Mediation – die lösungsorientierte Alternative zum Gerichtsweg

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Erfahren Sie mehr über Sinn, Zweck und Ablauf einer Mediation im Interview mit den Mediatoren Christian Rehefeldt und Patrick Wolf vom Raiffeisen Fachzentrum Erbschaftsberatung und von der externen Netzwerkpartnerin Daniela Sieber. 

 

Mediation – die Meinung unserer Expertin und Experten

Warum ergänzt Raiffeisen ihre Dienstleistungspalette mit der Mediation?

Christian Rehefeldt: «Sowohl in der Willensvollstreckung als auch in der Nachlassplanung stellen wir immer öfter fest, dass in den Familien teils unterschwellig, teils offenkundig Unstimmigkeiten bis hin zu akzentuierten Konflikten bestehen. Diese verunmöglichen eine einvernehmliche Teilung und Weitergabe des Erbschaftsvermögens, was für die betroffenen Familien äusserst belastend ist. Bis anhin konnten wir vom Fachzentrum Erbschaftsberatung solchen Kunden keine befriedigende Lösung anbieten. Der langwierige manchmal auch gerichtliche Weg mit Beizug von Anwälten war die einzige Alternative, um einen Abschluss herbeizuführen. Dieser Weg ist teuer und bringt bekanntlich nur Verlierer. Jetzt haben wir eine Alternative!»

 

Was versteht man unter einem Konflikt? Meinungsverschiedenheiten gibt es fast immer, wenn es ums Erben geht.

Daniela Sieber: «Bei einem Konflikt geht es nicht nur um Meinungsverschiedenheiten. In Konflikten beharren die Beteiligten häufig auf ihren Positionen, stecken fest und engagieren sich meist sehr emotional. Konflikte haben die Tendenz zu eskalieren und alle Familienangehörigen zu lähmen: Notwendige Entscheidungen können nicht gefällt und Diskussionen nicht geführt werden. Beim Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Ansichten kommt es zu keiner Lösung, weil sich die Beteiligten zudem nicht verstehen. Sie kommunizieren auf verschiedenen Ebenen und erleben Situationen anders. Wir Menschen sind alle unterschiedlich geprägt und aufgewachsen, weshalb wir Geschehnisse anders wahrnehmen und bewerten. Selbst innerhalb der Familie gilt: Die Bewertung ist entscheidend für den weiteren Verlauf.»

 

In welchen Situationen ist Mediation die richtige Wahl?

Christian Rehefeldt: «Ziel der Mediation ist: Konflikte einvernehmlich und nachhaltig zu lösen. Diese Art der Konfliktlösung ist insbesondere dann richtig, wenn die Parteien weiterhin Berührungspunkte im Leben haben, sehr viele Emotionen im Spiel sind oder die Beteiligten die Lösung gemeinsam bestimmen wollen. Eine Mediation kann auch dann Sinn machen, wenn sich die Parteien nicht weiter begegnen.» 

 

Ein Gericht löst den Streit, indem es das geltende Recht anwendet. Ist das nicht der objektivste und fairste Weg? 

Patrick Wolf: «Es gibt sicherlich Fälle, bei denen sich am Ende der Rechtsweg als einzig mögliche Variante abzeichnet. Sehr häufig belastet ein Gerichtsweg jedoch die Beziehung der Beteiligten dauerhaft, was sich dann in Form von neuen Konflikten zeigt. Oder aber der vom Gericht gefällte Entscheid ist zwar rechtskonform, die Beteiligten empfinden ihn aber nicht als gerecht. Recht und Gerechtigkeit sind zweierlei! Unser Lieblingsbeispiel ist jenes der Orange: Zwei streiten sich um eine Orange. Der Richter würde sie hälftig teilen und sagen, DAS ist gerecht. Der Mediator fragt, wofür brauchen Sie die Orange? Und findet heraus, dass der eine Saft machen will und der andere die Schale zum Kuchenbacken braucht. Also einigen sich die Beteiligten interessenbasiert auf die beste Lösung.»

 

Welchen Mehrwert bringt die Mediation? 

Christian Rehefeldt: «Die beteiligten Familienmitglieder erarbeiten jeweils für ihre individuelle Situation die bestmögliche Lösung; und sie tun dies gemeinsam. Da sie die Lösung selbst gestalten, können sie hinter dem Ergebnis stehen, was dieses nachhaltiger macht. Zudem lernt man, miteinander zu reden. Dies ist ein wesentlicher Punkt. Sollten in Zukunft erneut Unstimmigkeiten auftreten, wissen die Beteiligten, wie sie aufeinander zugehen und diese lösen können. Dass Konflikte schwer auf den Schultern wiegen, wird häufig erst realisiert, wenn der Konflikt gelöst ist: Man fühlt sich frei und hat wieder Kapazität für andere wichtige Dinge im Leben. Sich mit einem Konflikt zu befassen, statt diesen einfach an einen Anwalt zu delegieren, ist zwar im Moment anstrengend, am Ende gibt es dafür aber nur Gewinner. Die Beteiligten begegnen sich auf Augenhöhe – insbesondere beim Erben ein entscheidender Punkt. In den seltensten Fällen geht es dabei um die Sache. Vielmehr werden die «Liebeskarten» verteilt: Wer wurde in einem Familienkonstrukt bevorzugt behandelt?»

 

Wie hoch ist die Erfolgsquote bei zerstrittenen Erbengemeinschaften, dass doch noch gemeinsam ein gütlicher und konsensualer Weg gefunden werden kann? 

Daniela Sieber: «Die Erfolgsquote bei zerstrittenen Erbengemeinschaften liegt bei über 80 Prozent; sie ist wie auch in anderen Bereichen sehr hoch. Voraussetzung ist, dass die Beteiligten wirklich einen einvernehmlichen Lösungsweg gehen wollen. Sie müssen willig und in der Lage sein, konstruktiv mitzuwirken. Ebenfalls erforderlich sind eine transparente Kommunikation und eine gewisse Ergebnisoffenheit. Da der Leidensdruck meist so gross ist, werden diese Voraussetzungen in der Regel erfüllt.»

 

Raiffeisen bietet Mediation für Erbengemeinschaften

Raiffeisen ist es ein Anliegen, Familien in dieser anspruchsvollen Phase vor oder nach einem Todesfall zu begleiten und dabei behilflich zu sein, dass ein über Jahrzehnte aufgebautes stimmiges Familienverhältnis nicht aufgrund eines traurigen Ereignisses dauerhaft zerstört wird. Wir möchten dazu beitragen, dass eine Erbteilung nicht zum Albtraum wird. Ganz im Gegenteil: Mit unserer Hilfe sollen die Parteien einen Konsens finden, der für jeden Einzelnen einen Gewinn bedeutet. Unsere Erbschaftsberater bieten in Zusammenarbeit mit sorgfältig ausgewählten Netzwerkpartnern die Erbschaftsmediation an. 

 

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