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Wie werden die Kosten gerecht auf die Eigentümer verteilt?

Klar ist: Die Kosten für Ihre eigene Einheit tragen Sie selber. Die Frage der gerechten Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten hingegen ist ein Dauerbrenner. Hitzige Debatten entstehen etwa dann, wenn nicht alle Mitglieder der Gemeinschaft den gleichen Lebensstandard pflegen oder wenn sie in unterschiedlichen Familiensituationen leben.

Beobachter Edition

Beobachter Edition

Dieser Ratgeber wurde zur Online-Publikation an Raiffeisen lizenziert.

Verteilungsbeispiel 
Beispiel 1
– Franz und Meret R.
Franz und Meret R., ein Rentnerehepaar, bewohnen die Attikawohnung in einer Stockwerkeigentumsliegenschaft mit drei Parteien. Unter ihnen wohnen Familien, die eine mit zwei, die andere mit drei Kindern. Die R.s stören sich daran, dass sie mit ihrer Wertquote von 3901000 den Löwenanteil des Wasserverbrauchs bezahlen. Die beiden Familien verbrauchen doch viel mehr Wasser als sie. «Schon möglich», kontern die Bewohner im Parterre. «Dafür benutzen wir den Lift nie.»

Grundsätzlich sind die gemeinschaftlichen Kosten entsprechend den Wertquoten auf die einzelnen Eigentümer zu verteilen (Art. 712h ZGB). Das Gesetz sieht nur drei Ausnahmen vor:

 

  • Nützt ein gemeinschaftlicher Teil einem Stockwerkeigentümer nicht oder nur in ganz geringem Mass, ist dies bei der Beitragsregelung zu berücksichtigen.
  • Will sich eine Eigentümerin an einer luxuriösen baulichen Massnahme nicht beteiligen, ist sie dafür auch nicht beitragspflichtig. Dasselbe gilt bei nützlichen baulichen Massnahmen, wenn diese in einem Missverhältnis zum Wert ihres Anteils stehen.
  • Hat ein Eigentümer eine überdurchschnittlich aufwendig eingerichtete Wohnung, muss er, gemessen an seiner Wertquote, einen grösseren Beitrag an die Versicherungsprämien für die Liegenschaft leisten.

Die einfache gesetzliche Lösung ist im Alltag durchaus zweckmässig: Der eine braucht mehr Wasser, der andere benutzt den Lift häufiger und die dritte besteht auf üppigen Blumenbeeten – da einen gerechten Verteilerschlüssel zu finden, der auch über eine gewisse Zeit Bestand hat, wäre äusserst schwierig.

 

Tipp

Möchten Sie in Ihrer Gemeinschaft für bestimmte Kosten einen anderen Verteiler anwenden, ist das möglich. Sinnvoll kann dies zum Beispiel sein, wenn in einem Wohnhaus auch ein Geschäftsbetrieb liegt, der massiv mehr Wasser verbraucht als die Wohnungen.

 

Die laufenden gemeinsamen Kosten werden in der Regel über ein gemeinschaftliches Konto beglichen, auf das die Mitglieder jährlich oder halbjährlich Vorschüsse einzahlen. Diese Pflicht ist entweder im Reglement verankert oder die Stockwerkeigentümerversammlung fasst jedes Jahr einen Beschluss. Am Ende des Rechnungsjahrs wird dann der Kostenanteil pro Eigentümer ermittelt und mit den Vorschüssen verrechnet.

Stellt sich unter dem Jahr heraus, dass zu wenig Geld vorhanden ist, um die fälligen Rechnungen zu zahlen, müssen die Stockwerkeigentümer entsprechend ihrer Wertquote (sofern sie den Verteilschlüssel nicht abgeändert haben) sofort Nachzahlungen leisten. 

Gut zu wissen

Nicht zwingend, aber wichtig: der Erneuerungsfonds

Die jährlichen Kosten für den Unterhalt einer Liegenschaft betragen laut einer Studie der ETH Zürich rund 1,3 Prozent des Gebäudeversicherungswerts. Ungefähr in dieser Höhe sollten sich die Vorschüsse aller Eigentümer also bewegen.

 

Was, wenn einer der Eigentümer seinen Beitrag nicht zahlt? Dann kann die Eigentümergemeinschaft ihn betreiben und wenn nötig gegen ihn klagen. In der Regel übernimmt dies der Verwalter oder – wenn keiner bestellt ist – eine von der Gemeinschaft bevollmächtigte Stockwerkeigentümerin.

 

Das Gesetz schreibt den Erneuerungsfonds nicht vor, sinnvoll ist er aber allemal. Müssten kostspielige Renovationen – zum Beispiel der Austausch der Heizungsanlage – direkt über das Konto für die laufenden Kosten finanziert werden, wäre dies eine hohe Belastung für alle Beteiligten. Das über mehrere Jahre im Erneuerungsfonds angesparte finanzielle Polster verhindert, dass notwendige Arbeiten verzögert werden, weil einzelnen Parteien die Mittel dazu fehlen.

Der Erneuerungsfonds ist für kostspielige Projekte gedacht, beispielsweise für die Sanierung der gesamten Fassade. Muss bloss die Haustür neu gestrichen werden, gehört diese Auslage eindeutig nicht dazu. Es lohnt sich, den Fonds wirklich für die grossen Brocken zu reservieren, sonst fehlen am Tag X unter Umständen die Mittel für eine dringende Renovation.

Dass eine Gemeinschaft einen Erneuerungsfonds hat und wie viel jährlich einzuzahlen ist, steht meist im Reglement. Ist dort nichts anderes festgehalten, zahlen alle Eigentümer anteilig nach Wertquoten. Der Schweizer Stockwerkeigentümerverband empfiehlt eine jährliche Einlage von mindestens 0,4 Prozent des Gebäudeversicherungswerts. Gerade in älteren Liegenschaften sind höhere Beiträge ratsam.

Das im Erneuerungsfonds enthaltene Kapital gehört zum Vermögen der Gemeinschaft. Verkaufen Sie Ihre Einheit, können Sie sich deshalb Ihren Anteil am Fonds nicht auszahlen lassen. Er geht auf den neuen Eigentümer über, sollte aber im Kaufvertrag separat aufgeführt werden – wegen der Grundstückgewinnsteuern, die auf dem Kaufpreis basieren.

Beobachter-Ratgeber für Mitglieder

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