Erfinderisch durch die Krise

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Als sich die Corona-Pandemie ausbreitete, suchten Läden, Restaurants und öffentliche Einrichtungen händeringend nach Schutzscheiben aus Plexiglas. Der Familienbetrieb ID Néon aus Sévaz (FR) nutzte die Gunst der Stunde und sattelte auf die Produktion von Schutzwänden um. Lesen Sie hier, wie das gelang.
 

Ein Einfall wird zum Erfolg

Es war an einem Abend im April 2020, als dem Unternehmer Christophe Hofmann endlich die zündende Idee kam, nach der er seit Tagen gesucht hatte. Der Bundesrat hatte gerade erneut betont, wie wichtig die Abstandsregeln und Hygienemassnahmen im Kampf gegen das Coronavirus seien. Da war für den Geschäftsführer und Inhaber von ID Néon klar: Scheiben aus Plexiglas sind der ideale Schutz gegen die Virusübertragung und würden bald gefragter denn je sein. Und noch viel wichtiger: Alles, was es zur Fertigung solcher Schutzscheiben brauchte, hatte Hofmann in seiner Werkstatt stehen. Denn das Fräsen von Plexiglasscheiben zählt zum Tagesgeschäft seiner Firma, die normalerweise Werbeträger wie zum Beispiel Leuchtreklamen aus verschiedenen Materialien herstellt.

Bereits wenige Tage nach Hofmanns Einfall legte sein Team mit der Produktion der Schutzvitrinen los. Doch bald ging das Plexiglas aus, und sein Hersteller konnte nicht mehr liefern. Mittlerweile hatten die Schutzvorrichtungen aus Plexiglas während der ersten Corona-Welle Hochkonjunktur erlangt. Entsprechend gab es in ganz Europa keinen Lieferanten mehr. Hofmann aktivierte seine Kontakte und fand schliesslich einen Produzenten in Russland. «Als wir das Angebot bekamen, wussten wir, dass wir den Deal in 24 Stunden abschliessen müssen», erzählt der 56-jährige Unternehmer. Für eine Warenprüfung vor Ort – wie das normalerweise bei Handelsgeschäften üblich ist – blieb keine Zeit. Hofmann kannte weder den Lieferanten, noch wusste er, ob er die Ware jemals sehen würde. Zudem musste er die ganze fünfstellige Summe vorauszahlen. Nach kurzem Zögern setzte er alles auf eine Karte, rief seine Hausbank an und schilderte seine Lage. Diese arrangierte die Zahlung nach Russland noch am selben Tag.

 

Schutzvitrinen retten vor Kurzarbeit

Er habe schon etwas gezittert, ob alles klappen würde, sagt Hofmann heute. Doch nach einer Woche des Wartens zahlte sich seine Risikobereitschaft aus: Das Plexiglas aus der Nähe von Sankt Petersburg traf im freiburgischen Sévaz ein, und die Produktion der Covid-Schutzwände konnte endlich weitergehen.

Rückblickend sagt Hofmann, dass das ohne die Unterstützung seiner Bank nicht möglich gewesen wäre. Seit über 15 Jahren arbeitet er mit Raiffeisen zusammen. «Dank der langjährigen Verbindung konnte die Bank unseren laufenden Kredit erhöhen und die Zahlung nach Russland rasch ausführen», so der Unternehmer.

Raiffeisen sei einmal mehr in schwierigen Zeiten zur Stelle gewesen, sagt Hofmann. Er schätzt die vertrauensvolle Beziehung mit seiner Hausbank. «Als Familienbetrieb ist uns die persönliche Zusammenarbeit wichtig. Man kennt sich aus der Region und weiss, mit wem man es zu tun hat.»

 

Die Bank ist zur Stelle

Auch aufseiten von Raiffeisen ist man froh, die Kunden persönlich und in den meisten Fällen seit vielen Jahren zu kennen. «Für uns ist der Dialog mit den Firmen sehr wichtig», sagt Vivian Givel, der bei der Raiffeisenbank de la Broye die Firmenkunden betreut. «Wir kennen das Geschäft unserer Kunden gut und können rasch handeln, wenn es notwendig ist.» Im Fall von ID Néon habe die Bank den laufenden Kredit kurzfristig erhöht, damit dem Betrieb genügend finanzieller Handlungsspielraum blieb.

Zahlreiche KMU in der Region seien von der Corona-Pandemie hart getroffen worden, sagt Givel. «Es ist unsere Aufgabe als Bank, den Kunden in guten wie in schwierigen Zeiten unterstützend zur Seite zu stehen.» Neben Covid-Krediten habe man mit den Unternehmern individuelle Lösungen gesucht, um die Betriebe zu entlasten – so wurden zum Beispiel die Rückzahlungen von Krediten vorübergehend sistiert.

 

Gestärkt aus der Krise

Im freiburgischen Familienbetrieb konnten alle Mitarbeitenden ihre Arbeit dank des neuen Geschäftszweigs behalten. «Von April bis August 2020 haben uns die Plexiglas-Schutzscheiben wirtschaftlich über Wasser gehalten», sagt Hofmann. Die Nachfrage nach den Schutzvitrinen hat seither deutlich abgenommen. Im Gegenzug zog aber das traditionelle Geschäft der Werbeinstallation, Tankstellen-Identifikation und Signaletik wieder an. Mittlerweile laufe der Betrieb wieder in gewohnten Bahnen, und man sei auf dem Niveau wie vor Corona, sagt Hofmann.

Manchmal, wenn Christophe Hofmann allein in seinem Büro sitzt, kann er selber kaum glauben, wie schnell sich die Dinge verändert haben. Im Sommer 2020 musste er alles dafür tun, das Geschäft am Laufen zu halten und Kurzarbeit bei seinen Mitarbeitenden zu vermeiden. Und jetzt – ein Jahr später – hat er gerade die grösste Akquisition seit der Geschäftsgründung vor 23 Jahren getätigt und zwei seiner grössten Konkurrenten übernommen. Er habe seine Vision für den Betrieb nie aus den Augen verloren, sagt der Unternehmer. Das sei das Wichtigste – auch für die Ziele mit der neuen Firmengruppe.

 

Christophe Hofmann: Inhaber und Gründer der ID Néon

Die Firma ID Néon aus Sévaz (FR) ist auf die Fertigung und Montage von Werbeträgern, Leuchtschriften, Signaletik und Tankstellen-Identifikation spezialisiert. Geschäftsführer und Inhaber Christophe Hofmann gründete die Firma 1998. Damals hatte er einen Werbekunden, den er allein betreute. Bald kamen weitere Kunden und Mitarbeitende dazu. Im Sommer 2021 hat ID Néon die beiden ebenfalls in der visuellen Werbung tätigen Schweizer Firmen Westiform und Nicklex übernommen. Das Unternehmen beschäftigt seither über 200 Mitarbeitende an verschiedenen Standorten in der Romandie und der Deutschschweiz.