Anlageklasse im Fokus: Obligationen

US-Staatsanleihen gelten als Inbegriff der risikolosen Anlage. Doch die Fassade bröckelt. Hohe Inflation, starke Verschuldung und steigende Zinsen sprechen gegen US-Treasuries.

Schuldenobergrenze wird laufend angehoben – trotzdem reicht das Geld nicht

Mitte Dezember ist es soweit: Den USA droht der Bankrott. Schon wieder. Wird die Schuldenobergrenze nicht erhöht, können die USA keine neuen Anleihen emittieren und ihre Schulden nicht mehr bezahlen. Schon im Oktober war man an diesem Punkt, mogelte sich aber mit einer Überbrückungslösung durch. Das wird wohl auch dieses Mal geschehen. Egal wie zerstritten Demokraten und Republikaner sind, sie werden sich zusammenraufen, denn die Folgen eines Zahlungsausfalls wären kaum absehbar und würden zu einer Weltwirtschaftskrise führen. Trotzdem spiegelt gerade der Verlauf der Schuldenobergrenze während der vergangenen 50 Jahre wider, wie stark fremdfinanziert das Wirtschaftswachstum in den USA ist 

Schuldenobergrenze, in Bio. US-Dollar

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Japan und China halten ausserhalb der USA die meisten US-Staatsanleihen

Hart würde ein Zahlungsausfall der USA die Länder Japan und China treffen. Beide gehören mit 1’300 beziehungsweise gut 1’000 Milliarden Dollar mit Abstand zu den grössten Gläubigern der USA. Während Japan seine Positionen unlängst aufgebaut hat, reduziert China sein Engagement seit Jahren. Auch Luxemburg, Irland und die Schweiz stehen in der Tabelle der ausländischen Schuldner weit vorne. Das hat allerdings mit der jeweiligen Fondsindustrie zu tun. Hinter den Investitionen stehen somit vorrangig private Anleger. 

US-Staatsanleihen, in Mrd. US-Dollar

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Tatsächlich wirken US-Staatsanleihen auf den ersten Blick interessant, weil sie eine höhere Rendite abwerfen. Und diese sollte mit dem Beginn des Tapering weiter steigen. Seit Mitte November kauft die US-Notenbank Fed weniger Anleihen. Die reduzierte Nachfrage sollte zu sinkenden Preisen führen und die Renditen ankurbeln. Spürbar ist dieser Effekt noch nicht. 10-jährige Staatsanleihen etwa handelten schon im Frühling auf vergleichbarem, teilweise gar höherem Renditeniveau. Damit hat die Fed bislang ihr Ziel erreicht und ein erneutes Taper Tantrum, also eine heftige Marktreaktion, vermieden. Das gelang ihr vor allem dadurch, dass sie die Märkte während Monaten auf eine restriktivere Geldpolitik vorbereitet hat. 

Ob der Markt weiterhin so ruhig bleibt, wird sich weisen. Bis spätestens im Sommer 2022 soll das Anleihekaufprogramm schrittweise von 120 Milliarden US-Dollar auf null zurückgefahren werden. Anleger gehen davon aus, dass erst dann Leitzinserhöhungen zum Thema werden. Wir rechnen für 2022 mit zwei Leitzinserhöhungen. So oder so bleibt die Ausgangslage für Investoren herausfordernd: Einerseits drückt die aktuell rekordhohe Teuerung auf die Realrenditen, andererseits belastet die Aussicht auf steigende Zinsen die Anleihekurse. Gerade bei festverzinslichen Anlagen mit längeren Laufzeiten ist wegen des Durationsrisikos also weiterhin Vorsicht geboten.