Innovation – Der Schweizer Schlüssel zum Erfolg. Erhalten Sie Einblick in vier KMU, wo innovatives Denken von A-Z gelebt wird und betrachten Sie deren Zauberformeln für langfristige Anerkennung am Markt.
1996 gegründet, 18 Mitarbeitende. Borema aus Schwarzenbach SG zählt zu den besten Anlagebauern im Land. Roland Tischer, Gründer und Chef, antwortet auf die Frage nach seiner Erfolgsformel: «Pro Anlage liefern wir etwas Einzigartiges mit grossem Kundennutzen, 0815 gibt es von uns nicht.» Bei herausforderungsvollen Kundenanfragen tut der 58-jährige Unternehmer, das was er immer tut: Er hinterfragt die Wünsche und Vorstellungen seiner Kunden – und denkt seinen Teil dazu.
Die Schweiz ist Weltmeisterin
Herausragend und erfolgreich gegen oftmals günstigere Konkurrenten aus Ausland antreten: Der Schlüssel heisst Innovation – eine der grossen Stärken im Land. Internationale Ranglisten wie der Global Innovation Index, der von der Cornell University in Zusammenarbeit mit der Kaderschmiede INSEAD und der Weltorganisation für geistiges Eigentum publiziert wird, führt die Schweiz auch 2016 an, zum sechsten Mal in Folge. Besonders viele Punkte gibt es für Indikatoren wie politische Stabilität, wissens- und technologiebasierte Produktion und in Bezug auf die Ausgereiftheit der Unternehmen.
Die Spitzenposition verdankt die Schweiz ihren Bildungs- und Forschungsinstitutionen, einigen grossen Konzernen und unzähligen KMU. Gemäss Bundesstatistik machen Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden 99 Prozent der Schweizer Firmen aus und stellen zwei Drittel der Arbeitsplätze. Und sie sind verglichen mit KMU in anderen europäischen Ländern um Längen innovativer. Zu diesem Schluss kommt auch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im Bericht «Forschung und Innovation in der Schweiz», der 2016 erstmals erschienen ist und fortan alle vier Jahre erscheinen soll.
Innovationskultur schaffen
Innovationen sind tragende Säulen helvetischen Wohlstands. Für Unternehmen sind sie der Lebensnerv, das Ticket zu den Märkten von morgen und ihr Wert für den Unternehmenserfolg kann kaum überschätzt werden. Doch wie entsteht Innovation, wie bleibt ein Unternehmen innovativ? Die Frage beschäftigt Heerscharen von Gelehrten und Beratern. Sie erarbeiten Modelle für Innovationsmanagement, Ansätze für systematische Innovationsprozesse und Ratschläge in grosser Zahl. Eine Patentlösung gibt es nicht. Unbestritten ist, dass es keine Innovation gibt ohne Unternehmenskultur, die Neues, Ungewöhnliches zulässt und Bewährtes hinterfragt. Einfacher gesagt, als getan. Die Vergangenheit lehrt, dass selbst gut gehende, stark positionierte und grosse Unternehmen Gefahr laufen, den Anschluss an die Zeit zu verpassen. Zu einem hohen Preis: Big Players wie Nixdorf Computers, Grundig, Brockhaus, Agfa, Kodak und Quelle hat der Markt weggefegt.
«Der Konkurrenz einen Schritt voraus sein», verrät Markus Glatz, Chef des traditionsreichen Frauenfelder Sonnenschirmfabrikanten Glatz, wie es ihm gelingt, den Familienbetrieb am Laufen zu halten. Der Flut von Billigware aus China und Osteuropa trotzt das KMU mit Spezialitäten wie integrierten Heizstrahlern, LED-Leuchten und Massanfertigungen, «das können nur wir». Um den Abstand zur agilen Konkurrenz zu wahren, erwartet er von seinen Tüftlern in regelmässigen Abständen eine Erfindung. Dabei ist ihm längst nicht alles recht: «Die entscheidende Frage bei Innovationsideen ist immer: Kundenbedürfnis ja oder nein?», sagt Glatz. Denn: Eine Idee kann noch so grandios sein, wird sie vom Markt nicht angenommen, ist sie für Unternehmer nichts wert. «Technologieverliebtheit statt Anwenderperspektive» nennt Oliver Gassmann denn auch als Hauptgrund dafür, dass neun von zehn Innovationen am Markt scheitern.
Zusammen geht Innovation besser
Als zukunftsweisend gilt die Entwicklung von Innovationen, wenn der Impuls dafür nicht vom Anbieter, sondern von den Nachfragern selbst kommt. Moritz Güttinger hat damit sein blaues Wunder erlebt: Der Umweltingenieur wollte eine Kaffeemaschine erfinden, die auf das Wesentliche reduziert ist und einen Espresso braut, wie ihn nur italienische Bars hinbekommen. Zusammen mit einem ETH-Maschineningenieur und zwei Designern entwickelte er die Zuriga, made in Zurich. Sie ist ein Kind ihrer Zeit – also auch des Internets: Über dieses läuft nicht nur der Vertrieb der Kaffeemaschine, auch das Startkapital von 30'000 Franken für die erste Serie hat Güttinger über eine Crowdfunding-Plattform gesammelt – und zwar innert weniger Stunden. «Damit war klar, dass eine Nachfrage dafür besteht», sagt er, derzeit vollends damit beschäftigt, die erste Serie für die Auslieferung fertigzustellen.
Güttinger weiss den Vertrauensvorschuss seiner Besteller zu schätzen und schafft einen intensiven Dialog zu seiner Crowd. Die Teilhabe seines Kundenstamms am Firmenprozess, bringe ihn, immer wieder auf neue Ideen. So ist er in Gedanken schon beim nächsten Projekt: der perfekten Kaffeemühle. Güttinger praktiziert im Kleinen, was Giganten wie Tchibo und Fiat mit grossem Erfolg pflegen: Die partnerschaftliche Entwicklung neuer Produkte. Es gehe darum, sich zu öffnen und etwas zu wagen.
Vertrieb revolutionieren
Lorenz Weber ist CEO von Steg Electronics geworden, als sein Internetunternehmen pcb den Elektronikhändler vor zwei Jahren akquiriert hat – zu einem günstigen Preis, in marodem Zustand. «Wir sahen Chancen», sagt Weber. So punktet er heute mit Erfolg bei seinen Konsumenten. Ein Online-Versandsystem, welches die Ware innert drei Stunden an den Konsumenten ausliefert? Mit Velo und Pizzakurieren, kein Problem. Steg Electronics ist 2016 zum Retailer des Jahres im Bereich Elektronik ausgezeichnet worden.