Nicola Spirig: Vorfreude auf Ferien ohne Velokoffer im Gepäck

Rund 25 Jahre lange zählte Nicola Spirig zu den besten Triathletinnen der Welt.  Vor kurzem hat sie ihre Profikarriere beendet. Das markiert eine Zäsur im Berufs- und Privatleben der dreifachen Mutter. Was sie vermissen wird, worauf sie sich freut und wie sich das auf Ihre Vorsorge auswirkt, verrät sie im Interview.

Sie haben beschlossen, Ihre Karriere als Profisportlerin zu beenden. Wie schwer ist Ihnen dieser Entscheid gefallen? 

Nicola Spirig: Es war ein langer Prozess. Über das Thema Rücktritt habe ich mir in den letzten zehn Jahren immer wieder Gedanken gemacht. Ich bin dreifache Mutter und wusste jeweils nicht im vornherein, wie mein Körper auf Schwangerschaft und Geburt reagieren wird oder ob ich danach überhaupt noch Lust auf Profisport habe.

Sie haben Ihre Karriere dann auch als Mutter erfolgreich weitergeführt – nun ist es trotzdem soweit, Sie hören auf. Wie geht es Ihnen mit diesem Entscheid?

Ich glaube, es ist der richtige Zeitpunkt dafür. Als Profisportlerin weiss man, dass man seinen Beruf nicht bis zur Pensionierung machen kann. Ich bin froh, dass ich den Zeitpunkt für den Rücktritt selber wählen konnte und nicht durch eine Verletzung dazu gezwungen wurde.

Mit welchen Hoffnungen und Ängsten blicken Sie der neuen Lebensphase entgegen?

Primär freue ich mich auf das, was kommt. Vermutlich werde ich gewisse Dinge vermissen – die grossen Herausforderungen und hoch gesteckten Ziele zum Beispiel. Aber der Sport hat mich gelehrt, positiv zu denken und auf das zu fokussieren, was ich beeinflussen kann. Und das ist nicht die Vergangenheit, sondern mein Leben nach der Profikarriere.

Haben Sie schon Pläne für dieses «neue» Leben?

Ich versuche bewusst, nicht schon jetzt jede freie Minute mit neuen Projekten zu füllen. Sport war ja nie mein einziger Lebensinhalt. Ich habe eine Familie, führe eine Stiftung und mache eine Veranstaltungsserie für Kinder. Dem will ich meine Zeit auch künftig widmen. Darüber hinaus wünsche ich mir ein bisschen Freiraum, um neue Dinge zu finden, die mich begeistern. 

«Ferien ohne 50 Kilo Trainingsgepäck und den Velokoffer stelle ich mir entspannter vor.»

Trotzdem: Gibt es etwas, worauf Sie sich besonders freuen?

Ja. Ich bin eine disziplinierte Person und denke, dass ich auch künftig nicht einfach «leere Tage» haben werde. Aber ich freue mich sehr, viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen, Ausflüge zu machen und nicht noch irgendwo ein Training reinquetschen zu müssen. Und Ferien ohne 50 Kilo Trainingsgepäck und den Velokoffer stelle ich mir auch entspannter vor.

Während Ihrer Karriere waren Sie Hauptverdienerin, Ihr Mann war für die Familienarbeit zuständig. Wird sich das nun ändern?

Das ist noch nicht entschieden. Wir wollen uns bewusst Zeit lassen, herauszufinden, welche Rollenverteilung zu uns und zur neuen Situation passt.

Ob man mit Arbeit Geld verdient oder unbezahlte Familienarbeit leistet, hat Auswirkungen auf die Vorsorgesituation. Wie ist das bei einer Profisportlerin konkret geregelt? 

Das ist nicht bei allen gleich – es gibt ja keinen offiziellen Beruf «Athletin». Manche führen eine Einzelfirma, ich habe nach meinem Olympiasieg eine GmbH gegründet. Das war für mich die richtige Entscheidung: Ich bin bei der GmbH angestellt und zahle ganz normal in AHV, Pensionskasse und 3. Säule ein.

