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07.03.2022

Plötzlich ist alles anders

Finanz Ecke März 22

Unsicherheit, Volatilität und sinkende Kurse prägten die Kapitalmärkte im Februar. Trotz des grossen Leids, das der Krieg in der Ukraine verursacht, ist es wichtig, an seiner Strategie festzuhalten.

Mit dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine steigt die Unsicherheit in vielen Bereichen deutlich an, auch an der Börse. Zinsängste, teure Bewertungen oder Lieferengpässe werden vom militärisch verursachten Leid überschattet. 

Dabei hatte im Februar alles so gut begonnen. Nach einem schwachen Start ins Jahr 2022 schienen sich die Börsen zu stabilisieren. Die Jahreszahlen der Unternehmen lagen in vielen Fällen im Rahmen oder über den Erwartungen des Marktes. Auch Dividenden rückten wieder in den Fokus der Anleger. Die Ausschüttungen waren aufgrund der Corona-Unsicherheiten bei einigen Unternehmen ausgesetzt oder deutlich gekürzt worden. Der Rückkehr zur Normalität stand anscheinend nichts mehr im Weg. Und dann Krieg. 

Negativer Trend setzt sich fort
In der Folge kletterte der Volatilitätsindex VIX, gemeinhin als Angstbarometer bekannt, allein von seinem Tief im Februar zeitweise um 50 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als 12 Monaten und spiegelt die Unsicherheit der Investoren. Der Swiss Market Index (SMI) konnte sich diesem Trend nicht entziehen und verlor im Februar 2 Prozent. Der Abgabedruck hielt in den ersten Handelstagen im März an. Die negative Entwicklung der Aktienmärkte konnte also vorerst nicht gebrochen werden. Der breite US-Markt, gemessen am S&P 500, gab 3 Prozent ab und tendiert ebenfalls zur Schwäche. Auf Jahressicht ergibt sich weiterhin ein klares Bild: Ausser Gold notieren sämtliche Anlageklassen im Minus. 

Das verwundert nicht, sind in diesem Umfeld doch die sicheren Häfen wieder gefragt. Dazu gehörten neben dem gelben Edelmetall auch der Schweizer Franken. Gold hat sich einmal mehr als Krisenschutz bewährt und sich im Monatsverlauf um 6 Prozent auf 1’906 US-Dollar verteuert. Zwischenzeitlich kletterte der Preis pro Unze gar bis 1’973 US-Dollar. Auch der Ölpreis schoss im abgelaufenen Monat über die Marke von 100 US-Dollar pro Fass auf ein Mehrjahreshöchst und kostete Anfang März bis 118 US-Dollar. Damit dürften die Inflationsraten noch weiter steigen. 

Obwohl sich die Konsumenten davon bislang wenig beeindruckt zeigten und die Wirtschaften weltweit von wegfallenden Corona-Massnahmen profitierten, könnte der Krieg in der Ukraine – je nachdem, wie er sich entwickelt – diese Stimmung trüben. 

Anleger sollen langfristig handeln
Aus Anlegersicht zeigt die Situation einmal mehr, wie wichtig es ist, Risiken zu kennen und zu steuern. Ein breit diversifiziertes Portfolio ist dabei unabdingbar, um die Schwankungen möglichst gering zu halten. Ebenfalls zentral ist der Fokus auf Qualität. Der Schweizer Aktienmarkt verfügt dank einer Reihe von Weltmarktführern über diese Eigenschaft. Zudem gilt er aufgrund der hohen Gewichtung des Pharma- und Nahrungsmittelsektors als defensiv, was die Volatilität zusätzlich reduziert. Wir bleiben deshalb bei Schweizer Aktien übergewichtet. Da eine Anlagestrategie langfristig ausgerichtet ist, empfehlen wir unbedingt, auch jetzt daran festzuhalten. 

Anlagetaktisch haben wir die Marktverwerfungen für eine Portfolioanpassung genutzt und unser Untergewicht in Aktien durch den Zukauf europäischer Titel auf neutral angehoben. Wir gehen davon aus, dass sich die Rotation in wertorientierte Aktien fortsetzen wird und sehen diesbezüglich Chancen in Europa. Bei Gold haben wir einen Teil der Gewinne realisiert, bleiben aufgrund der Unsicherheiten aber übergewichtet. 

Als Antwort auf den Krieg haben viele Länder des Westens wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland erhoben. Diese werden ihre Wirkung zeigen. Der Ausschluss Russlands vom Swift-System, das internationale Banktransaktionen erleichtert, kappt die Verbindung vieler russischer Banken vom internationalen Zahlungssystem. Damit dürfte Russland in eine tiefe Rezession stürzen. Auch wenn der Westen militärisch nicht eingreift, der Wirtschaftskrieg ist in vollem Gange. Und als grosser Energie-, Rohstoff- und Düngemittelexporteur dürften russische Vergeltungsschritte auch den Rest der Welt treffen. Die Verunsicherung dürfte also noch lange gross bleiben.

Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen