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02.12.2025

Ausblick 2026: Schweizer Wirtschaft hebt nicht ab

  • Gegenwind für Industrie hält an: BIP-Wachstum für 2026 von 1,0 Prozent prognostiziert
  • Inflation weiter tief: Raiffeisen-Ökonomen rechnen mit moderatem Anstieg auf 0,5 Prozent
  • Leitzins unverändert bei 0,0 Prozent: Da kein Konjunktureinbruch oder Rückfall in die Deflation zu erwarten
  • Arbeitslosenrate verharrt unter 3,5 Prozent-Marke: Arbeitsmarktstabilisierung in Aussicht

St.Gallen, 2. Dezember 2025. Die Schweizer Konjunktur war im bisherigen Jahresverlauf von der US-Zollpolitik geprägt. Vorzieheffekte bei den Exporten zur Vermeidung höherer Zölle haben das Bruttoinlandprodukt (BIP) zu Jahresbeginn kräftig gestützt. Im dritten Quartal haben sich diese Effekte zwangsläufig umgekehrt und die Wirtschaft deutlich schrumpfen lassen. Insgesamt konnte das Exportvolumen seit Jahresbeginn aber weiter gesteigert werden. Die Zölle haben insofern noch keine tiefgreifenden negativen Auswirkungen hinterlassen. Dauerhafte Strafzölle von 39 Prozent hätten jedoch zwangsläufig zu gravierenden Folgen in den betroffenen Sektoren geführt. Mit der grundsätzlichen Verständigung über ein Handelsabkommen sowie dem Absenken des «reziproken» Zollsatzes auf 15 Prozent verfügt die Schweiz nun wieder über gleichlange Spiesse wie andere wichtige Handelspartnerländer und ein grösserer Schaden für die hiesige Wirtschaft kann abgewendet werden.

 

Gegenwind für Exportindustrie hält an

Die Beruhigung an der Zollfront bedeutet nicht, dass der Exportsektor sofort wieder durchstartet. Angesichts des hohen Volumens vorgezogener Exporte ist eine Aufholjagd nicht in Sicht. Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, betont: «Der Exportsektor ist weiterhin erheblichem Gegenwind ausgesetzt und auch US-Zölle in Höhe von 15 Prozent sind für die betroffenen Sektoren noch eine hohe Belastung.» Der Franken bleibt nach der kräftigen Aufwertung seit der Pandemie stark. Die Strompreise liegen im Vergleich zu anderen Industrieländern auf Spitzenniveau. China entwickelt sich zunehmend vom Wachstumsmarkt zum Konkurrenten und gleichzeitig kommt die europäische Nachfrage nach der jahrelangen Industrieflaute nur schleppend wieder in Gang.

 

Binnenkonjunktur bleibt Wachstumsstütze

Der Binnenmarkt zeigt sich weiterhin robust und bleibt eine verlässliche Wachstumsstütze für die Schweizer Wirtschaft. Der private Konsum profitiert von der Zuwanderung und dem deutlichen Anstieg der Reallöhne seit 2024. Vor allem in diesem Jahr führte der Rückgang der Inflation Richtung Null zu einem spürbaren Kaufkraftgewinn. Die zügig vorgenommenen Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nach der Preisberuhigung unterstützen die Nachfrage zusätzlich. Dies zeigt sich etwa in der Bauwirtschaft, welche die Talsohle durchschritten hat. Allerdings haben die positiven Impulse der Binnennachfrage für den Dienstleistungssektor mit dem Auslaufen der Pandemieerholung nachgelassen. Auch das Reallohnplus dürfte im nächsten Jahr geringer ausfallen, da die Lohnerhöhungen weniger stark ausfallen werden als noch im laufenden Jahr. Trotz einer rückläufigen Zuwanderung dürfte der Konsum weiterwachsen, jedoch ohne grosse Sprünge.

Der inländische Preisdruck dürfte in diesem Umfeld moderat bleiben. Ein nennenswertes Deflationsrisiko sehen die Raiffeisen-Ökonomen trotz schwächerer aber weiterhin robuster Binnennachfrage nicht. Ohne einen erneuten Aufwertungsschub beim Franken dürfte auch die importierte Deflation im kommenden Jahr auslaufen.  Für 2026 wird insgesamt ein leichter Anstieg der Jahresinflationsrate von +0,2 Prozent auf +0,5 Prozent erwartet. Damit zeigt die Preisentwicklung in die von der SNB gewünschte Richtung. «Entsprechend gering ist der Handlungsbedarf der Nationalbank, den Leitzins weiter zu senken, zumal die Hürde für eine Rückkehr zu Negativzinsen ihren eigenen Aussagen zufolge viel höher liegt als für Zinssenkungen im positiven Bereich. Wir gehen deshalb bis Ende des nächsten Jahres von einem unveränderten Leitzins von 0,0 Prozent aus», erklärt Fredy Hasenmaile.

 

Arbeitsmarkt hat das Schlimmste überstanden

Trotz der vielfältigen Widrigkeiten für den Welthandel zeigt sich die globale Konjunktur widerstandsfähig. Die Arbeitslosenraten bleiben in den meisten Ländern tief oder moderat. Die Schweiz hingegen weist im internationalen Vergleich einen stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit auf. Seit fast drei Jahren steigt die Quote langsam, aber kontinuierlich an. Die Arbeitslosenrate ist dabei nahezu so stark wie im Zuge der Finanzkrise 2008 angestiegen, hat mit saisonbereinigt 3,0 Prozent allerdings noch kein alarmierendes Niveau erreicht.

Die anhaltende Abkühlung am Arbeitsmarkt ist nach Einschätzung der Raiffeisen-Ökonomen keine Nebenwirkung der US-Zölle, sondern hauptsächlich eine Folge der jahrelangen europäischen Industrieflaute. Der seit längerem anhaltende Gegenwind hält die Auslastung vieler Industriebetriebe niedrig. Mit der Zeit wurde ein Personalabbau daher unvermeidlich. Über längere Zeit konnte eine solide Nachfrage nach Arbeitskräften im Dienstleistungssektor den Rückgang der Industriebeschäftigung mehr als kompensieren. Während in den staatsnahen Dienstleistungsbranchen der Beschäftigungsaufbau anhält, ist die Nachfrage in den konjunktursensitiveren Dienstleistungssektoren mittlerweile ebenfalls deutlich zurückgegangen.

Die Raiffeisen-Ökonomen sehen nach der vorläufigen Einigung im Zollstreit gute Chancen, dass sich der Abbau von Industriearbeitsplätzen nicht weiter beschleunigt. Vielmehr ist zu erwarten, dass sich die Industrienachfrage stabilisiert und der Stellenabbau im nächsten Jahr schrittweise zurückgeht. Auch die Beschäftigungsnachfrage im Dienstleistungssektor sollte dadurch nicht stärker in Mitleidenschaft gezogen werden. Zwar könnte sich der Anstieg der Arbeitslosigkeit kurzfristig fortsetzen, im Verlauf des nächsten Jahres dürfte er jedoch nachlassen und schliesslich auslaufen. «Die Arbeitslosenrate in der Schweiz wird voraussichtlich auf einem Niveau von unter 3,5 Prozent verbleiben. Die Arbeitsplatzsicherheit dürfte dadurch noch etwas weiter erodieren, allerdings nicht so stark, um den Konsum wesentlich zu beeinträchtigen», so Hasenmaile.