Alles Gold, was glänzt? – Gute Aussichten für das Edelmetall

Die Börsen sind mit starken Avancen ins neue Jahr gestartet. Bereits nach vier Handelswochen sind sämtliche Anlageklassen deutlich gestiegen. Allerdings sind die weiteren Aussichten durchzogen und die Geldpolitik bleibt unverändert restriktiv. Damit dürfte die Volatilität an den Märkten auch in den kommenden Monaten erhöht bleiben. In einem solchen Umfeld sollte Gold weiterhin glänzen.

Gold bringt Stabilität ins Portfolio und ist ein guter Diversifikator

Wie ein Fels in der Brandung: Gold hat seine Funktion als Inflations- und Krisenschutz im desaströsen Anlagejahr 2022 erfüllt. In Schweizer Franken gerechnet konnte das Edelmetall um ein knappes Prozent an Wert zulegen. Es gehörte damit zu den wenigen Vermögenswerten, welche das Jahr im positiven Bereich beenden konnten. Selbst die stark gestiegenen Zinsen sowie der sehr robuste US-Dollar – beides bedeutet Gegenwind für Edelmetalle – brachten die Kurse nicht ins Wanken. Damit kamen die Diversifikationseigenschaften voll zum Tragen. Im Portfoliokontext ist Gold aufgrund der tiefen (oder gar leicht negativen) Korrelationen zu den übrigen Hauptanlageklassen generell eine interessante Beimischung.

10-Jahres-Korrelation zwischen Gold und Schweizer Aktien (SPI), Schweizer Obligationen (SBI) sowie Schweizer Immobilien (SWIIT)

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Die Schmuckindustrie ist der grösste Goldkäufer

Gold gehört zu den ältesten Vermögenswerten und wird seit jeher als wertvoll und begehrenswert eingestuft. Wie Grabfunde in Mesopotamien belegen, wurde Gold bereits 4600 v. Chr. verarbeitet. Etwa 2500 Jahre später wurde in Ägypten professioneller Bergbau betrieben. Für die Pharaonen war das gelbe Edelmetall Symbol für Macht, Prestige und Unsterblichkeit. Um etwa 1100 v. Chr. soll dann in China Gold bereits als Zahlungsmittel eingesetzt worden sein. Als solches wurde das gelbe Edelmetall in der Folge immer öfter in Form von geprägten Münzen verwendet. Nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 begann die Suche nach Eldorado, einem sagenumwobenen Reich, welches über unerschöpfliche Goldquellen zu verfügen versprach. 1848 schliesslich brach der grosse Goldrausch in Nordamerika aus. Wer in die damalige Zeit eintauchen will, dem sei der Roman «L'Or» von Blaise Cendrars empfohlen. Protagonist ist der Schweizer Auswanderer Johann August Suter, auf dessen Land in Kalifornien zu dieser Zeit Gold gefunden wurde.

Das gelbe Edelmetall spielte auch im modernen Geldsystem lange eine sehr bedeutende Rolle. Um 1880 begann sich weltweit der Goldstandard durchzusetzen. Die Währung bestand entweder direkt aus Goldmünzen oder es konnten Banknoten herausgegeben werden, deren Gegenwert mit physischem Gold hinterlegt werden musste und jederzeit in solches umgetauscht werden konnte. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde der Goldstandard faktisch ausgesetzt und später durch das Bretton-Woods-System ersetzt. Dieses wurde 1973 abgeschafft, womit Gold seine Bedeutung im Währungssystem vollends einbüsste.

Aufteilung der globalen Goldnachfrage im Jahr 2021 nach Segmenten

Quellen: World Gold Council, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Heute stammt die globale Goldnachfrage vor allem von der Schmuckverarbeitung, Investoren (Münzen, Barren, ETF), den Zentralbanken und der Industrie. 2021 wurden insgesamt 4’021 Tonnen Gold gehandelt. Während die Nachfrage aus der Schmuckindustrie langfristig betrachtet relativ konstant wächst, schwankt jene der Anleger umso stärker. Je nach Marktsituation gibt es grosse Käufe oder massive Rückgaben in Gold-ETF. Bedeutende Käufer sind auch die Notenbanken. Im dritten und vierten Quartal 2022 landeten jeweils Rekordsummen von über 400 Tonnen in deren Tresoren. Infolge des Ukraine-Krieges und der Sanktionen gegen Russland, welche unter anderem zu einem De-facto-Ausschluss Russlands aus dem Dollar-Zahlungssystem SWIFT führte, haben einige Zentralbanken (insbesondere aus Schwellenländern) begonnen, ihre US-Dollar-Reserven in Gold umzutauschen. Hält dieser Trend an, so dürfte die Nachfrage nach Gold auch im laufenden Jahr hoch bleiben. 

