Abschaffung Eigenmietwert nimmt nächste Hürde

Februar 2019: Die Umsetzung für die geplante Abschaffung des Eigenmietwerts bekommt Konturen. Zweitwohnungen sollen von der Abschaffung ausgenommen werden, Abzüge für Unterhaltskosten und energieeffiziente Sanierungen sollen kantonal weiterhin möglich sein. Und junge Ersterwerber von Immobilien profitieren von einer Übergangslösung.

Stadt Bern

Der Eigenmietwert in der Schweiz wurde 1934 per Fiskalnotrecht als «Eidgenössische Krisenabgabe» eingeführt.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) macht vorwärts mit dem Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Sie schickt im März einen Vorentwurf zur Abschaffung des Eigenmietwerts in die Vernehmlassung. Alexandra Perina-Werz, Spezialistin in Gesundheits- und Sozialfragen sowie in der Wirtschafts- und Aussenpolitik, ordnet das Ganze im Interview. 

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Politexpertin Alexandra Perina-Werz im Interview

Interview: Pius Schärli

 

Sind Sie überrascht über den Inhalt der Medienmitteilung? 

Nein. Wir kennen aber den genauen Inhalt des Vorentwurfs noch nicht. Die WAK-S hat ihre Arbeiten abgeschlossen, die angeforderten Berichte der Steuerverwaltung analysiert und sie legt mit der Mitteilung Zeugnis davon ab, dass sie einen wichtigen Schritt in dieser Steuerreform weitergekommen ist. 

Welche Neuigkeiten beinhaltet der Vorentwurf der WAK-S?

Neu sind die fünf Varianten bei den Abzugsmöglichkeiten der privaten Schuldzinsen. Bei den Zweitliegenschaften hat die Kommission noch detaillierter erklärt, weshalb diese weiterhin mit dem Eigenmietwert besteuert werden sollen.

 

Warum sollen Zweitliegenschaften vom Systemwechsel ausgenommen werden?

Die Kommission hat von Beginn an vier Eckwerte definiert, welche die Reform berücksichtigen soll: 

  1. Erstens soll unter Berücksichtigung eines langfristigen Durchschnittszinses die Reform möglichst haushaltneutral wirken. 
  2. Zweitens sollen keine unzulässigen Disparitäten zwischen Mieterinnen und Mietern und Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern entstehen. 
  3. Drittens soll nach Massgabe der Verfassungsbestimmungen das Wohneigentum gefördert werden. 
  4. Der Grund, weshalb die Zweitliegenschaften ausgenommen werden sollen, ist rein fiskalischer Natur und sie nimmt Rücksicht auf die Gebirgskantone. Allgemein wollte die Kommission keine fiskalischen Anreize für die Attraktivität von Zweitwohnungen schaffen.

 

Die Reform und Abschaffung des Eigenmietwertes dürfte bei den Kantonen allgemein noch zu Diskussionen führen.

Ja, davon gehe ich auch aus. In der Medienmitteilung sind bereits gewissen Themen angeschnitten, welche die Kantone im Detail interessieren werden. Zum Beispiel nimmt die Kommission in Kauf, dass auf kantonaler Ebene die Energiespar- und Umweltabzüge weiterhin erlaubt sind und die Veranlagungsbehörde künftig prüfen muss, ob die geltend gemachten Abzüge nicht mehr abzugsfähige Liegenschaftsunterhaltskosten oder abzugsfähige Kosten für Energie- und Umweltschutzmassnahmen sind.

 

Schuldzinsen sollen weiterhin abzugsfähig sein. Ist dies nicht Wasser auf die Mühlen der Gegner einer Abschaffung?

Die Frage ist durchaus berechtigt. Die Kommission hat fünf Varianten vorgeschlagen, wobei die letzte vorsieht, dass keine Schuldzinsen mehr abgezogen werden können. Der Vernehmlassungsprozess wird nun zeigen, wie sich Kantone, Verbände und Parteien zu den Varianten äussern werden.

 

Ist es denkbar, dass diese Möglichkeit des Schuldzinsabzugs in der Vernehmlassung diskutiert und zur Streichung empfohlen wird?

Das ist denkbar. Entscheidend wird jetzt sein, wie sich die Kantone und die betreffenden Verbände dazu äussern werden. Sollte zu diesem Punkt grosse Kritik kommen, dann ist es durchaus denkbar, dass die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen ganz gestrichen wird und die Variante 5 durchkommt

 

Die Vorlage geht nun in die Vernehmlassung. Was heisst das konkret?

Das Vernehmlassungsverfahren dauert in der Regel drei Monate und dient dem Vorsondieren bei den Hauptakteuren, um die Mehrheitsfähigkeit einer Vorlage zu eruieren. Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse, Hauseigentümer- und Mieterverband, die Bundesratsparteien und nach Gesetz jeder Bürger können Stellung nehmen. 

  

Zur Person

Alexandra Perina-Werz

Alexandra Perina-Werz ist Fachreferentin Air2030 im Stab des Generalsekretariats des Eidgenössischen Departements VBS.

 

Perina-Werz gilt zudem als ausgewiesene Spezialistin in Gesundheits- und Sozialfragen sowie in der Wirtschafts- und Aussenpolitik. 

 

 
Eigenmietwert

Was ist der Eigenmietwert?

Beim Eigenmietwert (eigentlich: «Mietwert für selbstgenutzte Liegenschaften»), einem Begriff aus dem Schweizer Steuerrecht, werden Miet- oder Pachteinnahmen angenommen, die theoretisch erzielt würden, würde die Immobilie statt selbst bewohnt extern vermietet oder verpachtet. Diese angenommenen Einnahmen unterliegen der Einkommenssteuer. Gleichzeitig können im Gegenzug Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten für Wohneigentum von den Steuern in Abzug gebracht werden.

 

Der Eigenmietwert beträgt etwa 60% bis 70% des Betrages, den ein Mieter für das betroffene Wohnobjekt als Miete bezahlen müsste. Zusätzliche Informationen erhalten Sie beim Gemeindesteueramt der jeweiligen Liegenschaftsgemeinde.