Finanz-Tipp 27: Was zählt?

06.02.2023

Finanz-Tipp 27: Was zählt?

Mehr Spielraum bei der Nachlassplanung!

«Nach mir die Sintflut» ist ein oft gehörter Spruch, wenn es um die Planung des eigenen Ablebens geht. Viele Personen überlassen die Zuteilung ihres dereinstigen Nachlasses dem Gesetz und verpassen es ihre Liebsten genügend abzusichern, oder unnötigen Streit vorzubeugen. Eine Nachlassplanung ermöglicht Ihnen, die nötigen Vorkehrungen und die Erbteilung ganz nach Ihren persönlichen Wünschen zu gestalten.

Am 1. Januar 2023 trat das neue Erbrecht in Kraft. Im Mittelpunkt der Revision steht die Reduktion der gesetzlichen Pflichtteile. Wer seinen Nachlass mit einem Testament oder Erbvertrag regelt, hat künftig mehr Spielraum bei der Nachlassplanung. Das neue Recht gilt für alle Todesfälle ab dem 1. Januar 2023 – bisherige Nachlassregelungen bleiben gültig.


Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick

  • Wegfall Pflichtteile der Eltern
  • Reduktion Pflichtteile der Nachkommen
  • Erhöhung verfügbare Quote bei Nutzniessung (verheiratete Paare mit Nachkommen)
  • Bereits mit Einleitung Scheidungsverfahren: Wegfall Pflichtteilsschutz der Ehegatten
  • Grundsätzliches Schenkungsverbot nach Abschluss eines Erbvertrages
  • Sämtliche Säule-3a-Guthaben fallen nicht in den Nachlass

Was bedeutet die Reduktion der Pflichtteile?

Ein Erbteil ist der Anteil am Nachlassvermögen, den das Gesetz einzelnen Personen zuweist. Je nach Familienkonstellation sind die Erbteile der jeweiligen Erben grösser oder kleiner. Dementsprechend ist auch der entsprechende Pflichtteil je nach Quote des Erbteils grösser oder kleiner.

Doch was ist der Pflichtteil? Der Pflichtteil ist eine vom Gesetz vorgesehene Quote, die bestimmten Personen zwingend zusteht. Der Pflichtteil kann einem pflichtteilsgeschützten Erben ohne dessen Zustimmung nicht entzogen werden. Die Höhe des Pflichtteils berechnet sich im Verhältnis zum Erbteil. Den Anteil am Nachlassvermögen, über welchen der Erblasser nach Abzug der Pflichtteile verfügen kann, bezeichnet man als verfügbare Quote.

 

Ein Beispiel:

Nach Gesetz erhalten der Ehegatte und die Nachkommen einen Erbteil von je ½ des Nachlasses. An diesen Erbteilen ändert sich mit dem neuen Recht nichts. 

Wenn man sowohl den Ehegatten als auch die Nachkommen noch im Jahr 2022 auf den Pflichtteil setzte, betrug der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten ½ des Erbteils von ½, somit ¼ und derjenige der Nachkommen ¾ des Erbteils von ½ = 3/8. Die verfügbare Quote beträgt somit 3/8. 

Nach neuem Recht beträgt der Pflichtteil der Nachkommen und des Ehegatten je ½ des Erbteils von ½ = ¼ und die verfügbare Quote macht folglich ½ des Nachlasses aus. Die verfügbare Quote ist nun grösser und der Erblasser hat somit mehr Möglichkeiten seinen Nachlass zu verteilen

Erbrecht

Wer gehört zu den pflichtteilsgeschützten Personen?

Seit dem 1. Januar 2023 sind lediglich noch der Ehegatte und die Nachkommen pflichtteilsgeschützt. Der Pflichtteilsschutz der Eltern fällt weg. Geschwister waren und sind nicht pflichtteilsgeschützt. Je nach Konstellation haben sie aber von Gesetzes wegen Anspruch auf einen Erbteil. 

 

Was ändert sich bei der verfügbaren Quote bei Nutzniessung?

Ein beliebtes Instrument, um den Ehegatten möglichst gut abzusichern, besteht darin, ihm gegenüber den gemeinsamen Nachkommen die Nutzniessung über deren Teil des Nachlasses zukommen zu lassen und die frei verfügbare Quote als Eigentum zuzuweisen.

Die neben der Nutzniessung bestehende verfügbare Quote betrug bisher ¼, nach neuem Recht ½ des Nachlasses. Dies ermöglicht zukünftig eine noch bessere Absicherung des überlebenden Ehegatten.

 

Was passiert neu mit dem Pflichtteilsschutz im Scheidungsverfahren?

Mit dem neuen Recht fällt mit der Einleitung der Scheidung der Pflichtteilsschutz von Gesetzes wegen dahin. Es gilt aber weiterhin, dass der Ehegatte den gesetzlichen Erbteil bis zur rechtskräftigen Scheidung behält. Wenn man den Ehegatten als Erben ausschliessen will, hat man unter dem neuen Recht die Möglichkeit dazu. Man muss aber aktiv werden und ein Testament oder eine sonstige Nachlassregelung erstellen. 

 

Was verstehen wir unter dem pauschalen Schenkungsverbot?

Neu sind nach Abschluss eines Erbvertrags Schenkungen grundsätzlich anfechtbar. Es ist aber möglich im Erbvertrag einen ausdrücklichen Vorbehalt anbringen, dass Schenkungen zu Lebzeiten weiterhin möglich sein sollen. Ist ein solcher Vorbehalt im Erbvertrag vorhanden, steht es dem Erblasser wie bis anhin frei, lebzeitig Schenkungen auszurichten.

 

Was geschieht mit meiner Säule 3a im neuen Erbrecht?

Neu gelten sowohl bezüglich Versicherungs- als auch Banksparen die gleichen Regeln: Das Vorsorgeguthaben wird nicht zum Nachlassvermögen hinzugerechnet. Die Begünstigten haben einen eigenen Anspruch auf die ihnen daraus zugewiesene Leistung (Art. 82 Abs. 4 BVG) Die Versicherungseinrichtung oder die Bankstiftung zahlt diese den Begünstigten aus. 

Allerdings werden die Vermögenswerte bei der Berechnung von allfälligen Pflichtteilsverletzungen hinzugerechnet. Bei einer gemischten Lebensversicherung wird wiederum der Rückkaufswert hinzugerechnet, bezüglich einem Guthaben bei einer Bankstiftung der volle Wert.

Ziel des neuen Gesetzes ist es, das über 100-jährige Erbrecht zu modernisieren und auf die heutigen Lebensverhältnisse anzupassen. Der Erblasser soll auf diese Weise mehr Flexibilität bei der Planung seines Nachlasses erhalten. 

Aus aktuellem Anlass bieten wir Workshops zum neuen Erbrecht an. Beachten Sie dazu die separate Meldung zur neuen «Workshop-Serie» und melden Sie sich noch heute an:

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