«Ich bin ein sehr sicherheitsbewusster Mensch.»

Ist Ihnen diese Sicherheit wichtig?

Ja, ich bin ein sehr sicherheitsbewusster Mensch. Und ich war glücklicherweise schon relativ früh in der privilegierten Position, in die Vorsorge investieren zu können. Viele Profisportlerinnen und -sportler können sich das leider nicht leisten.

Erhalten Sportler genügend Unterstützung in Finanz- und Vorsorgefragen?

Ich denke mittlerweile schon. Swiss Olympic beispielweise ist diesbezüglich heute sicher aktiver als noch vor zehn Jahren. Ich habe damals insbesondere viel Unterstützung vom Verein und Veranstaltungspartnern erhalten. Zentral aber war meine Familie – nicht nur in finanziellen Fragen. 

Sondern?

Ich komme aus einer Lehrerfamilie. Für uns war eine solide Ausbildung immer schon sehr wichtig. Und zwar nicht nur als Alternative, falls es mit der Sportlerinnenkarriere nicht geklappt hätte, sondern auch für die Zeit nach einer erfolgreichen Karriere. Ich hatte das Glück, in einer Sportart erfolgreich zu sein, wo man nicht schon mit 16 Jahren zur Weltspitze gehören muss. Das hat mir Zeit gegeben für Gymi und Jus-Studium.

«Als Hauptverdienerin trägt man eine grosse Verantwortung.» 

Sie sind verheiratet, Mutter von drei Kindern, haben ein Haus... Hat diese Situation Ihr Sicherheitsbedürfnis beeinflusst? 

Bestimmt. Als Hauptverdienerin trägt man eine grosse Verantwortung. Für mich war beispielsweise immer wichtig, dass ich nicht auf den sportlichen Erfolg und Prämiengelder angewiesen bin, um den Lebensunterhalt meiner Familie bestreiten zu können, sondern dass mein Einkommen aus Sponsoring und Partnerschaften ausreicht. Denn als Sportlerin kann dich eine Verletzung jederzeit aus dem Rennen nehmen. Kommt hinzu: Der Druck, gewinnen zu müssen, um finanziell über die Runden zu kommen, wäre der sportlichen Leistung sicher im Weg gestanden.

Mit dem Rücktritt rückt auch die sportliche Leistung in den Hintergrund. Was bedeutet das für Finanzen und Vorsorge?

Es fällt eine wichtige Einnahmequelle weg. Natürlich bin ich durch Sponsoren und Partnerschaften, die weitergeführt werden, immer noch in der Lage, mir über die GmbH ein Einkommen auszubezahlen. Aber mir ist bewusst: Ich höre mit meinem Hauptberuf auf, ohne dass schon der nächste Job auf mich wartet. Das ist einerseits mit Unsicherheiten verbunden – aber andererseits auch wahnsinnig spannend.

«Entweder/oder» mit Nicola Spirig

 

Sicherheit oder Risiko? Sparen oder Anlegen? Konto oder Fonds? Wir haben Nicola Spirig vor die Wahl gestellt: Im Video entscheidet sich die Triathlon-Olympiasiegerin spontan zwischen Begriffspaaren aus der Finanzwelt.

Wie Sie mit Vorsorgeentscheidungen von heute Ihre Zukunft bestimmen

Portrait Nicole Spirig

Nicole Spirig

Triathletin

Nicola Spirig (Jahrgang 1982) zählt zu den besten Triathletinnen der Welt. Ihre Karriere krönte sie 2012 mit dem Olympiasieg in London. Vier Jahr später gewann sie in Rio de Janeiro die Silbermedaille. Insgesamt startete sie fünfmal an olympischen Spielen. Darüber hinaus gewann sie sieben Europameistertitel. Nicola Spirig ist verheiratet, hat drei Kinder, führt eine Stiftung zur Förderung eines aktiven Lebensstils von Kindern und gründete auch eine Veranstaltungsserie, die Kinder Freude an Sport und Bewegung vermitteln will.