Was sind nachhaltige Finanzprodukte?

30. September 2021. Auch nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes bleibt der Klimawandel ein Topthema der Schweizer Politik. Doch zur Energiewende sind grosse Investitionen nötig. Die Studie «Sustainable Finance: Investitions- und Finanzierungsbedarf für eine klimaneutrale Schweiz bis 2050» von August 2021der Schweizerischen Bankvereinigung und der Boston Consulting Group beziffert den jährlichen Investitionsbedarf auf 13 Milliarden, damit die Schweizer Volkswirtschaft bis 2050 Netto-Null kompatibel ist. In den letzten Jahren haben sich nachhaltige Finanzprodukte zu einem neuen Standard in der Anlageberatung entwickelt. Welche Chancen bietet Green Finance für den Finanzplatz Schweiz? Und was genau ist ein nachhaltiges Finanzprodukt? Diese Fragen standen im Zentrum der Debatte «Green Finance» am 30. September 2021 im Raiffeisen Forum.

Im Jahr 2019 entschied sich die BKW Energie AG als erstes börsenkotiertes Unternehmen, Green Bonds herauszugeben. Auf der einen Seite sah die BKW die Chance, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten darzulegen und neue Investoren anzusprechen, erläuterte CFO Ronald Trächsel in seinem Inputreferat. Andererseits kamen Bedenken zum Reporting-Aufwand und zum Risiko für Greenwashing auf. Diese Bedenken konnten jedoch ausgeräumt werden, der erste Green Bond der BKW war ein durchschlagender Erfolg.

 

Doch wann gilt ein Finanzprodukt als nachhaltig? Laut Gerhard Andrey, Nationalrat (Grüne/FR) und Verwaltungsrat der Alternativen Bank Schweiz, muss ein solches Produkt eine nachhaltige Wirkung in der ganzen Kreislaufwirtschaft entfalten. Eine Vereinbarung dieser Produkte mit dem Pariser Klimaabkommen müsse eine Mindestbedingung sein. Lea Hungerbühler, Rechtsanwältin und Expertin für Finanzmarktrecht ergänzte, der Begriff «Sustainabilty» würde mehr enthalten als die «grüne» Dimension. Im Rahmen der Agenda 2030 sei die Schweiz verpflichtet, auch in anderen Bereichen – wie zum Beispiel Soziales – vorwärtszumachen. «Brandgefährlich» hingegen nannte Nationalrat Thomas Matter (SVP/ZH) eine vom Staat vorgegebene Definition von Nachhaltigkeit. Der Staat solle sich nicht in die Strategie des Finanzplatzes einmischen. «Wenn der Schweizer Finanzplatz eine weltweit führende Rolle in Sustainable Finance einnehmen soll, dann muss auch der Staat durch die Festlegung von Mindeststandards eine Rolle spielen», erwiderte Gerhard Andrey. 

Die Diskrepanz zwischen Politik und Finanzbranche sieht Lea Hungerbühler als Risiko für den Finanzplatz Schweiz: Wenn die Schweiz ihren Finanzplatz als «grün» verkaufe, diese Versprechen aber nicht einhalte, drohe eine Reputationsschaden. Vor allem kleinere Investoren hätten nicht genügend Ressourcen, um die tatsächliche nachhaltige Wirkung eines Produktes rechtzeitig zu überprüfen.

 

Nachhaltigkeit sei eine Chance für den Finanzplatz Schweiz, ist Gerhard Andrey überzeugt. Er kann dazu beitragen, bestehende Unternehmen in eine nachhaltige Zukunft zu überführen. «Sustainable Finance bietet das Potenzial für die Finanzbranche, sich neu zu erfinden». Nachhaltigkeit im Finanzsektor wird auch weiterhin für angeregte Diskussionen sorgen. Die Aufzeichnung der Debatte kann auf Youtube nachgeschaut werden.