greenback» nehmen damit die konjunkturelle Unsicherheit und erwartete Zinssenkungen vorweg. 

Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen