Viele Schweizerinnen und Schweizer träumen vom Schritt in die Selbstständigkeit und erfüllen sich diesen Wunsch mit der Gründung des eigenen Unternehmens. Wer die schwierige Startphase überspringen und auf etwas Bestehendem aufbauen will, findet mit dem Kauf eines Unternehmens eine sinnvolle Alternative.
In der Schweiz werden jedes Jahr mehr als 40'000 neue Unternehmen gegründet. Nicht alle sind erfolgreich, wie die Statistik zeigt: Die Hälfte dieser Betriebe ist nach fünf Jahren vom Markt verschwunden. Immer mehr künftige Unternehmer wählen einen anderen Weg: Sie kaufen einen bestehenden Betrieb und entwickeln diesen weiter, statt das Rad neu zu erfinden.
Wer ein Unternehmen kauft, muss eine starke Vision und klare Ziele haben. Und er oder sie muss das «Unternehmer-Gen» besitzen: Verantwortung übernehmen, die Mitarbeitenden auf eine Reise mitnehmen, den Kundenstamm ausbauen und den Betrieb strategisch weiterentwickeln. Wer den Schritt wagt, sollte sich ehrlich nach den persönlichen Motiven fragen und einen soliden Businessplan erarbeiten. Diese sieben Aspekte sollten in den Überlegungen berücksichtigt werden:
1. Bin ich ein Unternehmer-Typ?
Ein Unternehmen zu führen, ist nicht jedermanns Sache. Wer seine Ziele genau definiert, bereit ist, hart zu arbeiten, und die eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzt, legt das Fundament für eine erfolgreiche Unternehmerkarriere.
Beantworten Sie sich diese Fragen ehrlich
- Warum möchte ich selbstständig werden?
- Welche Ziele will ich durch die Selbstständigkeit erreichen?
- Besitze ich die notwendigen Fähigkeiten, um die Firma weiter zu entwickeln und auf dem Markt zu bestehen?
- Genügt mein bisheriger Leistungsausweis, um bei potenziellen Kunden Vertrauen zu schaffen?
- Bin ich eine gewinnende Unternehmer-Persönlichkeit?
- Kann ich mit Ressourcen vernünftig haushalten?
- Bewahre ich in turbulenten Situationen den Überblick?
- Kann ich mich selbst motivieren und mit Rückschlägen souverän umgehen?
- Wie hoch ist meine finanzielle Belastbarkeit?
- Wie denken wichtige Bezugspersonen (Partner, Familie, Freunde) über meine Pläne?
2. Ist «kaufen» besser als «gründen»?
Was sind die Vorteile eines Kaufs?
- Ein bestehendes Unternehmen hat in der Regel Strukturen, Prozesse, erfahrene Mitarbeitende und solide Lieferanten- und Kundenbeziehungen, auf denen man aufbauen kann.
- Bei der Übernahme eines bestehenden Unternehmens kann man davon ausgehen, dass der Firmengründer den richtigen Standort gewählt und die passenden Produkte in seinem Portfolio hat, sonst würde der Betrieb schon lange nicht mehr existieren.
- Die Geschäftszahlen geben einen Anhaltspunkt, wie es um die Auftragslage und Liquidität des Unternehmens steht. Wer eine bestehende Firma kauft, erzielt ab dem ersten Tag Umsatz.
- Der ehemalige Besitzer steht in der Regel gerne mit Rat und Tat zur Seite und ermöglicht so einen optimalen Start in die Selbstständigkeit.
- Mit der Akquisition wird immer beliebter.
Was sind die Nachteile eines Kaufs?
- Schon ab dem ersten Tag übernimmt der Käufer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden, Kunden, Kreditgebern und sich selber. Ein langsames Wachstum wie bei einem Startup ist nicht möglich.
