Vorsorgeauftrag

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Wer sich rechtzeitig um den Vorsorgeauftrag kümmert, kann dafür sorgen, dass sein Wille respektiert wird, falls er infolge Krankheit oder Unfall urteilsunfähig wird. Mit einem Vorsorgeauftrag bestimmen Sie selber, wer Sie vertritt. Bei einer Urteilsunfähigkeit ohne Vorsorgeauftrag überlassen Sie die Entscheidungen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.

 

 

 

Was ist ein Vorsorgeauftrag?

Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person für den Fall ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen mit der Erledigung der von ihr definierten Angelegenheiten beauftragen. Der Vorsorgeauftrag kann vom Auftraggeber in beliebigem Ausmass erteilt werden. Er kann für Teile oder die gesamte Personen und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr erteilt werden. Höchstpersönliche Rechte, wie beispielsweise die Errichtung eines Testaments, können allerdings nicht delegiert werden.

 

Vorsorgeauftrag kurz erklärt

Ab dem 18. Geburtstag hat man keine gesetzlichen Vertreter mehr und muss diese für den Fall einer Urteilsunfähigkeit selbst bestimmen. Doch in welchen Bereichen können diese Personen dann für mich entscheiden? Und wie ernenne ich sie zu meinen Vertretern? Nicole Lächler, Senior Erbschaftsberaterin bei Raiffeisen erklärt, was ein Vorsorgeauftrag ist und gibt Ihnen wertvolle Tipps, die Sie beim Erstellen beachten sollten.

 

Wie wird ein Vorsorgeauftrag errichtet?

Der Vorsorgeauftrag unterliegt strengen Formvorschriften. Der Vorsorgeauftrag muss von Anfang bis zum Ende eigenhändig verfasst, datiert und unterzeichnet werden, ansonsten ist er nicht gültig. Wem die handschriftliche Erstellung Mühe bereitet, kann den Vorsorgeauftrag bei einer im jeweiligen Kanton dafür zuständigen Urkundsperson, z.B. einem Notar, öffentlich beurkunden lassen. Das detaillierte Verfahren der öffentlichen Beurkundung ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt.

 

Wer kann als Beauftragter bestimmt werden?

Eine handlungsfähige Person kann sowohl eine wie auch mehrere natürliche oder eine juristische Person als Vorsorgebeauftragte ernennen. Für den Fall, dass die beauftragte Person zum gegebenen Zeitpunkt für den Auftrag nicht geeignet ist oder ihn nicht annimmt, kann die verfügende Person eine oder mehrere Ersatzpersonen bestimmen.

 

Ist ein Vorsorgeauftrag bei Verheirateten sinnvoll?

Bei Verheirateten sowie bei Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben, ist die Erstellung eines Vorsorgeauftrages ebenfalls sinnvoll. Ehegatten sowie Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben haben zwar ein gesetzlich geregeltes Vertretungsrecht. Dieses Recht besteht allerdings nur, wenn die Beziehung effektiv gelebt wird, d.h. wenn das Paar einen gemeinsamen Haushalt führt oder wenn (im Falle eines Pflegeheimaufenthalts) der Partner der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leistet. Das gesetzliche Vertretungsrecht umfasst nur diejenigen Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise anfallen, sowie jene Aktivitäten, welche die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte betreffen. Sind darüber hinausgehende Handlungen notwendig, muss die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde eingeholt werden. Im Gegensatz zum gesetzlichen Vertretungsrecht erhält der noch urteilsfähige Ehepartner mit dem Vorsorgeauftrag ein umfassendes Vertretungsrecht und benötigt für Handlungen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung keine Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde.

 

Was passiert, wenn kein Vorsorgeauftrag vorhanden ist?

Hat eine urteilsunfähige Person keinen Vorsorgeauftrag erstellt und kommt auch das gesetzliche Vertretungsrecht bei Ehegatten nicht zur Anwendung (bspw. weil die Voraussetzung dafür nicht erfüllt sind oder die konkrete Handlung nicht durch das gesetzliche Vertretungsrecht gedeckt ist), dann errichtet die Kindes-und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) eine Beistandschaft. Oftmals handelt es sich dabei um einen Mitarbeiter der zuständigen Behörde. Alternativ ernennt die KESB eine persönlich und fachlich geeignete Person aus dem privaten Umkreis des Urteilsunfähigen. Folgende Beistandschaften (bzw. Mischformen davon) kann die Behörde anordnen:

