«Eine gute Vorbereitung ist am Zoll das A und O»

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Der Zoll ist unerbittlich: Wer die richtigen Dokumente nicht zur Hand hat, riskiert, dass sein Exportgut an der Grenze stehen bleibt. Alfonso Orlando von Switzerland Global Enterprise (S-GE) gibt im Interview Tipps, wie Sie Schwierigkeiten am Zoll vermeiden können.
 

Was sind die grössten Zollhürden für Schweizer KMU?

Alfonso Orlando: Sie sind gefordert, die nötigen und korrekten Dokumente für den Export und den Import ins Zielland zusammenzustellen. Das kann vor allem für unerfahrene KMU ein grosser Aufwand sein. Probleme am Zoll können etwa dann auftreten, wenn ein Transporter beim Exporteur die falsche Ware auflädt und die Ware oder die Stückzahl nicht mit der Ausfuhrdeklaration bzw. der Importverzollung übereinstimmen. Für den internationalen Handel braucht es immer korrekte Dokumente.

 

Für welche Produkte braucht es Spezialbewilligungen?

A. O.: Wer beispielsweise Lebensmittel in die USA exportieren will, muss sich bei der Food and Drug Administration FDA registrieren. Die Behörde prüft das Produkt und verhindert die Einfuhr, wenn es nicht den Richtlinien entspricht. Die Unternehmen erhalten in diesem Fall eine Übersicht über die notwendigen Anpassungen. Dieser Katalog kann bis zu hundert Seiten umfassen. Auch wer nach China exportiert, benötigt spezielle Zertifizierungen. Insbesondere für Gesundheitsprodukte, Medizintechnik oder Lebensmittel können diese Prozesse langwierig und kostenintensiv sein.

 

Was, wenn ein Dokument fehlt?

A. O.: Dann kann die Ware nicht oder nur verzögert ausgeliefert werden. Ein Beispiel: Wer Tierfutter nach China exportiert, braucht ein spezielles Veterinärzertifikat. Ist dieses nicht vorhanden, kann die Ware nicht exportiert werden und verdirbt unter Umständen am Zoll. Noch schlimmer ist es, wenn die Ware am Zoll hängenbleibt oder sogar zurückgeschickt werden muss. Vor Jahren hat uns ein Kunde kontaktiert, weil er eine Wildschweinborste für eine Autowaschanlage in die Schweiz importieren wollte. Diese blieb allerdings am Zoll stecken, weil nicht alle Zertifikate vorhanden waren.

 

Wie geht man am besten vor?

A. O.: Wir fragen den Kunden immer als erstes: Kennen Sie die Zolltarifnummer? Aufgrund dieser Nummer kann man in der Zolldatenbank nachschlagen, welche Bewilligungen, Zertifikate und Dokumente für den Export aus der Schweiz und den Import in das Zielland nötig sind.

 

Wann soll man einen Spediteur beiziehen?

A. O.: Viele Unternehmen haben die Exportkompetenz im Haus. Für KMU, die nicht regelmässig exportieren, kann ein Speditions- oder Logistikdienstleister hilfreich sein.

 

Wer haftet für Transportschäden?

A. O.: Leider passiert das täglich. Wenn beispielsweise Nahrungsmittel stehen bleiben und die Kühlkette unterbrochen wird, kann es teuer werden. Die Haftung zwischen Käufer und Verkäufer ist in den Incoterms-Klauseln geregelt. Bei Unsicherheiten lohnt sich eine vorgängige Abklärung mit der Transportversicherung. 

 

Wie kann man Zollkosten sparen?

A. O.: Man kann die Zollkosten für den Importeur tief halten, wenn man bestehende Freihandelsabkommen nutzt. Dies ist jedoch nur möglich, wenn man die sogenannten Ursprungskriterien erfüllt und die formellen Nachweise erbringt. Die Zentralschweizer Garaventa beispielsweise hat beim Export von Schweizer Standseilbahnen nach China rund 350'000 Franken gespart, weil sich der Einfuhrzoll auf die Infrastruktur der Standseilbahn durch das Freihandelsabkommen von 8 Prozent auf 1,6 Prozent reduziert hat und die Zölle auf den Import von Bahnwagen vollumfänglich abgeschafft wurden.

 

Wie unterstützt S-GE die Schweizer Exporteure?

A. O.: Unsere Kernaufgabe ist die Beratung von exportorientierten KMU in der Schweiz und Liechtenstein. Wir helfen bei Fragen rund um Exportformalitäten und stellen Datenbanken und Checklisten zur Verfügung. Natürlich unterstützen wir auch gerne mit einer fundierten Länderberatung, Marktanalysen, beim Markteintritt sowie bei der Suche nach einem geeigneten Geschäftspartner. Ein Teil unserer Dienstleistungen ist aufgrund unseres öffentlichen Auftrags für die Kunden kostenlos. 

 

3 Export-Tipps für die Formalitäten am Zoll

  1. S-GE stellt praktische Tools zur Verfügung: Bestimmen Sie die Zolltarifnummer auf www.tares.ch und fragen Sie Zolltarife, Formalitäten und Ursprungsregeln für Ihren Zielmarkt in der Zolldatenbank ab. 
  2. Im Video wird erklärt, wie die Ausfuhrzollanmeldung funktioniert. Die Checkliste für Exportstarter sowie das Handbuch «Einstieg in die Internationalisierung» zeigen auf, welche Dokumente der Zoll verlangt und wie die Internationalisierung gelingt.
  3. Risiken beim Export lassen sich absichern und die Exporte vorfinanzieren. Kontaktieren Sie Raiffeisen frühzeitig, um Ihren ausländischen Kunden ein attraktives Angebot zu unterbreiten.

 

Alfonso Orlando, Head of ExportHelp bei Switzerland Global Enterprise (S-GE)
Alfonso Orlando, Head of ExportHelp bei Switzerland Global Enterprise (S-GE)

Alfonso Orlando ist seit 13 Jahren bei Switzerland Global Enterprise (S-GE) tätig. S-GE fördert im Auftrag des Bundes die exportorientierte Schweizer Wirtschaft. In seiner Funktion als Head of ExportHelp berät Alfonso Orlando zusammen mit seinem Team Schweizer und Liechtensteinische KMU bei allen Angelegenheiten rund um den Export. In 27 Zielmärkten öffnen Swiss Business Hubs und Trade Points zudem die Türen zu den lokalen Märkten.

 

www.s-ge.com