• Rechtliche Wohnthemen
  • Wohnen

Darf der das? Rechte und Pflichten im Nachbarschaftsstreit

Grillqualm, Katzenkot im Rosenbeet, Nachbarkinder am sorgfältig gepflegten Biotop, ein neuer Bau auf dem Grundstück nebenan – als Ursache für einen handfesten Nachbarschaftsstreit kann jede Facette des Alltags dienen. Nicht selten kommt es dabei auch zu Haftungsfragen. Wie wehren Sie sich so, dass Sie auch danach noch Garten an Garten leben können? Wenn Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen, finden Sie die beste Lösung.

Beobachter Edition

Beobachter Edition

Dieser Ratgeber wurde zur Online-Publikation an Raiffeisen lizenziert.

Beispiele für einen Nachbarschaftsstreit 
Beispiel 1
– Max L. & Frau B.
Kaum werden die Tage etwas wärmer, steht Max L. Abend für Abend im Garten und grilliert: Würste, Gigot, Hühnchen, Entrecote ... Seine Nachbarin, Frau B., wehrt sich gegen die ständige Qualmerei, findet aber bei Herrn L. kein Verständnis. Grillieren in seinem Garten, das kann ihm niemand verbieten. Nach längerem Hin und Her beschliessen die beiden, eine Mediatorin aufzusuchen – und finden schliesslich mit ihrer Hilfe einen Kompromiss.
Beispiel 2
– Herr G.
Seit das neue Einfamilienhaus auf dem Nachbargrundstück steht, fühlt sich Familie G. davon fast «erdrückt». Auf der Gemeindekanzlei erfährt Herr G., dass im kantonalen Baureglement ein Grenzabstand von vier Metern vorgeschrieben ist. Mit Grundbuchplan und Messband macht er sich an die Überprüfung. Tatsächlich beträgt der Abstand nur etwa 3,5 Meter. Herr G. beschliesst, eine auf Baurecht spezialisierte Anwältin zu konsultieren. 

Für einige Konflikte unter Nachbarn gibt es klare Regeln, zum Beispiel in den Bauordnungen von Kanton und Gemeinde. In den meisten Kantonen kennt man zwei Abstandsvorschriften: Der Gebäudeabstand umschreibt, welche Distanz zwischen zwei Gebäuden einzuhalten ist. Der Grenzabstand bestimmt, wie nahe Ihre Nachbarin an die Grenze bauen darf. 

Gegen zu kleine Abstände sollten Sie sich bereits im Baubewilligungsverfahren zur Wehr setzen. Wenn Ihr Nachbar das neue Haus bereits gebaut hat, können Sie nur in Ausnahmefällen verlangen, dass er es wieder abbricht. Meist kann der Nachbar dann ein Näherbaurecht verlangen. Dafür muss er Sie aber entschädigen – mit Geld oder mit einem Stück Land. 

Gut zu wissen

Näherbaurecht

Mit dem Näherbaurecht räumt ein Grundeigentümer dem Nachbarn das Recht ein, näher an die Grundstücksgrenze zu bauen, als es gesetzlich zulässig wäre.

 

Meist schliessen die Grundeigentümer dazu einen öffentlich beurkundeten Dienstbarkeitsvertrag ab und lassen das Näherbaurecht im Grundbuch eintragen. So bleibt es auch erhalten, wenn das Grundstück verkauft wird.

Streitpunkt Grill

Andere Streitpunkte, etwa der «Duft» vom Grill, sind weniger klar geregelt. In solchen Fällen gehen die Gerichte vom «Durchschnittsmenschen» aus: Gefragt wird, ob sich eine Mehrheit in dieser Situation ebenfalls gestört fühlen würde. Ein solcher Konflikt lässt sich nur schwer auf dem Rechtsweg lösen und ist zudem auch nach der rechtlichen Klärung meist nicht ausgestanden – man lebt ja weiterhin Zaun an Zaun.

Tipp: Die Faustregel für gute Nachbarschaft lautet: Vermeiden Sie das, was Sie selber beim Nachbarn auch stören würde. Und lassen Sie auch mal fünf gerade sein, vor allem bei vorübergehenden Immissionen, etwa bei einem Grillfest im Nachbargarten. Kommt es doch zum Konflikt, gilt: Je früher Sie das Gespräch suchen, desto ruhiger und offener werden Sie das Thema besprechen können. Zuwarten, bis Ihnen der Kragen platzt, empfiehlt sich nicht. 

 

Haftungsfragen im Garten

Wenn auf Ihrem Grundstück jemand zu Schaden kommt, haften Sie als Eigentümer oder Eigentümerin, wenn Sie nicht genügend Vorkehrungen getroffen haben, um den Schaden abzuwenden. Das gilt für den Winterdienst auf dem Weg vor dem Haus genauso wie für das Biotop hinter dem Haus. 

Auf Ihrem Grundstück sind Sie selber für den Winterdienst zuständig. Sie müssen dafür sorgen, dass vereiste Wege mit Split oder Salz gestreut werden und dass keine grossen Eiszapfen oder Schneemassen vom Dach fallen können. Verletzt sich jemand bei einem Sturz auf Ihrem mangelhaft geräumten Weg, haften Sie als Eigentümer oder Eigentümerin für den Schaden. Das kann schnell teuer werdenIst ein Dritter (Hauswart, Reinigungsunternehmen) fürs Schneeschaufeln zuständig, ist es ratsam, die Aufgaben genau zu umschreiben, damit im Streitfall klar ist, ob der Winterdienst korrekt ausgeführt wurde. 

 

Feuchtbiotope und Gartenweiher bilden eine Gefahrenquelle für kleine Kinder. Befindet sich im Nachbargarten ein Biotop, können Sie als Eltern vom Nachbarn Schutzmassnahmen verlangen. Denn der Grundeigentümer ist verpflichtet, bauliche Vorkehrungen zu treffen, damit Kleinkinder nicht zu Schaden kommen können. Tut er dies nicht und passiert ein Unfall, ist er haftbar, im schlimmsten Fall droht gar ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung. 

Gut zu wissen

Spielplatz

Auch bei Spielplätzen ist der Eigentümer des Grundstücks für die Sicherheit zuständig. Ist ein Unfall auf einen sicherheitstechnischen Mangel zurückzuführen, haftet er. Das gilt auch für Sie, wenn in Ihrem Garten zum Beispiel ein grosses Trampolin steht und Nachbarkinder ungehindert Zugang haben. Auch ein Schild «Keine Haftung bei Unfällen» hilft nichts. Besser ist es, das Grundstück einzuzäunen oder das Trampolin bei Nichtgebrauch abzudecken. 

Beobachter-Ratgeber für Mitglieder

Ähnliche Beiträge finden