Alternative Finanzierungsformen zum Bankkredit

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Was tun, wenn der Kreditantrag abgelehnt wird? Unsere Finanzierungsexperten Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden und Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer zeigen auf, welche alternativen Finanzierungsformen es gibt.
 

Aus welchen Gründen lehnt die Bank Finanzierungsanfragen ab?

Marco Meier (M.M.): Hat ein Antrag keinen Erfolg, liegt es meist daran, dass entweder die Kreditfähigkeit oder die Kreditwürdigkeit nicht gegeben sind. Das sind unsere beiden Grundparameter: Die Firma soll in der Lage sein, den Kredit innert fünf Jahren zurückzuführen und die involvierten Personen müssen vertrauenswürdig sein.

Edi Platter (E.P.): Es kann aber auch sein, dass ein Antrag abgelehnt wird, weil er nicht sauber ausgearbeitet ist oder wesentliche Informationen und Unterlagen fehlen. Sehr oft werden Jahresrechnungen beigelegt, die steuerlich optimiert sind. Dies verzerrt die Ertragskraft einer Unternehmung und kann zu einem negativen Kreditentscheid führen. Weiter stelle ich fest, dass Finanzierungsanfragen aufbereitet werden mit der Annahme, dass das Finanzinstitut die wesentlichen Informationen bereits kennt. Hier dient es oft, die Optik eines «Aussenstehenden» einzunehmen.

 

«Hat ein Antrag keinen Erfolg, liegt es meist daran, dass entweder die Kreditfähigkeit oder die Kreditwürdigkeit nicht gegeben sind.»

Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden

 

Was macht ein Unternehmer, wenn sein Antrag abgelehnt wird? 

M.M.: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, die wir im Fall einer Ablehnung mit dem Unternehmer diskutieren. Allenfalls verfügt der Unternehmer über zusätzliche Sicherheiten wie Wertschriftendepots, Liegenschaften oder Schuldbriefe. Solche Sicherheiten senken das Kreditrisiko für die Bank und erhöhen damit die Kreditfähigkeit des Unternehmens. Eine weitere Möglichkeit ist, Drittparteien wie Bürgschaftsgenossenschaften beizuziehen, die für den Kreditnehmer bürgen. Diese erleichtern Schweizer KMU den Zugang zu Krediten, indem sie den kreditgebenden Banken Garantien geben. Zudem besteht die Möglichkeit, den abgelehnten Kreditantrag durch einen unabhängigen Partner prüfen zu lassen. Da zählen wir bei Raiffeisen auf das Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ), welches bei der strategischen Positionierung des Business Cases oder aber bei der Dokumentation beratend zur Seite stehen kann.

E. P.: In der Vergangenheit wurden wir auch durch Kunden oder Raiffeisenbanken kontaktiert, bei denen der erste Kreditentscheid negativ war. In diesen Fällen führen wir ein Unternehmergespräch und ermitteln die Herausforderungen bezüglich der Finanzierung. Hier hilft oft die Aufbereitung der Unterlagen oder die Begleitung des Kunden an die Gespräche mit der Bank.

 

Gibt es neben einem Kredit auch alternative Finanzierungsinstrumente?

M.M.: Steht vor allem die Finanzierung des laufenden Geschäftes im Zentrum, kann ein Factoring in Erwägung gezogen werden. Dabei werden die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Factoring-Gesellschaft verkauft.

E. P.: Bei Investitionsgütern bietet Leasing eine attraktive Alternative zum klassischen Kredit. Leasingverträge sind schon ab Objektpreisen von 15'000 Franken möglich. Je nach Bedarf können aber auch Finanzierungsmodelle wie die Beschaffung von Risiko- oder Eigenkapital durch weitere Investoren für Wachstumsfinanzierungen in Frage kommen. Zudem besteht die Möglichkeit, Projekte über eine Crowd-Plattform zu finanzieren.

 

«Bei Investitionsgütern bietet Leasing eine attraktive Alternative zum klassischen Kredit.»

Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer

 

Von Crowdlending hört man oft. Ist das ein Trend?

M.M.: Beim Crowdlending werden kleine Beträge von verschiedenen Personen zu einem Kredit gebündelt. Dies geschieht über spezialisierte Online-Kreditmarktplätze. Obwohl viel darüber gesprochen wird, kommt diese Art der Finanzierung in der betrieblichen Praxis noch sehr selten vor.