- Ein Unternehmenskauf erscheint im ersten Moment teurer als eine Neugründung, denn der Käufer übernimmt alle bestehenden Werte wie Inventar, Maschinen, Verpflichtungen und auch immaterielle Werte wie den Kundenstamm auf einen Schlag, was dementsprechend mit dem Kaufpreis abgegolten wird. Wer aber langfristig rechnet, fährt mit einem Kauf in der Regel gut.
- Man übernimmt ein «fremdes Unternehmen», bei dem eine Kultur besteht, die derjenigen des Käufers nicht unbedingt entspricht. Ein Veränderungsprozess kostet Zeit und Nerven.
- Wer ein besonders innovatives Produkt oder Konzept verwirklichen will, gründet besser ein eigenes Unternehmen, denn in einem bestehenden Betrieb kann die Offenheit für radikale Veränderungen fehlen.
Wer eine Finanzierung beantragen möchte oder Investoren sucht, muss sich gut vorbereiten. Schreiben Sie einen Businessplan und halten Sie darin mindestens diese Informationen fest:
- Ihre Geschäftsidee und Ihre Pläne, wie Sie das Unternehmen entwickeln möchten
- Chancen und Gefahren im Marktumfeld
- Stärken und Schwächen des Unternehmens
- Mittelfristiger Finanzbedarf und dessen Deckung
4. Finanzierung sicherstellen
Ein Check der eigenen finanziellen Möglichkeiten mit der Bank schafft eine gute Ausgangslage. Die Finanzierung eines Unternehmenskaufs kann über einen Bankkredit, Eigenkapital oder eine Teilfinanzierung durch den Verkäufer (Verkäufer gewährt für einen Teil des Kaufpreises ein Verkäuferdarlehen) erfolgen.
Wer das Pensionskassenkapital und die dritte Säule ins Unternehmen investiert, erhält bei der Raiffeisenbank Rat zur Gestaltung der eigenen Altersvorsorge.
5. Das passende Unternehmen finden
Nun kann die Suche nach einem geeigneten Unternehmen beginnen, sei es über das persönliche Umfeld oder einen Marktplatz. Dieser Prozess ist rechtlich, buchhalterisch, fachlich und finanziell anspruchsvoll.
Tipp für potenzielle Käufer
Kaufen Sie ein Unternehmen, mit dem Sie sich identifizieren können. Prüfen Sie vor allem auch das Potenzial, das im Unternehmen schlummert. Was können Sie verbessern, damit das Unternehmen profitabler wird?
6. Was kostet der Unternehmenskauf?
Der Preis ist Verhandlungssache und richtet sich letztlich nach Angebot und Nachfrage. In der Regel macht der Käufer in einem ersten Schritt ein unverbindliches Angebot, das mit dem Angebot des Verkäufers verglichen wird.
Die Bewertung von Unternehmen ist eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe. Es existiert eine Vielzahl an Bewertungsmethoden, um den Wert eines Unternehmens zu bestimmen. Eine davon ist die Praktikermethode, ein gewichteter Durchschnitt zwischen dem Ertrags- und Substanzwert. Der Substanzwert entspricht dem bereinigten Eigenkapital, der Ertragswert widerspiegelt die erwarteten künftigen Gewinne des Unternehmens. Diese werden auf den heutigen Zeitpunkt umgerechnet. Der Unternehmenswert und der bezahlte Preis können aber weit auseinander liegen, denn es besteht eine Marktsituation. Jede Methode liefert unterschiedliche Werte, welche einer fachmännischen Interpretation und Plausibilisierung bedürfen. Vergessen Sie nicht: Ihr Angebot wird erst dann bindend, wenn Sie einen Kaufvertrag unterzeichnen.
7. Wo erhalte ich Unterstützung?
Während des Prozesses unterstützen wir Sie gerne:
- Bei emotionalen Fragen und schwierigen Entscheidungsprozessen bietet das Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ eine Plattform, um sich mit anderen Unternehmern auf Augenhöhe auszutauschen.
- Ihre Raiffeisenbank steht Ihnen bei der Wahl der Finanzierungslösung und der Abwicklung des Kaufprozesses zur Seite.