Das Goldangebot ist im Gegensatz zur Geldmenge limitiert

Gold kann als Edelmetall aber auch als «Währung» betrachtet werden. Aus letzterer Perspektive spricht vieles dafür, dass sich Gold gegenüber den Fiat-Währungen kontinuierlich aufwerten sollte. Der Blick auf das Angebot spricht für sich: Die globale Fördermenge wächst pro Jahr um knapp 3%. Zudem sind die Goldreserven limitiert. Die grössten Goldförderländer sind China, Russland, Australien, Kanada und die USA. Wenn wir uns die Entwicklung der Geldmengen anschauen, stellen wir den frappanten Unterschied fest. Banknoten können de facto unlimitiert und somit inflationär gedruckt werden. Die Knappheit spricht klar für Gold. 

Goldminenproduktionswachstum vs. Geldmengenwachstum in den USA, indexiert

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Bei Investitionen in Gold wird oft die Nachhaltigkeitsfrage gestellt. Wie nachhaltig Gold effektiv ist, daran scheiden sich allerdings die Geister. Einerseits werden bei der Förderung grosse Mengen Energie und Chemikalien verbraucht. Auch die Verarbeitung und der Schmelzprozess sind energieintensiv. Hinzu kommt die Frage, unter welchen Bedingungen (Kinderarbeit, Arbeiterschutz etc.) Gold gefördert wird. Auf der anderen Seite gehört ein Goldbarren oder eine Goldmünze, die einmal verarbeitet wurden, zu den wohl nachhaltigsten Anlagen überhaupt. Die CO2-Bilanz über die gesamte Lebensdauer ist kaum zu schlagen. Bei Raiffeisen bieten wir mit dem ETF Solid Gold Responsibly Sourced & Traceable eine gute Alternative an, bei der die nachhaltige Förderung im Fokus steht.

Aktuell bewegen wir uns in einem stagflationären Umfeld. Historisch gehört Gold in einer solchen Konjunkturphase zu den Gewinnern. Vieles spricht dafür, dass dies auch im laufenden Jahr der Fall sein wird. Es ist zwar nicht alles Gold, was glänzt. Für etwas Glanz im Portfolio dürfte das Edelmetall aber auch 2023 sorgen. 

Der CIO erklärt: Was heisst das für Anleger?

Was für ein Jahresstart! Bereits nach vier Handelswochen sind sämtliche Anlageklassen deutlich gestiegen. Die erfreuliche Entwicklung hat zwei Hauptgründe: Das Ende der Null-Covid-Strategie in China und das Ausbleiben einer Energiemangellage in Europa haben für eine Stimmungsaufhellung gesorgt. Allerdings sind die weiteren Aussichten durchzogen. Die Geldpolitik bleibt unverändert restriktiv – weitere Zinserhöhungen werden folgen. Das Inflationsgespenst hat zwar etwas an Schrecken verloren, die Kernraten halten sich aber hartnäckig hoch.

Gleichzeitig nimmt die Wirtschaftsdynamik ab und die Rezessionsrisiken bleiben erhöht. Konjunkturell befinden wir uns momentan in einem stagflationären Umfeld. In einem solchen gehört Gold historisch zu den Gewinnern. Einiges spricht dafür, dass die Unze im Verlauf des Jahres wieder in Richtung der alten Höchststände von 2’070 US-Dollar klettern könnte. Wir empfehlen das Edelmetall weiterhin als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio. Unser taktisches Gewicht liegt derzeit bei 7%.     

Matthias Geissbühler, CIO Raiffeisen Schweiz