Verunsicherte Investoren

06.10.2023

Verunsicherte Investoren

Finanz Ecke Oktober 23

Trotz einer Zinspause der Notenbanken sinkt die Stimmung der Anleger, denn die Geldpolitik bleibt wohl länger restriktiv.

Der September machte seinem Ruf als schwacher Börsenmonat alle Ehre. Leider. Beim Swiss Market Index (SMI) resultierte ein Minus von 1.5 Prozent, der EURO STOXX 50 büsste 2.8 Prozent ein und der breite US-Markt verlor, gemessen am S&P 500, 4.9 Prozent. Damit resultiert für diese Märkte auch auf Quartalsbasis ein Minus. Der konjunkturelle Abschwung macht sich zunehmend in den Aktienkursen bemerkbar. Dass die Börsen seit Anfang Jahr noch im Plus liegen, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Aktienmärkte noch von ihrem starken ersten Quartal zehren. 

Auf Einzeltitelbasis verbuchten die Aktien des Rückversicherers Swiss Re mit knapp 10 Prozent den stärksten Zuwachs, gefolgt von den Titeln des Vermögensverwalters Partners Group (+8.3%) und des Pharmamultis Novartis (+5.1%). Dass der Gesamtindex deutlich Federn lassen musste, liegt vor allem daran, dass die anderen Schwergewichte im SMI an Wert einbüssten. So entwickelten sich die Titel des Nahrungsmittelmultis Nestlé und des Pharmakonzerns Roche schwächer als der Gesamtmarkt. Einen Taucher von knapp 13 Prozent verbuchten die Valoren des Pharmaauftragsfertigers Lonza, die aufgrund des unerwarteten Abgangs des CEO von Investoren abgestossen wurden.

Hohe Erwartungen
In diesem Umfeld halten wir an unserem Untergewicht in Aktien fest. Wir gehen davon aus, dass die Gewinnschätzungen der Analysten immer noch zu hoch sind. Gerade jetzt, vor der Publikation der Ergebnisse zum dritten Quartal besteht deshalb Enttäuschungspotenzial.

Die Diskussion um die Geldpolitik und die Entwicklung der Inflation prägten einmal mehr den abgelaufenen Monat. Die Beschlüsse der Notenbanken divergierten im September. So legten die US-Notenbank Fed, die Schweizerische Nationalbank (SNB) und Bank of England (BoE) eine Zinspause ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) drehte hingegen noch einmal an der Zinsschraube, erklärte aber gleichzeitig, dass wahrscheinlich keine weitere Zinserhöhung nötig sei, um die Teuerung in den Griff zu bekommen.

Höhere Zinsen für eine längere Zeitdauer, im Kampf gegen die hartnäckige Inflation, war denn auch die Botschaft der anderen Währungshüter. Diese Aussage hat in den darauffolgenden Tagen deutlich nachgehallt, den US-Dollar und den Euro gegenüber dem Schweizer Franken gestärkt und zu einem Anstieg bei den längerfristigen Zinsen geführt. Die Zinskurve ist dadurch zwar weniger, aber eben immer noch invers, das heisst kurze Laufzeiten rentieren höher als längere.

Aus Investorensicht bedeutet das einerseits, dass festverzinsliche Anlagen zunehmend interessant sind, dass es sich andererseits aber nicht lohnt, unnötige Risiken bei der Laufzeit einzugehen, zumal eine inverse Zinskurve in der Vergangenheit ein verlässlicher Indikator für eine Rezession war.

Kaufgelegenheit bei Gold
Nachdem sich Deutschland bereits in einem wirtschaftlichen Abschwung befindet, rechnen wir 2024 mit einer leichten Rezession in Gesamteuropa. Auch die Schweiz befindet sich nach den jüngsten Wirtschaftsdaten in einer Stagnation. Widerstandsfähiger zeigen sich die USA. Trotz konjunktureller Abschwächung befindet sich die Volkswirtschaft in einer soliden Verfassung. Dass der drohende «Government Shutdown» in letzter Sekunde abgewendet werden konnte, dürfte für Erleichterung sorgen – wenn auch nur bis Mitte November.

Unter Druck geriet aufgrund der veränderten Zinserwartungen der Goldpreis. Er verlor im September 4.7 Prozent und beendete den Handel bei 1848 US-Dollar/Unze. Das liegt vor allem daran, dass die Opportunitätskosten mit den Zinsen weiter steigen. An unserer positiven Einschätzung ändert das allerdings nichts. Wir erachten das gelbe Edelmetall immer noch als interessanten Portfoliodiversifikator, der die Schwankungen in einem Portfolio reduziert. Gerade in den aktuell wirtschaftlich unsicheren Zeiten hat es seine Berechtigung. Auf 3-Monatssicht rechnen wir mit einem Anstieg des Preises auf 2’000 Dollar, auf Jahressicht auf 2’070 US-Dollar. Obwohl Gold keine Rendite abwirft, können Anleger mit einer Anlage im gelben Edelmetall also durchaus Geld verdienen.

Marcel Crameri
Leiter Vermögensberatung Raiffeisenbank Siggenthal-Würenlingen