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So gelingt Glück

Glücklich im Job: dafür braucht es Eigenverantwortung, informelle Kommunikationsgefässe und flexible Arbeitsbedingungen. Was jede und jeder zusätzlich selbst für sich tun kann, um die eigene Zufriedenheit zu steigern, sagt Glücksforscher Sigmar Willi im Interview.

23.10.2025

Wieso sind glückliche Mitarbeitende für Unternehmen überhaupt relevant – ist Glück nicht Privatsache?

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht nur privat, sondern auch bei der Arbeit glücklich sind, haben für ein Unternehmen viele Vorteile. Sie sind zufriedener, produktiver, kreativer, seltener krank und wechseln weniger häufig die Stelle. Das alles führt letztlich auch zu einem grösseren wirtschaftlichen Erfolg.

 

Und wie macht man seine Mitarbeitenden glücklich?

Es gibt viele Faktoren. Dazu gehören Wertschätzung, Eigenverantwortung, Sinnhaftigkeit der Arbeit, Förderung und positive Feedbacks. Auch informelle Kommunikationsgefässe sind wichtig – etwa ein regelmässiger Apéro oder Teamevents. Eine gute Führungskraft gibt den Mitarbeitenden zudem einen Vertrauensvorschuss. Das heisst: Sie vertraut ihnen von Anfang an, statt dass das Vertrauen erst mühsam erarbeitet werden muss. Das motiviert.

«Eine gute Führungskraft gibt den Mitarbeitenden einen Vertrauensvorschuss.»
Sigmar Willi

Sigmar Willi

Glücksforscher und Unternehmensberater

Was muss eine gute Führungskraft bei sich selbst beachten?

Sie ist sich bewusst, dass sie nicht bei allem mitreden muss und kann, sonst wird sie zum Mikromanager. Sie muss sich zudem auch selbst gut führen: Dazu gehören Optimismus, eine gesunde innere Haltung und Selbstfürsorge – zum Beispiel in Form von regelmässigen Pausen oder anderen Auszeiten.

 

Welche Rolle spielen familien- und freizeitfreundliche Rahmenbedingungen wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten?

Sie geben den Mitarbeitenden Autonomie, Zeithoheit und Freiheit – fehlen diese Faktoren, schränkt das die Zufriedenheit stark ein. Allerdings ist die Menge entscheidend. Meine Faustregel ist: bei Vollzeit sind zwei Tage Homeoffice okay. Sind die Mitarbeitenden weniger im Büro, leiden der soziale Austausch und das Gemeinschaftsgefühl.

Macht ein hoher Lohn glücklich?

Der Lohn spielt eine wichtige Rolle – aber wer glaubt, dass mehr Geld automatisch mehr Glück bedeutet, der irrt sich», sagt Glücksexperte Sigmar Willi. Das Gehalt sei aber ein wichtiger Ausdruck von Wertschätzung, sagt Willi. Es müsse innerhalb des Lohnbands der Firma und der Branche liegen. «Bis zu einem gewissen Punkt ist der Lohn entscheidend», erklärt der Glücksforscher. «Studien zeigen: Wenn ich mein Leben nach meinem Bedarf finanzieren kann, bin ich zufrieden – darüber hinaus bringt mehr Geld kaum noch einen Zuwachs an Glück.»

Was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltig glücklich macht, sind positive Beziehungen im Büro, Sinnhaftigkeit der Arbeit und das Erleben von Erfolgen. «Diese Faktoren haben keine Halbwertszeit – sie wirken also langfristig», sagt Willi. Sie geben Stärke, Wachstum und Resilienz. «Das heisst nicht, dass man nicht gut verdienen soll oder darf – aber Geld ist eben nicht alles.»

Was kann jede und jeder selbst tun für die eigene Zufriedenheit am Arbeitsplatz?

Jeder hat mal schlechte Laune. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. An einem schlechten Tag ist es hilfreich, die eigenen Erwartungen anzupassen und zu versuchen, sich von den negativen Gefühlen nicht zu sehr steuern zu lassen. Gut ist es auch, sich anderen Menschen mitzuteilen und Empathie zu erfahren. Und es braucht Achtsamkeit.

 

Was meinen Sie damit?

Wir sind in Gedanken meistens in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Wir hetzen von einem Termin zum nächsten und sind dazwischen am Handy. Aber gerade in Momenten der Freude, wenn man eine Herausforderung gemeistert hat oder auch nur die Sonnenstrahlen auf der Haut geniesst, sollte man einen Moment innehalten und das positive Gefühl ganz bewusst sacken lassen. Auch grössere Pausen gehen im Berufsalltag schnell vergessen. Es ist aber wichtig, sich solche einzuplanen und sich Gutes zu tun: Alles im Privatleben zu kompensieren, ist keine gute Strategie.

 

Haben Sie feste Routinen, um Ihr Glück zu steigern?

Ja, mehrere. Ich überlege mir zum Beispiel am Morgen noch vor dem Aufstehen drei Aufsteller, auf die ich mich an diesem Tag freue. Am Abend reflektiere ich den Tag jeweils schriftlich – dazu gehören auch die Momente, die nicht so gut waren. Zudem notiere ich mir «3 Good Things»: Drei Dinge, die an diesen Tag gut liefen und weshalb. Das ist eine wirksame Methode, um das Positive im Leben zu erkennen und zu schätzen.

Sigmar Willi

Sigmar Willi

Glücksforscher und Unternehmensberater

Sigmar Willi ist selbstständiger Berater und Coach mit Fokus auf Führungs- und Teamentwicklung sowie Referent zu Glücksthemen. Er ist Professor und Dozent für Persönlichkeitsbildung und Positive Psychologie an der Ostschweizer Fachhochschule. Der studierte Betriebswirtschaftler hat ein Nachdiplomstudium in Positiver Psychologie sowie mehrere Weiterbildungen in Bereichen wie Corporate Happiness und lösungsorientiertem Coaching. Zudem war er in verschiedenen Institutionen in leitenden Funktionen tätig.

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