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01.07.2025

Schweizer Wirtschaft: Moderates Wachstum – nur noch in die Breite

  • Schwache Konjunktur im 2. Halbjahr 2025: Höhere Zölle, Unsicherheit und fehlende Nachfrage belasten das Wachstum
  • Verhaltenes Wachstum auch für 2026 erwartet: Die Schweizer Wirtschaft wächst auch im vierten Jahr in Folge nur noch in die Breite
  • Eine Analyse der Raiffeisen zeigt: Wichtige Wachstumsmotoren sind Regionen wie Zürich, die West- und die Zentralschweiz, die bevölkerungsunabhängig wachsen

St.Gallen, 1. Juli 2025. Während das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) im ersten Quartal von Vorzieheffekten im Aussenhandel profitieren konnte, sind die Exporte in die USA im April und Mai spürbar eingebrochen. Denn in der Handelsbeziehung mit den USA, dem zweitwichtigsten Handelspartner der Schweiz, bestehen weiterhin erhebliche Risiken, die für anhaltende Unsicherheit bei den Exportunternehmen sorgen. Die Verhandlungen verlaufen schleppend und US-Zölle auf die bislang verschonte Pharmabranche sind jederzeit möglich. «Auch wenn Präsident Trumps Rundumschlag bei den Zöllen weniger gravierend ausfallen sollte als befürchtet, lähmt die Ungewissheit die Industrie und die Konjunktur verliert im zweiten Halbjahr auch deswegen an Schwung», sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Für 2025 rechnen die Ökonomen von Raiffeisen insgesamt mit einem BIP-Wachstum von 1,1 Prozent und 1,0 Prozent im Jahr 2026. «Die Rückkehr zum Potenzialwachstum von rund 1,5 Prozent verzögert sich damit weiter», so Hasenmaile.

 

Binnenkonjunktur zeigt erste Schwächesignale

Der Binnenmarkt bleibt ein zentraler Stabilitätsanker der Schweizer Wirtschaft. Die Haushalte profitieren aufgrund des niedrigen Inflationsdrucks von spürbaren Realeinkommenszuwächsen, was die Konsumdynamik stabil hält. Gleichzeitig stützt das Tiefzinsumfeld die Binnenkonjunktur. So haben die Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank bereits zu einer Belebung der Bauwirtschaft geführt. Doch im Dienstleistungssektor trübt sich der Ausblick vermehrt ein: Die Investitionsbereitschaft lässt nach, Unternehmen sind bei Neueinstellungen zunehmend vorsichtiger, und die Arbeitslosigkeit steigt kontinuierlich an. «Noch halten sich die gegenläufigen Effekte in der Schweizer Wirtschaft die Waage», sagt Fredy Hasenmaile und ergänzt: «Bisher hat die schlechte Lage in der Industrie den Dienstleistungssektor kaum in Mitleidenschaft gezogen. Doch auch der bislang robuste Binnenmarkt könnte im weiteren Jahresverlauf auf die Probe gestellt werden.»

 

Wachstum in die Breite setzt sich fort

Trotz anhaltender Unsicherheiten wächst die Schweizer Wirtschaft getragen von der robusten Binnenwirtschaft weiter. Gleichzeitig stagniert der Wohlstand pro Kopf: Bereits in den Jahren 2023 und 2024 ist das BIP pro Kopf leicht gesunken. Auch 2025 und 2026 bleibt das Wachstum unter dem Potenzial. Damit verbleibt die Schweiz in einer Phase, in welcher die Wirtschaft primär in die Breite wächst – sprich nur noch mit dem Bevölkerungswachstum Schritt hält. Die Ökonomen von Raiffeisen haben diese Entwicklung vertieft analysiert, sowohl aus Branchen- als auch regionaler Perspektive. Die Analyse zeigt: Auch strukturelle Faktoren spielen fürs Wirtschaftswachstum eine zentrale Rolle.

 

Schweizer Wachstum der letzten Dekade überwiegend demografiegetrieben

Gemäss Analyse ist nicht nur das Ausmass des Wachstums entscheidend, sondern auch wo und in welchen Branchen dieses stattfindet. Unterschieden wird zwischen demografiegetriebenem Wachstum – etwa im Gesundheitswesen oder Detailhandel – und autonomem, bevölkerungsunabhängigem Wachstum, das unter anderem in der Industrie und wissensintensiven Dienstleistungen (z.B. IT und Forschung & Entwicklung) stattfindet. Während ersteres mit der Bevölkerung wächst, ist letzteres zentral für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Zwischen 2012 und 2022 entfielen 76 Prozent des Beschäftigungswachstums auf demografiegetriebene Branchen. Diese wuchsen mit durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr sogar stärker als die Bevölkerung. Der autonome Sektor – also Branchen, die sich unabhängig vom Bevölkerungswachstum entwickeln – legte hingegen nur um 0,8 Prozent jährlich zu. Besonders stark war das Wachstum im Gesundheits- und Sozialwesen, während die Industriebeschäftigung (ohne Pharma und Chemie) leicht rückläufig war.

 

Zürich, grosse Teile der Westschweiz und die Zentralschweiz sind Wachstumsmotoren

Die Analyse zeigt auch: Während der autonome Sektor in vielen Regionen stagniert oder teils sogar schrumpft, entwickelt er sich in anderen deutlich positiver. Die Stadt Zürich trug über 40 Prozent zum autonomen Wachstum bei, vor allem dank Dienstleistungen aus den Sektoren der IT und Unternehmensberatung. Die Zentralschweiz und auch Regionen in der Westschweiz wie Nyon, Rolle–Saint-Prex oder Renens–Ecublens wachsen dynamisch und trotzen der Deindustrialisierung. Die Raiffeisen Ökonomen identifizieren vier Typen von Regionen in der Schweiz: Wachstumsmotoren, Aufsteiger, Absteiger und Supportregionen. Die vertiefte Analyse nach Branchen und Regionen ermöglicht es die Treiber für qualitatives Wirtschaftswachstum zu identifizieren und liefert damit Impulse für ein breiter abgestütztes, innovationsgetriebenes Wachstum der Schweizer Wirtschaft, welches auch weniger abhängig von einzelnen Schlüsselbranchen wie der Pharmaindustrie ist. In Zeiten hoher globaler Unsicherheiten lohnt es sich umso mehr in ein diversifiziertes Wachstum zu investieren.