«Wie kann mein Partner nach meinem Tod im Haus wohnen bleiben?»

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Ihr Tod kann Ihre Hinterbliebenen in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Damit Ihr Partner nicht plötzlich gezwungen ist, das Haus zu verkaufen, sollten Sie rechtzeitig Vorkehrungen treffen. Hier erfahren Sie, welche Möglichkeiten Sie haben.

 

 

Wenn die Erbschaft zu Streit führt

Eines Tages kommt Reto Giovanoli nicht mehr von der Arbeit auf der Baustelle nach Hause. Das Schlimmste ist eingetreten: Der Bauführer ist vom Gerüst gestürzt und verstorben. Für seine Frau Andrina und Tochter Melanie ist das ein Schock.

Auf den persönlichen Verlust folgt für die Hinterbliebenen bald weiteres Ungemach: Reto hinterlässt kaum Bargeld und Bankguthaben; der grösste Vermögensposten ist das Haus der Familie, das Reto selbst vor Jahren von seinen Eltern geerbt hat. Das führt zu Streit zwischen Ehefrau und volljähriger Tochter: Andrina möchte ihr bisheriges Daheim verständlicherweise behalten. Melanie jedoch beharrt auf ihrem Anteil am Erbe. Andrina verfügt als Teilzeitangestellte aber nicht über genügend finanzielle Möglichkeiten, um die Tochter auszuzahlen. Die Konsequenz: Die Liegenschaft muss verkauft werden, der Erlös wird aufgeteilt.

 

Das Problem: die gesetzliche Erbquote

Wenn vom Verstorbenen nicht anderweitig festgehalten ist, was mit seinem Hab und Gut passieren soll, greift die gesetzliche Erbquote. Der hinterbliebene Ehepartner erbt die eine Hälfte des Nachlasses, das Kind oder die Kinder die andere Hälfte. Das gilt auch für etwas eigentlich Unteilbares wie ein Haus. Mit einem Testament hat ein Erblasser zwar einen gewissen Handlungsspielraum. Aber selbst wenn er seinen Kindern nur das Minimum zukommen lässt und seinen Ehepartner maximal begünstigt, kann es für den Ehepartner je nach finanzieller Situation immer noch schwierig bis unmöglich sein, das Haus zu behalten und die Kinder auszuzahlen – insbesondere dann, wenn das Erbe wie im Falle von Reto, Andrina und Melanie kaum flüssige Mittel umfasst und hauptsächlich aus einer Liegenschaft besteht. Hier erfahren Sie mehr zur Erbteilung

 

Die Lösung: Situation mit Nutzniessung oder Erbvertrag regeln

Damit Ihr Ehepartner in einer solchen Situation sein Daheim nicht verliert, gilt es rechtzeitig mit den richtigen Instrumenten vorzusorgen. Dafür gibt es unter anderem folgende zwei Möglichkeiten:

Sie können die Situation mit einer Nutzniessung regeln, die entweder im Testament oder in einem separaten, zwischen den beiden Ehegatten vereinbarten öffentlich beurkundeten Erbvertrag festgehalten ist. Damit gestatten Sie Ihrem Ehepartner, auch nach Ihrem Tod weiterhin im Haus wohnen zu dürfen. Eigentümer der Liegenschaft ist in einem solchen Fall allerdings nicht der Ehepartner alleine, sondern zusammen mit den Kindern. Die Eigentümer der Liegenschaft dürfen nur gemeinsam über Verkauf, Aufstockung der Hypothek oder Umbau entscheiden. Herrscht hier keine Einigkeit, kann es schnell böses Blut geben.

Auf der sicheren Seite sind Sie mit einem Erbvertrag, bei dem auch die Kinder mitwirken: Anders als die Nutzniessung, die Sie quasi in Eigenregie veranlassen dürfen, braucht ein solcher Vertrag von vornherein die Zustimmung aller Beteiligten. Es lohnt sich also, sich in guten Zeiten Gedanken über die Zukunft zu machen – nicht erst, wenn sich Unstimmigkeiten abzeichnen. Sind Ihre Kinder einverstanden, können sie im Rahmen eines Erbvertrags beispielsweise freiwillig auf ihr Erbe verzichten. Das Haus geht dann im Falle Ihres Todes vollumfänglich an Ihren Ehepartner und erst nach dessen Tod an die Kinder. Das Dokument muss öffentlich beurkundet werden. 

Ehe vs. Konkubinat: Was ist anders?

Wenn Sie wollen, dass Ihr Konkubinatspartner nach Ihrem Tod im Haus wohnen bleiben kann, müssen Sie in jedem Fall selber aktiv werden. Von Gesetzes wegen sind Unverheiratete nämlich kaum gegenseitig abgesichert. Sie haben mehrere Möglichkeiten:

  • Testament: Sie reduzieren das Erbe Ihrer Kinder (und allenfalls Ihrer Eltern) auf den Pflichtteil und lassen das, worüber Sie frei verfügen können, Ihrem Partner zukommen. Ihre Erben müssen sich allerdings einig sein, wer das Haus übernimmt. Dieses Risiko der Uneinigkeit innerhalb der Erbengemeinschaft lässt sich lösen, indem man mit einer Teilungsvorschrift die Liegenschaft dem überlebenden Partner in Anrechnung an dessen Erbquote zuteilt. Zudem wäre Ihr Partner verpflichtet, Ihre Kinder (und allenfalls Eltern) anteilsmässig auszuzahlen.
  • Nutzniessung: Sie können Ihrem Partner das lebenslange Nutzniessungsrecht gewähren. Dies ist eine gute Lösung, solange dadurch die Pflichtteile von Kindern oder Eltern nicht verletzt werden oder dies so in einem gemeinsam aufgesetzten Erbvertrag festgehalten ist. Wie beim Ehepartner gilt aber auch hier: Eigentümer bleibt die Erbengemeinschaft, nicht der Konkubinatspartner. Für grössere Veränderungen wie Verkauf, Aufstockung der Hypothek oder Umbau braucht es deren Zustimmung.
  • Erbvertrag: Vorausgesetzt, dass alle Einverstanden sind, können Sie die Situation mit einem Erbvertrag regeln. Voraussetzung ist jedoch, dass die Kinder volljährig sind. Nur volljährige und urteilsfähige Personen können an einem solchen Vertrag mitwirken.

Fazit: Regeln Sie die Erbschaft Ihres Eigenheims frühzeitig

Glühbirne

Der Erbvertrag ist mit Abstand die beste Lösung für Eigenheimbesitzer, um den Nachlass zu regeln. Denken Sie Ihre Situation und die Umstände jedoch kritisch durch. Auch wenn Sie sich unbedingt wünschen, dass Ihr Partner dereinst unter allen Umständen im Haus wohnen bleiben kann, müssen Sie sich vorab einige unbequem Fragen stellen: Ist die Liegenschaft für meinen Ehepartner alleine überhaupt tragbar? Was soll passieren, wenn mein Ehepartner nochmals heiratet? Was sind die Folgen, wenn mein Ehepartner pflegebedürftig wird? Sind unsere Kinder damit einverstanden?

Haben Sie weitere Fragen zu Ihrer persönlichen Vorsorge-Situation? Möchten Sie wissen, wo bei Ihnen selbst noch Handlungsbedarf besteht? Ihr Raiffeisen Vorsorgeexperte weiss über die rechtliche und die finanzielle Seite der Nachlassplanung Bescheid und kann Ihnen aufzeigen, welche Optionen Sie haben.

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