Weshalb Unternehmer den Neubeginn wagen

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Unternehmerinnen und Unternehmer wagen immer wieder einen Neustart. Die einen wollen eine vielversprechende Idee weiterverfolgen, andere müssen ihr Unternehmen vor einer Notlage retten. Fünf Unternehmerinnen und Unternehmer erzählen, warum sie sich für einen Neustart entschieden haben und welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben.
 

Neubeginn mit neuen Ideen

Der Bauer Stefan Brunner aus Spins bei Aarberg macht so manches anders als sein Vater, von dem er 2010 den Hof übernommen hat: Die 14 Hektaren Land bewirtschaftet er biologisch und mit grosser Vielfalt. Letztes Jahr hat er seinem Wirken mit einer innovativen Geschäftsidee neuen Schub verschafft – und sich Luft: «Ich suchte nach Möglichkeiten, um meine Abhängigkeit von Grossverteilern zu verringern», sagt er. Als «Bionär» kultiviert er Wünsche, beispielsweise zehn verschiedene Sorten Gurken für den Küchenchef eines In-Lokals oder Stangenbohnen, die er für einen anderen Spitzenkoch schon im Babystadium ernten wird. Zudem bietet der Landwirt quadratmeterweise Gemüse zum Fixpreis – für jedermann. Digital affin lässt er die Kundschaft via App am Gedeihen «ihres» Gemüses teilhaben.

 

Neubeginn als Quereinsteigerin

Sofia de Meyer steuerte als Anwältin eines multinationalen Konzerns erst eine steile Karriere an, riss nach sieben Jahren aber einen Stopp, «ich wollte etwas Wahrhaftigeres», sagt sie. Im Wallis gründete sie ein Touristencamp mit der Idee «Ferien in der Natur, ohne ihr zu schaden». Hier mangelte es ihr stets an Fruchtsäften, die in ihr nachhaltiges Konzept passten. Sie tüftelte in ihrer Küche mit Früchten vom Markt – daraus entstand schliesslich Opaline: In einer solarbetriebenen Fabrik im Wallis entstehen Frucht- und Gemüsesäfte mit Rohstoffen aus dem Wallis «mit sozialem und ökologischem Bewusstsein»: Alle an Opaline beteiligten Bauern, Produzenten, Mitarbeiter und Vertriebspartner profitieren vom Wachstum, der Gewinn wird verteilt.

 

 

Scheitern und neu beginnen

«Einmal mehr aufstehen als fallen», verdeutlicht Alan Frei, Mitgründer von Amorana, Zürich, was er sagen will, wenn er sich selbst beschreibt mit «ich ticke eher amerikanisch.» Frei hat in den vergangenen 15 Jahren höchst unterschiedliche Geschäftsideen ausprobiert und damit mehr als einmal Schiffbruch erlitten – ohne unterzugehen. Nun scheint er auf Erfolgskurs mit der auf Sexspielzeug spezialisierten Online-Plattform Amorana. Was er diesmal anders macht als in der Vergangenheit? «Wir sind superfokussiert, machen nur, was erstens wichtig ist für die Firma und wofür wir zweitens auch die Ressourcen haben.» Damit, so der 36-Jährige, setze er um, was ihn sein früheres Scheitern gelehrt hat. Sein Rat an Jungunternehmer? «Gerade am Anfang muss man Disziplin haben.»

 

Neubeginn aus Not

Was tun, wenn fast nichts mehr geht? Aufgeben oder neu aufgleisen? Rony Bieri hat sich für Letzteres stark gemacht – und ist mit seinem Konzept, das über hundert Jahre alte Entlebucher Medienhaus in Schüpfheim in die Zukunft statt in den Konkurs zu führen, vor den Verwaltungsrat getreten. Er bekam grünes Licht und wurde zum neuen CEO gewählt. Das war 2009. «Wir haben den Turnaround geschafft und die digitale Transformation fortgesetzt.» Das kleine Medienhaus bietet heute alles Mögliche, von der Lokalzeitung über Marketing-Konzepte bis fixfertigen Webseiten. Das KMU ist heute gemäss Bieri «kerngesund und schuldenfrei» und erweitert mit einem Augmented-Reality-Startup gerade abermals das Geschäftsfeld.

 

Neubeginn aus Leidenschaft

Ronald Herculeijns war Manager eines Luxuskonzerns, bevor er vor vier Jahren Unternehmer geworden ist. Zusammen mit einem Freund gründete er die Swiss Alpine Fish AG in Lostallo mit der Idee, hierzulande Lachse zu züchten. Entstanden ist die erste Schweizer Indoor-Lachszucht, finanziert von den beiden Kompagnons und weiteren 20 Geldgebern. Die Anlage bietet den Wanderfischen alles, was diese zum Gedeihen brauchen: Schlüpfen im Süsswasser, Heranwachsen in salzhaltigem Wasser, Erstarken im Strömungsbecken. Entwicklung und Bau der Anlage haben Millionen verschlungen; nicht alles lief nach Plan, zwei Kapitalerhöhungen waren für die Fertigstellung nötig. Nun sind die Pioniere auf der Zielgeraden, ihre erste Lachsgeneration gedeiht wie gewünscht.