Hans-Peter Gysel, Geschäftsleiter von shouldcosting GmbH, weiss wie dank der Digitalisierung Kosten in Unternehmen eingespart werden können. Schon durch einfache Datenanalysen lassen sich besonders in der Maschinenbau-Branche erhebliche Kosteneinsparungen erreichen. Wie die grosse Menge an generierten Daten genutzt werden kann erzählt er uns im Interview.
Interview mit Hans-Peter Gysel, Geschäftsleiter shouldcosting GbmH
Hans-Peter Gysel, wie hat sich die Maschinenbau-Branche hinsichtlich der Digitalisierung verändert?
Hans-Peter Gysel: Der Maschinenbau ändert sich nicht so rasant wie andere Branchen. Der Maschinenbau ist ein Industriebereich mit Tradition und eingespielten Prozessen. Entsprechend dauern Veränderungsprozesse etwas länger. Die Chancen der Digitalisierung sind indes immens.
Was können Unternehmer von Apple, Google, Facebook und Amazon lernen?
H-P. G.: Den «Wert der Unternehmensdaten». Maschinenbauer sitzen auf einem Goldschatz. Apple, Google, Facebook und Amazon sind die teuersten Unternehmen der Welt, stellen aber selbst fast keine Hardware her. Das primäre Gut dieser Konzerne sind Daten. Auch im Maschinenbau werden viele Daten generiert. Richtig genutzt, sind diese Gold wert.
Rund 60-80 % der Daten in Unternehmen sind produktbeschreibend. Was ist damit gemeint und wie können Unternehmer diese Daten besser nutzen?
H-P. G.: Maschinenbau kann sehr komplex sein. Komplexität muss verständlich gemacht werden – am besten durch Visualisierung und Beschreibung. Entsprechend werden alle Produkte meistens in einem 3D CAD System visualisiert und «beschrieben» – auch um die Fertigung der Artikel zu ermöglichen. Dadurch ist der Maschinenbau eine Branche, die viele Daten erzeugt, die direkt mit den Maschinen zu tun haben und somit produktbeschreibend sind. Diese Vielfalt an Daten nutzen viele Unternehmen zu wenig um tägliche, geschäftsrelevante Fragen, wie zum Beispiel Kosteneinsparungen in der Beschaffung, beantworten zu können. Dabei können die Daten schon heute innert Sekunden weiterhelfen.
«Richtig genutzt sind Daten Gold wert»
Hans-Peter Gysel, Geschäftsleiter Shouldcosting GmbH
Wie soll ein Unternehmer vorgehen, um überhaupt eine Übersicht über die eigenen Daten zu erhalten? Welche Schritte müssen danach gemacht werden, um diese Daten nutzbar zu machen?
H-P. G.: Die Übersicht über die eigenen Daten ist natürlich wichtig. Die Daten nutzbar zu machen ist mittels Data-Mining sehr einfach und innert kürzester Zeit realisierbar. Viel wichtiger ist es, die richtigen Fragen zu stellen! Fragen, die uns als Maschinenbauer schon immer interessiert haben – wir uns aber oft nicht trauen zu fragen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten auf Knopfdruck ähnliche Bauteile identifizieren um Doppelspurigkeiten und Kosten in der Produktentwicklung zu vermeiden. Es ist vielen Unternehmen nicht bewusst, dass solche Fragen heute auf Basis von Analytics und Machine Learning effektiv auf Knopfdruck beantwortet werden können. Weil Hintergrundwissen und eine gewisse Unbekümmertheit fehlt, werden solche Fragen schon gar nicht gestellt.
Können Sie ein quantifizierbares Beispiel nennen, wie Einkauf und Produktion dieses Datenwissen nutzen können?
H-P. G.: Zu wissen, wie viele ähnliche Bauteile zu ähnlichen Stückzahlen bei unterschiedlichen Lieferanten eingekauft wurden, ist für den Einkauf sehr wichtig. Der Einkauf kann ähnliche Bauteile und Baugruppen zusammenfassen und Lieferanten «Pakete» vergeben um bessere Einkaufspreise zu verhandeln. In der Produktentwicklung oder Produktion können Herstellungs– und Prozesskosten auf Knopfdruck berechnet werden. Dadurch kann in einem frühen Stadium der Produktentstehung sehr genau abgeschätzt werden, ob die Gewinnmarge für ein neues Produkt erreicht und ein Produkt gewinnbringend am Markt platziert werden kann. Analytics und Machine Learning schaffen ungemein schnell und effizient eine noch nie dagewesene Transparenz.
Wie können KMU ihre Mitarbeitenden für die neuen Technologien und insbesondere für eine saubere Datenablage motivieren und in den Veränderungsprozess einbeziehen? Wie können die Ängste vor Arbeitsplatzverlust genommen werden?
H-P. G.: Ich bin der Meinung, dass man Mitarbeitende vor allem mit kleinen Projekten motivieren kann. Die Mitarbeitenden sollen die Digitalisierung mitentdecken. Man muss mit den eigenen Augen sehen und mit den eigenen Sinnen erleben, was die Digitalisierung bietet. Damit kann man auch Ängste nehmen und das innere Feuer wecken. Wenn man mit den neuen Technologien neue Erfahrungen sammeln kann, ist das wunderbar.
Ängste vor Arbeitsplatzverlust sind meiner Meinung nach unbegründet. Weil die Geschichte uns zeigt, dass wir schon in den 50er-, 70er- und 90er-Jahren, als der Computer aufgekommen ist, immer Ängste gehabt haben. Die Digitalisierung bietet vor allem viele neue Möglichkeiten. Wenn man diese nutzt und offen ist für diese neue Möglichkeiten dann kann man sicher Ängste nehmen.
5 Tipps zur Umsetzung von Digitalisierungsprojekten in Unternehmen
- Den Wert der Daten erkennen! Starten Sie mit kleinen, datengetriebenen Projekten die den Wert der Daten sichtbar machen. Man muss das erlebt haben, um es bewerten zu können.
- Hinterfragen Sie die aktuelle Erfassung der Unternehmensdaten. Die Daten sollten anders gespeichert werden, damit das Gold – die Daten – in Echtzeit nutzbar sind.
- Fokussieren Sie nicht zu fest auf Software. Natürlich hilft Software ungemein, aber Software alleine löst keine Probleme. Es braucht zuerst eine Strategie – und dann die korrekte Software dazu.
- Freiräume schaffen! Wer zu fest in operativen Prozessen gefangen ist, kann nicht frei denken. Nehmen Sie sich mehr Zeit und versuchen Sie auch mal «quer» zu denken!
- Entwickeln Sie eine Vision für Ihre Daten!
Hans-Peter Gysel verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Kostenmanagement, Data Analytics, Predictive Analytics, Machine Learning und PLM. Als gelernter Mechaniker, langjähriger Ingenieur im Maschinenbau und ehemaliger PLM Berater hat er breite Kunden- und Projekterfahrung. Er ist Spezialist in verschiedenen CAD Anwendungen (Certified CATIA Professional, SolidWorks, Inventor, UG) sowie PDM- und PLM Systemen.