«Nachhaltiges Anlegen ist investieren, nicht spekulieren»

Zukunftsgerichtetes Handeln ist wichtiger denn je. Das gilt ganz besonders für Unternehmer und Anleger. Denn Nachhaltigkeit ist zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor geworden, erklärt Erol Bilecen, Experte für Nachhaltige Anlagen bei Raiffeisen im Interview.

Interview mit Erol Bilecen, Experte nachhaltige Anlagen Raiffeisen Schweiz

Herr Bilecen, wieso ist nachhaltig investieren besonders für Unternehmer interessant?

E. B.: Unternehmer denken bereits wie nachhaltige Investoren: Sie wissen, dass sich der sorgsame Umgang mit Ressourcen wie Energie und Wasser im eigenen Geldbeutel bemerkbar macht. Und wie wichtig es ist, den Puls ihrer Kunden zu spüren, verlässliche Lieferantenbeziehungen zu haben und sich gut um Mitarbeitende zu kümmern. Für nachhaltiges Anlegen gibt es im Grunde drei Motive. Erstens: Es besteht kein systematischer Renditenachteil, sondern, zweitens: ein Risikovorteil. Nachhaltige Anlagen sind tendenziell weniger risikobehaftet – das hat sich jüngst auch gerade wieder in der Corona-Krise gezeigt. Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien belegt beide Effekte aber vor allem für die längere Vergangenheit. Der dritte Grund ist der offensichtlichste: Ein gutes Gewissen. Mit nachhaltigen Anlagen investiert man entsprechend seiner persönlichen Werte und Überzeugungen.

Worin unterscheiden sich nachhaltige von konventionellen Anlagen?

Vor allem darin, was nicht drin ist: Etwa Unternehmen aus der Ölindustrie oder dem Bereich geächteter Waffen. Bei beiden Ansätzen wählt man jene Wertpapiere aus, die finanziell besonders attraktiv erscheinen. Während das bei konventionellen Anlagen genügt, klopft man bei nachhaltigen weiter ab. Nutzt das Unternehmen den Einfluss sozialer und ökologischer Entwicklungen zu seinem Vorteil? Das Prinzip lautet: möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial.

Nachhaltige Anlagen bringen weniger Risiken mit sich 

Im turbulenten ersten Halbjahr 2020 schnitt der nachhaltige MSCI World Sustainability Index (SRI) um 4 Prozent besser ab als der konventionelle Index MSCI World.

Grafik Nachhaltige Anlagen bringen weniger Risiken mit sich

Quelle: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office, Stand: 30.06.2020

Indexierte Wertentwicklung (01.01.2015 = CHF 100) 

Wie gehen Sie bei der Auswahl vor?

Nachhaltiges Anlegen unterscheidet sich vom Ziel her nicht vom konventionellen Anlegen: Bei beiden Ansätzen wählt man jene Wertpapiere aus, die finanziell besonders attraktiv erscheinen. Während dies bei konventionellen Anlagen oft bereits genügt, klopft man bei nachhaltigen weiter ab. Wir fragen uns: Welches Unternehmen macht sich Gedanken über zukünftige Entwicklungen – insbesondere soziale und ökologische –, die wieder auf das Unternehmen zurückwirken? Das Prinzip lautet: möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial. Denn nachhaltiges Anlegen ist investieren, nicht spekulieren.

Noch fehlen die Standards. Auf was sollten Anleger achten?

Sie sollten sich die Anbieter von nachhaltigen Anlagen genau anschauen. Wichtig ist, dass diese das Know-how haben und schon lange in diesem Bereich unterwegs sind. Zudem müssen sie darlegen, wie sie bei der Auswahl vorgehen. Ein Qualitätskriterium bietet hier das Europäische Transparenzlogo für Nachhaltigkeitsfonds. Zentral sind eine «bissige» Nachhaltigkeitsanalyse und eine echte Selektion: Raiffeisen stuft nur rund 40 Prozent der Unternehmen als nachhaltig ein. Es braucht Mut, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

«Möglichst wenig Ärger, möglichst viel Potenzial.»

Im März 2021 tritt der EU-Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum in Kraft. Wird sich dadurch auch in der Schweiz etwas verändern?

Der Plan hat einen Leuchtturmcharakter, dessen Sogwirkung sich auch die Schweiz nicht entziehen kann. Gerade die sogenannte Taxonomie, eine Systematik mit die Nachhaltigkeit von Unternehmen bestimmt werden kann, könnte sich zum globalen Exportschlager entwickeln. Diese befindet sich aber noch im Aufbau. Was allerdings schon sehr bald in die Schweiz «herüberschwappen» dürfte, ist, dass künftig alle Banken ihre Kunden bei der Eröffnung eines Depots fragen werden, ob sie nachhaltig investieren wollen. Das ist heute vollkommen unüblich, wird bei Raiffeisen allerdings schon seit sieben Jahren gemacht.

Was ist der nächste Schritt, wenn jemand nachhaltig anlegen möchte?

Am besten man lotet gemeinsam mit seinem Kundenberater aus, welche Anlagen den eigenen Werten entsprechen. Die Analyse von finanziellen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft bleibt aber weiterhin wichtig. Deren Ergebnis ist eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige Anlagestrategie. 

Haben Sie zum Schluss noch einen konkreten Tipp für Anleger?

Wichtig ist vor allem eines: Nachhaltigkeit ist auch – oder gerade – beim Anlegen ein Marathon, kein Sprint. Um ein altes Sprichwort zu zitieren: Geduld bringt Rosen.

Erol Bilecen, Experte Nachhaltige Anlagen Raiffeisen Schweiz
Publikation «Nachhaltiges Anlegen»

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Raiffeisen Futura Label

Das Raiffeisen Futura Label zeichnet Anlagen aus, die der Nachhaltigkeit verpflichtet sind. Die vollständige Unabhängigkeit von Rating (lnrate) und Asset Management (Vontobel) stellt das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und Rendite sicher: Anleger können Erhalt und Mehrung ihres Kapitals mit ökologischen und sozialen Aspekten verbinden.

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Alle neun Futura-Fonds werden aktiv verwaltet. Dabei sind auch Vorsorge- und Sparplan-Lösungen möglich, um über einen längeren Zeitraum systematisch Vermögen aufzubauen. Wer die Anlageentscheidungen an die Expertinnen und Experten von Raiffeisen delegieren möchte, kann das mit dem Futura-Vermögensverwaltungsmandat.