Aprilwetter an der Börse

03.05.2024

Aprilwetter an der Börse

Finanz Ecke Mai 24

Die positive Stimmung der Investoren wurde im April durch die Eskalation des Nahost-Konflikts, eine nachlassende Wirtschaftsdynamik und gemischte Signale von Unternehmen getrübt. Aber es gab auch Lichtblicke.

Gold wurde seinem Ruf als sicherer Hafen im April einmal mehr gerecht. Viele Investoren erhöhten ihre Allokation im gelben Edelmetall aufgrund der Eskalation im Nahost-Konflikt, die im direkten Angriff des Iran auf Israel gipfelte. In diesem Umfeld setzte Gold zu einer Rekordjagd an und kletterte von einem Allzeithoch zum Nächsten. Trotz anhaltender geopolitischer Unsicherheiten, die nach wie vor für Gold sprechen, haben wir gegen Ende Monat die hohen Kurse genutzt und einen Teil der Gewinne realisiert. Dennoch bleiben wir leicht übergewichtet. 

Im Schlepptau dieser Ungewissheiten hat sich auch an den Aktienmärkten die Stimmung zunächst eingetrübt, zum Monatsende hin aber wieder etwas entspannt. Dennoch verbuchten unter dem Strich viele Märkte im April eine negative Performance. So verlor der Schweizer Markt, gemessen am Swiss Performance Index (SPI) 2,4 Prozent, gleich viel büsste in Europa der Euro STOXX 50 Index ein und der breite US-Markt handelte 4,2 Prozent unter dem Stand von Ende März. Immerhin: Dank des äusserst starken ersten Quartals liegt die Performance seit Anfang Jahr immer noch deutlich im Plus. 

Gemischte Quartalszahlen
Der Fokus ist zurzeit aber auf der Berichtssaison zum ersten Quartal und den Markteinschätzungen der Unternehmen. Diese fallen bisweilen gemischt aus. Was hervorzuheben ist, ist eine ungleiche Entwicklung vergleichbarer Aktien. In der Schweiz beispielsweise wirtschaftete der Pharmakonzern Novartis sehr gut und vermochte die Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Dagegen leidet Roche immer noch unter dem weggefallenen Corona-Geschäft. Auch der Nahrungsmittelmulti Nestlé hat die Investoren im ersten Quartal enttäuscht und aufgrund seines Gewichts im Index den Markt belastet.

Ein ähnliches Bild bietet der US-Technologiesektor. Einerseits wirkten Gewinnmitnahmen bei den heissgelaufenen Valoren des Chipherstellers Nvidia belastend. Hinzu kamen Aussagen des Facebook-Mutterkonzerns Meta, der mit seinem Ausblick die Erwartungen verfehlte. Dagegen wurden die Quartalszahlen des Online-Händlers Amazon, des Softwarekonzerns Microsoft und der Google-Mutter Alphabet erfreulich aufgenommen und hellten die Stimmung der Anleger wieder etwas auf. 

Dass die Euphorie nach einem starken ersten Quartal verflogen ist, zeigt sich ebenfalls an der Volatilität. Die Schwankungsbreite der Aktienmärkte gilt als Angstbarometer unter den Anlegern und ist im April deutlich angestiegen. Auch die Tendenz, Risiken vermehrt abzusichern, hat zugenommen, was sich am Anstieg des Put/Call-Ratios ablesen lässt. 

Robuste US-Wirtschaft
Im Fokus bleibt die US-Wirtschaft. Diese präsentiert sich anhand der jüngsten Inflations- und Arbeitsmarktdaten in einer robusten Verfassung, zerstreut damit aber auch die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen, was die US-Notenbank Fed an ihrer Sitzung Anfang Mai bestätigte. Nachdem die Ökonomen zu Jahresbeginn noch mit sechs Zinssenkungen rechneten, erwarten sie aktuell noch eine. Als Folge davon haben sich die Zinskurven in vielen Märkten verflacht, bleiben aber invers.

Gleichzeitig hat der konjunkturelle Optimismus Risse bekommen. Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in den USA im ersten Quartal fiel mit einer Rate von 1,6 Prozent enttäuschend aus. Der Wert vergleicht sich mit erwarteten 2,5 Prozent und 3,4 Prozent aus dem Vorquartal. Die anhaltend hohen Zinsen wirken also bremsend. 

Wahrscheinliche Zinssenkungen in Europa
Für Ungemach sorgt auch ein leichter Anstieg der Inflation. Der bei der US-Notenbank Fed im Fokus stehende PCE-Deflator erhöhte sich von 2,5 auf 2,7 Prozent. Das Zusammenspiel von Wachstum und Teuerung gilt es genau zu beobachten, denn rückläufiges Wachstum und Inflation würde ein Abrutschen in Richtung einer Stagflation bedeuten.

Ein anderes Bild bietet dabei Europa. Während die Kerninflation im April von 2,9 auf 2,7 Prozent weiter rückläufig war, verharrt die Gesamtteuerung bei 2,4 Prozent, liegt damit aber nahe an der Obergrenze der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Währungshüter der Eurozone im Juni das erste Mal an der Zinsschraube drehen werden.   

Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen