

Wildbienen, die vergessenen Bestäuber
Die Meldungen vom Honigbienensterben weltweit schrecken immer wieder auf. Es drohen ernsthafte Bestäubungsengpässe, was wiederum fatale Auswirkungen auf Ernährung und Natur hat. Bei diesen Hiobsbotschaften geht oft vergessen, dass es auch noch einheimische Wildbienen gibt, welche Kultur- und Wildpflanzen bestäuben.
Honigbienen sind ein gigantischer Wirtschaftsfaktor und sie zählen zu den wichtigsten, kostenlos arbeitenden Arbeitskräften in der Landwirtschaft. Weltweit sorgen sie mit ihrer Bestäubungsleistung für eine Wertschöpfung von über 200 Milliarden Franken pro Jahr. Diesen Wert hat das Labor für theoretische und angewandte Wirtschaft des wissenschaftlichen Forschungszentrums CNRS im französischen Montpellier ermittelt. Ohne Bienen gäbe es nicht nur keinen Honig, auch Obst und Gemüse würden zu Luxusgütern. Denn die Tiere bestäuben rund 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen.
Auch Wildbienen sind gefährdet
Wenn es nicht gelingt, die Bienenbestände zu halten, und jeden Winter bis die Hälfte der Bienenvölker sterben, dann ist das Ende dieser äusserst nützlichen Insekten absehbar – mit nach Ansicht von Forschern fatalen Folgen für die Menschheit. Den Ernst der Lage beschreibt ein vermutlich nicht von Albert Einstein stammendes Zitat: „Nach dem Verschwinden der letzten Biene wird die Menschheit noch vier Jahre überleben.“ Bei diesen wenig erbaulichen Aussichten geht ganz vergessen, dass es nebst den Honigbienen in der Schweiz noch über 600 andere Bienenarten gibt.
Diese keinen Honig produzierenden, solitär lebenden Wildbienen sind für einen Grossteil der Bestäubung unserer Kultur- und Wildpflanzen verantwortlich. Weltweit gibt es über 17‘000 Wildbienenarten. Der Grossteil nistet im Boden, ein Teil in Hohlräumen, ein anderer in markhaltigen Stängeln, morschem Holz oder in verlassenen Schneckenhäusern. Aber auch die Wildbienen sind wegen Zersiedelung und Intensivierung der Landwirtschaft mehr und mehr gefährdet. Sie finden immer weniger geeignete Flächen für die Aufzucht ihrer Brut.
Wildbienen tun sich auch deshalb bei der Nahrungssuche immer schwerer, weil Trocken- und Magerwiesen seltener werden und damit auch die Blütenvielfalt abnimmt. Es wird überdies zu viel gedüngt und dabei zu viel Pestizide, Insektizide und Herbizide eingesetzt. Wildbienen finden auch immer weniger Nistmöglichkeiten, weil Hecken abgeholzt und natürliche Rückzugsräume dem Bauboom zum Opfer fallen. „Nicht zuletzt deshalb ist bereits die Hälfte aller Wildbienenarten in der Schweiz akut bedroht und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten der Schweiz“, weiss Claudio Sedivy. Zusammen mit seinem ETH-Kollegen Thomas Strobl hat er vor vier Jahren das Start-up-Unternehmen „Wildbiene + Partner“ in Zürich gegründet. Sie lassen seither in verschiedenen sozialen Werkstätten Holzkästen mit Dach produzieren. Die Nistkästen „BeeHome“ haben verschieden dicke Röhrchen aus Riesenschilf oder Holzstücke mit Löchern, in denen die Wildbienen ihren Nachwuchs aufziehen.
Entwicklungsstadien der Mauerbiene.
Friedfertige Insekten
Wildbienen sind übrigens überhaupt nicht aggressiv. Man kann sich dem Nest problemlos nähern und die Bienen aus nächster Nähe beobachten. Sie lassen sich auch nie von Essen oder Süssgetränken anlocken. Aus klimatischen Gründen ist eine erfolgreiche Ansiedlung von Wildbienen auf einer Höhe über 1300 Metern nicht möglich. Der ideale Standort für das Häuschen ist trocken und warm, wobei die Morgensonne von den Wildbienen am meisten geschätzt wird. Von Vorteil sind auch viele Blütenpflanzen wie Blausterne, Schwarz- und Weissdorn, Felsenbirne, alle möglichen Obstsorten, aber auch Raps oder Ahorn.
Die Wildbienenpatenschaft im Zyklus: Bienenhaus aufhängen, im Frühjahr die per Post zugeschickte Startpopulation im „BeeHome“ unterbringen, im Herbst Innenbox einschicken, diese wird gereinigt und im Frühjahr wieder retourniert.
So bestellen Sie Wildbienen
Mit den «BeeHomes» des Zürcher ETH-Spin-offs „Wildbiene + Partner AG“ können auch Sie sich aktiv für den Fortbestand der Wildbienen einsetzen und einen Beitrag für eine sichere und nachhaltige Bestäubung in der Schweiz leisten. Die kleinen Bienenhäuschen aus Holz befestigt man ganz einfach im Garten, auf dem Stadtbalkon oder dem Fenstersims. Die innovative Geschenkidee gibt’s mit einer Startpopulation von 25 Mauerbienenkokons ab 120 Franken online auf www.wildbieneundpartner.ch.
Weitere Infos |
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Wollen Sie mehr über Wildbienen wissen? Schauen Sie sich das Video „Wildbienen kommen in die Schule“ an, welches in Zusammenarbeit von Raiffeisen Schweiz und Wildbiene + Partner AG entstanden ist. Hier geht’s zum Film: Link |
Lehrreich auch: www.wildbieneundpartner.ch, www.wildbienen.info |
Autor |
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Pius Schärli |
Gehörnte Mauerbiene verschliesst mit Lehm Röhrchen aus Riesenschilf.