Eigenheimmarkt segelt trotz COVID-19 in ruhigem Gewässer

  • Medienmitteilung
  • Wohnen
  • Research & Studien
13.08.2020

Eigenheimmarkt segelt trotz COVID-19 in ruhigem Gewässer

Der Markt für selbstgenutztes Wohneigentum zeigt sich auch in stürmischen Zeiten äusserst robust. Der grösste Wirtschaftseinbruch seit der Ölkrise 1973 ist bisher praktisch spurlos am Eigenheimmarkt vorbeigegangen.
  • Druck auf Neumieten nimmt wegen zunehmenden Leerständen zu
  • Airbnb-Wohnungen werden dem Mietwohnungsmarkt zugeführt
  • Noch wenig Bremsspuren im Geschäftsflächenmarkt


St.Gallen, 13. August 2020. Der Markt für selbstgenutztes Wohneigentum zeigt sich auch in stürmischen Zeiten äusserst robust. Der grösste Wirtschaftseinbruch seit der Ölkrise 1973 ist bisher praktisch spurlos am Eigenheimmarkt vorbeigegangen. Weder bei der Anzahl Handänderungen noch bei den Preisen lässt sich in der Schweiz ein schwindendes Interesse am Immobilienbesitz feststellen. Die in diesem Frühjahr unfreiwillig vermehrt zu Hause verbrachte Zeit scheint vielmehr ein neues Bewusstsein für die eigene Wohnsituation geschaffen zu haben. Daraufhin deutet die seit März feststellbare Zunahme der Suchabonnements auf den grössten Immobilienportalen.

Bei Einfamilienhäusern wurden fast zehn Prozent, bei Stockwerkeigentum über sechs Prozent mehr Abonnements aufgegeben. Das grössere Interesse lässt vermuten, dass Schweizerinnen und Schweizer ihre Wohnsituation weiter optimieren wollen, beispielsweise mit einem grösserem Balkon, einem Garten oder einem zusätzlichen Zimmer. «Eine stärkere Nachfrage nach Eigentum ist indes nicht erkennbar. Die Zunahme der Suchabonnements zeigte sich bei Mietwohnungen genauso wie bei Eigentumsobjekten», stellt Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff in der aktuellen Raiffeisen-Studie «Immobilien Schweiz» fest. Ein verstärkter Trend zum Wohnen auf dem Lande ist trotz des vermeintlichen Attraktivitätsverlustes der städtischen Zentren durch die Auswirkungen der Pandemie ebenfalls nicht auszumachen.

 

Finanzierungskonditionen bleiben günstig

Zu Beginn der Corona-Pandemie waren die Zinsen für längerfristige Festhypotheken aufgrund einer starken Erhöhung der Risikoprämien vorübergehend angestiegen. Staatliche Hilfsmassnahmen und die beruhigenden Eingriffe zahlreicher Notenbanken haben die Schweizer Hypothekarzinsen aber über alle Laufzeiten hinweg wieder in Richtung ihrer Rekordtiefs sinken lassen. Die Vergabe von Hypothekarkrediten hat sich während des teilweisen Shutdowns zwar etwas abgeschwächt. Wegen unverändert sehr günstigen Finanzierungskonditionen legt das Kreditvolumen aber weiter zu – bislang mit einer ähnlichen Wachstumsrate von gut drei Prozent wie in den Vorjahren.

Dank tiefer Zinsen bleibt Wohneigentum somit auch in Zukunft äusserst attraktiv. Ein bereits knappes Angebot und weiter sinkende Baugesuche sichern die Preise nach unten ab. Das Potenzial für weitere Preissteigerungen ist wegen dem hohen Preisniveau, der strikten kalkulatorischen Tragbarkeit und der durch die Krise zu erwartenden sinkenden Haushaltseinkommen aber beschränkt. 

 

Leichter Dämpfer für den Mietwohnungsmarkt

Am Mietwohnungsmarkt hinterlässt die Corona-Pandemie deutlich stärkere Spuren als im Eigenheimmarkt. Das Überangebot an Wohnungen wird unter anderem wegen des tiefer ausfallenden Migrationssaldos noch grösser, auch wenn bereits weniger projektiert und gebaut wird als vor der COVID-19-Pandemie. Dies wird sich künftig in weiter steigenden Leerständen zeigen. Raiffeisen rechnet damit, dass der aus dem Jahre 1998 stammende Rekordwert, eine Leerstandsquote von 1,85 Prozent, spätestens im kommenden Jahr übertroffen werden dürfte. Die Neumieten sind im zweiten Quartal um 0,4 Prozent zurückgegangen, die Bestandsmieten haben leicht (+0,2 Prozent) zugelegt. Der Druck auf die Neumieten wird damit noch weiter zunehmen.

