Privatvermögen schafft finanziellen Handlungsspielraum

Die Altersvorsorge sichern, private Investitionen ermöglichen und die Nachfolgeplanung erleichtern: Deshalb ist Privatvermögen und eine optimale Liquiditätsplanung für Unternehmer so wichtig. Sie verringern damit zudem die Vermögensrisiken, die aus unerwarteten Krisen entstehen.

Unternehmer vergibt Renditechancen

Viele Unternehmer haben einen grossen Teil ihres Geldes in die eigene Firma investiert. Das liegt in der Natur des «Unternehmertums» und ist vor allem in der Startphase, bei Wachstumsschritten oder strategischen Veränderungen oft unabdingbar. Doch etliche Firmenchefs belassen die Mittel auch dann noch im Unternehmen, wenn regelmässig Gewinne anfallen und ausreichend Kapital vorhanden ist. Eine solch einseitige Ausrichtung ist selten optimal: «Der Unternehmer vergibt damit Renditechancen und nimmt Risiken wie eine ungenügende Altersvorsorge oder geringe finanzielle Flexibilität im Privaten auf sich», erklärt Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer von Raiffeisen Schweiz. Im Extremfall – bei Insolvenz der eigenen Firma – drohen hohe Verluste.

Geschäfts- und Privatvermögen trennen

Damit ein solches Szenario nicht eintritt, empfiehlt sich eine ganzheitliche Vermögensstrategie. Diese trägt sowohl den privaten als auch den unternehmerischen Bedürfnissen Rechnung. Voraussetzung dafür ist, dass Geschäfts- und Privatvermögen sauber getrennt und im Privatvermögen ausreichend Mittel vorhanden sind. Unternehmer sollten deshalb schon frühzeitig damit beginnen, betrieblich nicht notwendiges Geld ins Privatvermögen zu überführen. So legt man die Basis für den privaten Vermögensaufbau und sorgt für die Zukunft vor – für sich und für sein Unternehmen:

  • Kapital für die Altersvorsorge aufbauen
    In einer ganzheitlichen Vermögensstrategie kommt der Altersvorsorge eine hohe Bedeutung zu. Um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten, sollte ausreichend Kapital in der privaten Vorsorge angespart werden. «Je früher damit begonnen wird, desto besser», rät Raiffeisen-Chief-Investment-Officer Geissbühler. So können die Vorsorgegelder mit langfristigem Horizont angelegt werden, was die Renditechancen deutlich erhöht. 
  • Finanziellen Handlungsspielraum vergrössern 
    Ein bedürfnisgerecht strukturiertes Privatvermögen vergrössert den individuellen Handlungsspielraum und schafft Flexibilität, bei Bedarf zum Beispiel beim Kauf eines Hauses oder zur Finanzierung der Ausbildung der Kinder – rascher zu reagieren. Es ermöglicht zudem, privat langfristig von den Renditechancen am Anlagemarkt zu profitieren.
  • Unternehmen auf die Nachfolge vorbereiten
    Wer betrieblich nicht notwendige Mittel kontinuierlich aus dem Unternehmen nimmt, profitiert bei der Nachfolgeregelung von zwei bedeutenden Vorteilen: Einerseits verkürzt sich durch die Mittelentnahme die Firmenbilanz. Das Unternehmen wird «leichter», was den Substanzwert vermindert. Der tiefere Verkaufspreis erleichtert sowohl die Übergabe innerhalb der Familie als auch einen allfälligen Verkauf an Dritte. Andererseits verfügt der Unternehmer über mehr Mittel im Privatvermögen. Dies vergrössert seinen Spielraum zur Abgeltung derjenigen Kinder, die nicht ins Unternehmen einsteigen wollen oder können. Privatvermögen und Altersvorsorge reduzieren zudem die Bedeutung des Verkaufserlöses für den abtretenden Unternehmer.

Achtung: Vorsorge nicht vergessen

Dem Unternehmer stehen für seine private Altersvorsorge verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Kadervorsorgepläne in der 2. Säule
    Massgeschneiderte Kadervorsorgepläne in der betrieblichen Pensionskasse erhöhen die Sparbeiträge und schaffen Potential für steuerbegünstigte Einkäufe. Voraussetzung dafür ist, dass das eigene Unternehmen die Form einer Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft oder GmbH) hat.
  • Freiwillige Vorsorge im Rahmen der 3. Säule
    Unternehmer sind gut beraten, den maximal möglichen Betrag in die steuerprivilegierte gebundene Säule 3a einzuzahlen. Vorsorgefondslösungen ermöglichen es einerseits, Steuern zu sparen und andererseits von den Renditechancen des Finanzmarkts zu profitieren.