BegleitbeistandschaftEine Begleitbeistandschaft wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.
VertretungsbeistandschaftEine Vertretungsbeistandschaft wird errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten selbst nicht erledigen kann und vertreten werden muss.
MitwirkungsbeistandschaftDiese Form der Unterstützung wird angeordnet, wenn bestimmte Handlungen der hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz der Zustimmung des Beistandes bedürfen. Die Handlungsfähigkeit wird entsprechend eingeschränkt.
Umfassende BeistandschaftWenn eine Person aufgrund dauernder Urteilsunfähigkeit besonders hilfsbedürftig ist, wird eine umfassende Beistandschaft errichtet. Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt gänzlich. Der von der Behörde eingesetzte Beistand ist in verschiedener Hinsicht rechenschaftspflichtig und wird von der KESB beaufsichtigt. Mit der frühzeitigen Errichtung eines Vorsorgeauftrages kann die Anordnung einer Beistandschaft durch die KESB vermieden werden.

Wo kann ein Vorsorgeauftrag aufbewahrt werden?

Wir empfehlen, das Original dem Erstbeauftragten sowie eine Kopie davon der jeweiligen Ersatzperson(en) auszuhändigen und diese über den Aufbewahrungsort des Original-Dokuments zu informieren. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, den Vorsorgeauftrag gegen Gebühr beim Zivilstandsamt mit Angabe des Hinterlegungsortes in die zentrale Datenbank eintragen zu lassen. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) wird sich bei Kenntnis der Urteilsunfähigkeit beim Zivilstandsamt informieren, ob ein Vorsorgeauftrag besteht. Bei diversen Kantonen besteht eine weitere auch physische Hinterlegungsmöglichkeit bei der zuständigen KESB.

 

Kann ein Vorsorgeauftrag widerrufen werden?

Der Vorsorgeauftrag kann im Zustand der Urteilsfähigkeit und vor der Validierung durch die KESB vom Auftraggeber jederzeit geändert werden. Es ist ratsam, den Vorsorgeauftrag regelmässig zu überprüfen, um ihn bei einer Veränderung der Umstände rechtzeitig anpassen zu können.

 

Wie muss bewegliches Vermögen verwaltet werden?

Es ist dem Auftraggeber zu empfehlen, dem Beauftragten klare Weisungen zur Vermögensverwaltung zu erteilen. Fehlen solche Anordnungen, sind bei der Wahl der Anlagestrategie sowie der einzelnen Anlagen die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Person zu berücksichtigen (das Alter, die Gesundheit, die Bedürfnisse des Lebensunterhalts, die Einkommens und Vermögenssituation sowie der Versicherungsschutz). Soweit möglich ist auch der Wille der betroffenen Person zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist das Vermögen so zu verwalten, dass die Aufwendungen für den gewöhnlichen Lebensunterhalt sowie für die zu erwartenden unregelmässigen Kosten gedeckt werden können, ohne dass Vermögensanteile zur Unzeit verkauft werden müssen.

 

Ist ein zusätzlicher Vorsorgeauftrag nötig bei einer Vollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht, in welcher aufgeführt wurde, dass diese auch weiter gilt, wenn der Vollmachtgeber urteilsunfähig geworden ist, bleibt auch nach dem seit Januar 2013 geltenden Erwachsenenschutzrecht grundsätzlich gültig, wenn ein Vollmachtgeber urteilsunfähig geworden ist. Einige Finanzinstitute verlangen jedoch bereits in diesem Fall als neue handlungsbefugte Ansprechperson einen Beistand bzw. einen Beauftragten. Eine Vollmacht, welche erst ab Eintritt der Urteilsunfähigkeit und nicht bereits vorher Gültigkeit haben soll, ist nach neuem Recht jedoch nicht mehr gültig. Diese Regelung muss mit einem Vorsorgeauftrag vorgenommen werden, da dieser an strengere Formvorschriften geknüpft ist als eine Vollmacht.

 

Wann wird ein Vorsorgeauftrag wirksam?

Sobald die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) davon erfährt, dass eine Person möglicherweise urteilsunfähig geworden ist, klärt sie ab, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt. Wurde ein Vorsorgeauftrag errichtet, prüft die Behörde ob dieser gültig und ob die Urteilsunfähigkeit effektiv eingetreten ist. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, prüft die KESB, ob die beauftragte Person als geeignet erscheint und auch bereit ist, den Auftrag mit sämtlichen Bedingungen und Auflagen anzunehmen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird der Vorsorgeauftrag durch die Behörde für wirksam erklärt (Fachbegriff: Validierung).

 

Merkblatt Selbstbestimmte Vorsorge (Vorsorgeauftrag/Patientenverfügung) (PDF, 33.5KB)