

Anlageklasse im Fokus: Obligationen
Anleger haben sich scheinbar an negative Zinsen gewöhnt. Dabei widerspricht dieser Umstand eigentlich der Kapitalmarkttheorie und stellt vieles auf den Kopf.
Sicherheit kostet – Schweizer Staatsanleihen zahlen schon lange keinen Zins mehr
TINA bleibt uns wohl noch eine Weile erhalten. Das Akronym steht für: There is no alternative. Es bezieht sich auch auf die fehlenden Anlagealternativen bei festverzinslichen Investitionen. Weil aus dem risikolosen Zinssatz das zinslose Risiko geworden ist, zahlt, wer sein Geld sicher anlegen will. Das ist zwar schon seit Jahren so, ist aber ebenso lange schon eine Herausforderung für Anleger. Die Negativzinsen sind der Preis der Sicherheit. Gemäss den jüngsten Zentralbankentscheiden dürfte die Situation unattraktiver Zinsen noch eine Weile anhalten. Dass die norwegische Zentralbank unlängst den Leitzins von 0.00% auf 0.25% angehoben hat und die US-Fed wohl noch in diesem Jahr mit dem Tapering beginnen wird, deutet zwar einen Richtungswechsel an, attraktiv werden die Anleihen aus Renditesicht deshalb trotzdem nicht.
Zwar bescherten sinkende Zinsen den Besitzern von Anleihen noch lange schöne Renditen, da das immer tiefer tendierende Zinsniveau sich in einem höheren Wert des Investments spiegelte. Im negativen Bereich angekommen, scheint der Spielraum jedoch ausgeschöpft. Im Gegenteil, sie bergen Risiken. Sollten die Zinsen dereinst wieder steigen, verlieren Anleihen an Wert. Und das geht nicht spurlos an der Gesellschaft vorbei, denn via Pensionskasse, Altersvorsorge oder aufgrund eines niedrigeren Risikoappetits im Portfolio ist die breite Bevölkerung wohl stärker davon betroffen, als sie ahnt.
Wie stark der Markt festverzinslicher Anlagen gestört ist, zeigt die längerfristige Zinsentwicklung. Für 5-jährige Obligationen der Eidgenossenschaft reduzierte sich die Rendite seit der Finanzkrise von deutlich positiv in den negativen Bereich. Seit Ende 2014 wirft die genannte Anleihe keinen Ertrag mehr ab. Dass es sich dabei keineswegs um ein Schweizer Problem handelt, zeigt der Blick über die Grenze. Zwar lagen die Schweizer Zinsen in der Vergangenheit immer unter den internationalen Sätzen, allerdings begannen sie sich ab 2005 einander anzunähern.
Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office
Einen anderen Blickwinkel auf die Zinsen, der die Verzerrung des Marktes zeigt, eröffnet die US-Notenbank Fed. Obwohl der Leitzins in einer Bandbreite zwischen 0.00% und 0.25% eingefroren scheint, gehen die Währungshüter davon aus, dass der langfristig faire Wert bei 2.5o% liegen sollte. Auch wenn die Zinswende wohl nicht unmittelbar bevorsteht, halten wir aufgrund des unattraktiven Risiko-Rendite-Profils an unserem Untergewicht in Obligationen fest.
Publikation «Anlageguide»