Betriebliche Liquiditätsplanung steht am Anfang

Wichtiges Element einer ganzheitlichen Vermögensstrategie bildet die Liquiditäts- und Kapitalplanung des Unternehmens. Aus ihr lässt sich ableiten, wie viel Liquidität kurz-, mittel und langfristig betrieblich nicht unmittelbar benötigt wird und damit potenziell ins Privatvermögen überführt werden kann. Dabei empfiehlt es sich, Sicherheitspolster einzubauen. So lässt sich vermeiden, dass einmal entnommene Mittel zur Deckung von Liquiditätsengpässen kurzfristig wieder ins Unternehmen eingeschossen werden müssen.

Die Entnahme von Mitteln aus dem Unternehmen geschieht in der Regel über die Lohnzahlung oder die Ausschüttung von Gewinnen – zumeist in Form von Dividenden. Möglich ist aber auch die Privatentnahme von Liegenschaften, Fahrzeugen oder Bargeld. So oder so gilt es Sicherheitspolster einzubauen. Damit wird vermieden, dass einmal entnommene Mittel wieder ins Unternehmen eingeschossen werden müssen – beispielsweise zur Deckung von Liquiditätsengpässen in einer Krisensituation.

Die Corona-Situation hat deutlich gemacht, dass Liquiditätsengpässe innerhalb weniger Tage und Wochen eintreten und selbst für finanziell gesunde Unternehmen zur Belastung werden können. Klar ist: Mit einer guten Liquiditätsdecke werden Durststrecken besser überwunden. Selbstredend lassen sich die negativen Auswirkungen einer Krisensituation wie bei der Coronavirus-Pandemie aber nicht vollends abwenden. Auch können für solche Extremereignisse nur bedingt Vorbereitungen getroffen werden. Wer sich aber mitten in der Krise erst den Überblick verschaffen muss, ist verunsichert und verliert kostbare Zeit. Eine sorgfältige Liquiditätsplanung – die sowohl die unternehmerische wie auch die private Seite beinhaltet – hilft vor, mitten und nach einer Krise, Engpässe frühzeitig zu erkennen und entsprechend vorsorgliche Massnahmen einzuleiten.

Zudem stellen sich im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Covid-Notkrediten weitere Fragen. Die Rückführung der Bundeskredite bringt für Unternehmerinnen und Unternehmer finanzielle Einschränkungen, die sich auch auf die private Finanzplanung auswirken. Während der Amortisation der Covid-Kredite sind zum Beispiel keine Dividendenzahlungen möglich. Dies kann die private Vermögenssituation des Unternehmers unmittelbar und signifikant tangieren. 

 

Achtung: Gut zu wissen

Bei der Entnahme von Mitteln aus dem Unternehmen können sowohl für die Firma als auch für den Eigentümer Steuern und Sozialversicherungsabgaben anfallen. Weil auch die Rechtsform des Unternehmens eine wichtige Rolle spielt, ist der Beizug von Experten bei der Detailplanung ratsam.

Diversifikation reduziert «Klumpenrisiko»

Es lohnt sich, das Privatvermögen so zu gestalten, dass es einen Ausgleich zum Unternehmen schafft. Dies reduziert die aus dem Geschäftsgang des Unternehmens entstehenden Risiken auf das Gesamtvermögen. Um eine gute Diversifikation zu erreichen, sollten die privaten Anlagen als grobe Faustregel mindestens 50 Prozent des Gesamtvermögens ausmachen und zudem möglichst wenig mit dem Vermögensbestandteil Unternehmen korrelieren.

Anzustrebende-Vermögensverteilung

«Dabei ist zu beachten, dass das eigene Unternehmen von den Charakteristika her einer Aktienanlage entspricht», erklärt Anlageexperte Matthias Geissbühler. Dieses «Klumpenrisiko» gilt es bestmöglich zu diversifizieren. «Neben Aktien gehören für einen Unternehmer in ein breit diversifiziertes Portfolio deshalb auch Obligationen, Immobilien und etwas Gold», rät Geissbühler.

Wichtig bei der Strukturierung des Privatvermögens sind zudem die individuellen Liquiditätsbedürfnisse des Unternehmers und seiner Familie. Denn die Beteiligung am eigenen Unternehmen ist in der Regel wenig liquide. Ein ausreichend hoher Anteil liquider Mittel inklusive Sicherheitsmarge verhindert, dass für grössere Anschaffungen oder bei unvorhergesehenen Ereignissen Geldanlagen zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkauft werden müssen. Wie wichtig solche Liquiditätsreserven sein könnten, zeigt exemplarisch die Corona-Situation.

Persönliche Beratung

Raiffeisen unterstützt Unternehmer sowohl in ihren geschäftlichen Belangen als auch bei der Gestaltung der privaten Finanzangelegenheiten. Mit Ihrem persönlichen Berater erarbeiten Sie eine ganzheitliche Finanz- resp. Liquiditätsplanung,
die auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt ist, und setzen diese gemeinsam um.

 

 

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