Durchstarten mit Buchenholz

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Die Fagus Suisse SA ist eine Pionierin: Dank ihr ist Schweizer Buche heute wertvoller Baustoff statt Feuerholz. Um das zu erreichen, hat das Start-up aus dem Jura eine neue Verarbeitungsmethode entwickelt. So hat sich das neue Verfahren bei der Mittelsuche genau als Vorteil erwiesen.
 

Widerspenstiges Buchenholz

Die Buche ist der häufigste Laubbaum der Schweiz. Ihr Holz ist allerdings widerspenstig und galt für den Bau deshalb lange als ungeeignet. «Buchenholz ist krumm und sehr dicht», erklärt Eric Müller, CEO der Fagus Suisse SA. «Mit herkömmlichen Mitteln ist es fast unmöglich, lange Bretter ohne Risse oder Verformungen herzustellen.» Bis vor kurzem gab es für Schweizer Buche deshalb nur zwei Verwendungen: als Brennholz oder Export nach Asien, wo Billigmöbel daraus entstanden.

 

Bauen mit Holz – ein Megatrend

Das kann doch nicht sein, fanden Waldbesitzer und Sägewerkbetreiber und gründeten 2014 Fagus Jura (heute Fagus Suisse). Ziel des Start-ups: Aus Buchenholz hochwertiges Material für den einheimischen Bau erzeugen. Marktabklärungen befeuerten die Idee. «Bauen mit Holz ist auch in der Schweiz ein Megatrend», sagt Eric Müller. «Gemeinden, Kantone und private Bauherren setzen verstärkt auf nachhaltige Baustoffe.» Kommt hinzu: Seit 2015 lassen die Brandschutzvorschriften Holzbauten in unbeschränkter Höhe zu. Heute gibt es sogar Hochhäuser aus Holz. «Die Nachfrage nach leistungsfähigem Konstruktionsholz ist also stark gestiegen.» Und: Buche ist extrem leistungsfähig, nämlich dreimal so stark wie Fichte oder Tanne.

Vier Jahre intensive Forschung begannen; mit an Bord Partner wie die ETH, die EMPA oder die Fachhochschule Biel. Im Herbst 2018 lag die Lösung auf dem Tisch: zweidimensionales Verkleben. Bei diesem Verfahren werden viele kleine Buchenholzlatten zu einem grossen Balken zusammengeleimt. Das Resultat: ein Baustoff mit dem Zeug, Stahl und Beton zu ersetzen.

 

Massarbeit bei Digitalisierung und Mechanik

Um ein konkurrenzfähiges, bezahlbares Produkt zu erhalten, musste allerdings eine vollautomatische Produktionsanlage her. Kein leichtes Unterfangen: «An die moderne industrielle Buchenverarbeitung hatte sich vor uns noch keiner gewagt», sagt Eric Müller. Nach der Verarbeitungsmethode galt es nun also, auch den Herstellungsprozess zu entwickeln. Daran machte sich der CEO höchstpersönlich. «Ich komme nicht vom Holz», erklärt der 56-Jährige, «sondern aus der IT.» Müller designte den konkreten Produktionsablauf und vernetzte die einzelnen Maschinen miteinander. Zusammen mit deren Herstellern kümmerte er sich zudem um die digitalen Schnittstellen.

Aber auch auf mechanischer Ebene fiel Massarbeit an. Müller: «Die Maschinen waren alle nicht auf Buchenholz ausgelegt.» Die Hobelmaschine zum Beispiel musste man für das Einfädeln kleiner Hölzer umarbeiten, die Transportmittel für die Beförderung der krummen Buchenholzstücke. «Wegen der hohen Festigkeit der Buche ist zudem bei fast allen Maschinen eine höhere Leistung nötig.»

 

Finanzierung mit einer Raiffeisen Kreditlimite

Für die aufwändige Anlage brauchte es natürlich entsprechende finanzielle Mittel. Diese erhielt das Start-up grösstenteils von der Raiffeisenbank Winterthur: Auf Basis einer Garantie des Bundesamtes für Umwelt sprach die Bank eine Kreditlimite von 3 Millionen Franken. «An Projekten fernab von 0815 sind wir immer interessiert», erklären Leiter Firmenkunden Robert Merz und Firmenkundenberaterin Andrea Herzog. Insbesondere angesprochen habe natürlich der Ökologieaspekt: «Als genossenschaftliche Bank, die stark im Hypothekargeschäft tätig ist, liegt uns mehr Nachhaltigkeit im Bau am Herzen.»

Als Fagus Suisse bei Raiffeisen vorsprach, war die Forschungsarbeit des Start-ups bereits weit gediehen; diese hatte das Unternehmen vor allem mit Eigenmitteln finanziert. «Die hohe Vorleistung hat uns zusätzlich überzeugt», so Merz und Herzog. «Damit hatte das Unternehmen bewiesen, wie ernst es ihm ist.» Und: «Die Kommunikation mit Fagus Suisse war sehr transparent; wir konnten uns ein gutes Bild von Geschäftsmodell und Markt machen.»

 

Investition in ein Generationenprojekt

Positiv klingt es auch bei Fagus: «Für uns war es essenziell, einen Bankpartner zu haben, der an unsere Idee glaubt und bereit ist, mit der Firma mitzugehen», sagt Eric Müller. «Raiffeisen hat da in ein Generationenprojekt investiert.» 

Im März 2020 startete Fagus Suisse im jurassischen Les Breleux die Produktion ihres Buchenbaustoffs. Der nächste Wachstumsschritt: die Verarbeitung weiterer Laubhölzer. «Ziel ist es, auch Esche oder Eiche nach unserem Verfahren zu verkleben», sagt Eric Müller. Im Schweizer Bau dürfte in Zukunft also noch mehr lokales Holz verwendet werden.

 

3 Leuchtturmprojekte mit Fagus-Holz

Fabrikhalle der Fagus Suisse SA
Fagus Suisse SA

Das Start-up stellt Elemente für den konstruktiven Holzbau sowie Teile für Innenausbau und Möbel her. Sein Rohstoff: Laubholz aus Schweizer Wäldern, insbesondere Buche. Im März 2020 eröffnete das Jungunternehmen, das 2014 gegründet wurde, in Les Breuleux (JU) das erste Laubholzwerk der Schweiz. Aktionäre sind Waldbesitzer, Architektur- und Ingenieurbüros sowie Holzbaufirmen und Privatinvestoren.