«Aufhören ist schwieriger als anfangen»

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Irgendwann ist der Moment da: Ein Unternehmer geht in Pension, das Lebenswerk wird von anderen weitergeführt. «Aufhören ist schwieriger als anfangen», sagt H.P. Klötzli, 72. 

 

Loslassen – eine Kunst für sich 

Die Klötzli Messerschmiede in Burgdorf (BE) wird seit sechs Generationen von der Familie Klötzli geführt. Samuel und Nina sind die jungen Nachfolger, die langsam in den Betrieb hineinwachsen, während Vater H.P. Klötzli langsam übergibt. Wie sie gemeinsam ihr Familienunternehmen führen, erzählen sie im Video. 

Anina Torrado Lara: Herr Klötzli, warum ist es so schwierig aufzuhören?

Hans Peter Klötzli: Der Patron macht sich natürlich Sorgen um sein Lebenswerk. Wenn er aber überzeugt ist, dass der oder die Nachfolger es schaffen werden, dann fällt es leichter loszulassen.

 

A. T. L.: Was sind kritische Erfolgsfaktoren bei der Nachfolge?

H. P. K.: Nur zu oft werden Partnerschaften voller Hoffnung und zu blauäugig eingegangen. Unrealistische Zahlen und schwer einzuschätzende Bilanzen können das Bild trüben. Eine aussenstehende Drittperson aus der gleichen Branche mit Erfahrung kann da eine grosse Hilfe sein.

 

A. T. L.: Wie sieht der ideale Nachfolger aus?

H. P. K.: Jede Firma hat im Grunde genommen eine Struktur, die im Wesentlichen aus verschiedenen Abteilungen besteht: Geschäftsführung, Personal, Verkauf, Finanzen, Produktion, Qualitätskontrolle und PR/Werbung. In kleinen Betrieben sind all diese Funktionen oft eine One-Man-Show ‒ sprich man braucht einen Nachfolger, der von allem eine Ahnung hat.

 

A. T. L.: Wie organisieren Sie die Übergabe an Ihre beiden Kinder?

H. P. K.: Das Abgeben fällt leichter, wenn man den Betrieb schrittweise übergeben kann. Und ich finde, die Übergabe muss korrekt laufen. Wir haben die Funktionen und die zu erbringenden Resultate der einzelnen Abteilungen schriftlich und verständlich festgehalten. Samuel und Nina übernehmen die Abteilungen Schritt für Schritt und führen sie selbstständig. Meine Frau und ich reden nicht mehr drein, stehen unseren Kindern aber natürlich bei Fragen zur Seite.

 

A. T. L.: Was machen Ihre Nachfolger anders?

H. P. K.: Sie sind sensibel genug, um zu verstehen, dass es erfolgreiche Produkte, Aktionen und Tätigkeiten gab und gibt, die das Unternehmen in den gegenwärtigen Zustand gebracht haben. Schlauerweise wird Gutes und Bewährtes weitergeführt. Das, was nicht erfolgreich war, können die nächsten Generationen natürlich verändern, nachdem sie die Zahlen analysiert und sich ein klares Bild verschafft haben.

 

A. T. L.: Waren Sie mit allen Entscheiden einverstanden?

H. P. K.: Ich habe schon die Grösse zu verstehen, dass das, was meine Nachfolger machen, den heutigen Gegebenheiten entspricht. Schön ist es aber, wenn man als «abtretender Patron» sieht, dass nicht gleich alles auf den Kopf gestellt wird, was man sich jahrelang mit Schweiss und Herzblut aufgebaut hat. Bei mir ist das Vertrauen in meine Nachfolger so enorm gewachsen ‒ und der Seelenfrieden auch.

 

A. T. L.: Was machen Sie nach der Pension?

H. P. K.: Ich habe Respekt davor, dass ich plötzlich den «Sinn des Lebens» aus den Augen verliere, wenn ich keine Verantwortung mehr habe. Deshalb werde ich mir neue Ziele setzen und mich immer wieder antreiben, wie ich es jahrelang gemacht habe.

 

Video: Raisa Durandi