E. P.: Crowdlending ist eine neuere Form von Finanzierung. Hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass lukrative Finanzierungen ebenfalls Sicherheiten erfordern. Auch die Crowd macht sich Gedanken um Kreditwürdigkeit und Bonität.

 

Was kann das Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ) dazu beitragen, die Chancen für einen positiven Kreditentscheid zu erhöhen?

E. P.: Das RUZ hilft, die Kreditfähigkeit zu dokumentieren und dadurch zu verbessern. Hat das Unternehmen eine realistische Chance auf eine Finanzierung, finden wir auch in schwierigen Situationen einen Weg.

Gerne nehme ich ein Beispiel einer Nachfolgeregelung: Ende 2016 wurde ein Unternehmen durch einen ehemaligen Mitarbeiter übernommen. Auftragsbestand war tief, Ertragslage ebenfalls. Das Anpacken des neuen Inhabers, die Marktpräsenz und die minutiöse Bereinigung der internen Prozesse hat zu einer Verdreifachung des Auftragsbestandes bis Ende 2017 geführt. Bei einem Auftragsbestand von rund zehn Millionen Franken und einem Materialanteil von gut 48 Prozent ist klar, dass der Unternehmer bei jedem Auftrag erhebliche Vorleistungen zu erbringen hat. Diese Vorleistungen müssen finanziert sein. Da die Ertragskraft in der Vergangenheit knapp war, wollte die Hausbank die bestehende Kreditlimite nicht erhöhen. Anzahlungen einzufordern, bedingt oft die Abgabe einer Anzahlungsgarantie, die ebenfalls eine Kreditlimite notwendig macht. Durch die Aufbereitung der Unterlagen auf Basis der neuen Geschäftsentwicklung, die geschaffene Transparenz und die Erweiterungen im VR und in der GL konnte das Unternehmen neu finanziert werden mit einer Limite von über zwei Millionen Franken.

 

Was macht das RUZ noch?

E. P.: Zusammen mit dem Unternehmer erörtern wir, wie viel Kapital wirklich benötigt wird. Wir feilen mit ihm an der Projektidee, erstellen den Businessplan und begleiten ihn zum Termin mit der Bank. Hat das Geschäftsmodell noch grundsätzliche Mängel, versuchen wir, eine neue Ausrichtung zu finden und teilen die Umsetzung in sinnvolle Schritte ein.

M.M.: Im Gespräch mit dem RUZ-Begleiter erfährt der Kunde, ob seine Businessplanung aus unserer Erfahrung sinnvoll ist und wie er sich im Markt positionieren kann. Oftmals fehlen dem Unternehmer die Sparringpartner, um ihre Businessideen kritisch zu hinterfragen. Da können wir mit unserem Angebot im RUZ und unserer Erfahrung wertvolle Inputs liefern.

 

Wie unterscheidet sich dieses Angebot von anderen Banken?

E. P.: Mit dem RUZ verfügt Raiffeisen für Schweizer KMU über ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Das RUZ begleitet jeden Unternehmer bei allen Herausforderungen, die eine Unternehmensentwicklung mit sich bringt. Andere Banken bieten eine ähnliche Beratung ausschliesslich für Grosskunden.

Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden
Marco Meier, Bereichsleiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden

Marco Meier ist Leiter Geschäftsentwicklung und Spezialprodukte Firmenkunden bei Raiffeisen Schweiz. Er ist seit über 15 Jahren in diversen Positionen im Schweizer Banking tätig, davon rund 10 Jahre im Firmenkundengeschäft. Seine langjährige Erfahrung und sein fundiertes Fachwissen zeichnen ihn als Experten im Firmenkundengeschäft aus.

Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer
Edi Platter, RUZ-Begleiter und Unternehmer

Edi Platter ist Begleiter im Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ), Verantwortlicher Kompetenzteam Unternehmensentwicklung und Finanzen. Zuvor war er Leiter Kredite und Firmenkunden sowie Inhaber eines Verkaufs- und Marketingunternehmens. Zudem agiert er als Verwaltungsrat bei einem Internet Service Provider.