Besonders hart getroffen hat die Pandemie Anbieter, die Wohnungen kurzzeitig an Touristen und Geschäftsreisende vermieten. In den städtischen Kantonen Zürich, Genf und Basel sind fast 20 Prozent aller Airbnb-Angebote innert Jahresfrist verschwunden. So dürften in Zürich über 500, in Genf über 400 und in Basel über 250 ehemalige Airbnb-Wohnungen dem Langzeitmietwohnungsmarkt zugeführt worden sein. «Diese Wohnungen sind eine willkommene Auffrischung für die ausgetrockneten städtischen Märkte mit Leerständen im Promillebereich», folgert Martin Neff.

 

Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben

Den Schweizer Büromarkt hat COVID-19 in einer vergleichsweise guten Verfassung getroffen. Obwohl nur teilweise durch die Eindämmungsmassnahmen betroffen, dürften sich die wirtschaftlichen Verwerfungen mittelfristig auch in diesem Markt zeigen. Eine besondere Herausforderung für die Marktteilnehmer stellt die durch die Krise beschleunigte Digitalisierung dar. Die Raiffeisen-Ökonomen sind der Überzeugung: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. In vielen grösseren und kleineren Firmen, die heute klassische Büromieter sind, dürfte es zu einer starken Liberalisierung der Heimarbeitsregelungen kommen. «Gerade im Hinblick auf die eigene Positionierung als attraktiver Arbeitgeber wird der Druck gross sein, für das Halten und Anwerben qualifizierter Arbeitnehmer grosszügige Homeoffice-Konzepte anzubieten», ist Martin Neff überzeugt.

Mittelfristig dürften so mehr Büroflächen auf den Markt kommen und den durch Neubauten getriebenen Angebotszuwachs verstärken. Gleichzeitig wird auch die Nachfrage nach Büros vor allem in schlechteren Lagen leiden. Mit einer sofortigen, massiven Verkleinerung der benötigten Büroflächen ist wegen bestehender Verträge allerdings nicht zu rechnen. Mit zunehmender Erfahrung im Umgang mit dem «neuen Normal» werden aber bald neue Kostensparpotenziale ausgemacht werden. Längerfristig dürfte COVID-19 das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage in diesem Markt nachhaltig verändern.

 

Vermieter von Geschäftsflächen sollten Kompromisse suchen

Vor ähnlichen Herausforderungen steht der Markt für Retail- und Gewerbeflächen. Raiffeisen hat noch keine Anzeichen dafür ausgemacht, dass als Folge der Corona-Pandemie massenweise eben erst gekündigte Geschäftsflächen den Markt fluten würden. Dies dürfte primär auf die dem Immobilienmarkt inhärente Trägheit zurückzuführen zu sein. Gerade im Segment der kommerziellen Flächen sind längerfristige Vertragslaufzeiten und lange Kündigungsfristen üblich. Dies verhindert, dass kurzfristige Schocks sofort auf dem Markt spürbar werden. Selbst wenn Unternehmer coronabedingt ihr Geschäft aufgeben müssen, dauert es eine gewisse Zeit, bis die Flächen wirklich auf dem Markt landen. Die Aussichten im Geschäftsflächenmarkt bleiben aber trotz teilweise eindrücklichem Nachholeffekt im Detailhandel eher düster. 

Noch immer ist keine Normalität eingekehrt und die aktuellen Fallzahlen weisen darauf hin, dass uns das Virus noch eine Weile begleiten wird. Vielen Betrieben fehlen noch immer überlebensnotwendige Kundenströme und unzählige Geschäfte sind mit reduzierten Kundenzahlen kaum rentabel zu betreiben. Trotz massiver finanzieller Hilfe durch den Staat muss mit Betriebsschliessungen gerechnet werden. Es wird nicht möglich sein, jedes bedrohte Unternehmen zu retten. Für Vermieter von kommerziellen Flächen ist es daher von erheblicher Bedeutung, langjährige Mieter mit auch sich in schwierigen Zeiten bewährenden Geschäftsmodellen gerade jetzt nicht zu verlieren. Kompromissbereitschaft und Flexibilität gegenüber treuen Bestandesmietern dürften wichtige Tugenden sein, um die kommenden, turbulenten Zeiten gut zu meistern.

 

Download Studie «Immobilien Schweiz»

Die Studie «Immobilien Schweiz» bietet jedes Quartal eine ausführliche Lagebeurteilung des Schweizer Wohnimmobilienmarkts. Die aktuelle Studie sowie weitere Informationen gibt es auf www.raiffeisencasa.ch.