Die Schweizer Industrie erhält derzeit kaum noch neue Bestellungen, weshalb die Auftragspolster immer dünner werden. Auch die Frankenstärke belastet die KMU. Die Hauptsorge gilt der schwachen Konjunkturentwicklung in der Eurozone, von wo es weiterhin kaum Anzeichen für eine Stabilisierung gibt.
Die Geschäftslage bei den Schweizer KMU aus der Industrie hat sich nach der Stabilisierung im September zuletzt erneut markant verschlechtert. Der Raiffeisen KMU PMI fiel im Oktober von 51,1 auf 45,2 Punkte und notiert damit wieder deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50. Der Grund für den Rückschlag ist die anhaltende Industrierezession in der Eurozone, die das Neugeschäft massiv belastet. Die von Raiffeisen befragten KMU meldeten im Oktober einen starken Rückgang des Produktionsvolumens. Die Komponente zur Produktion sank von 53,2 auf 42,5 Punkte und damit auf das gleiche Niveau wie zuletzt während der Omikron-Welle im Januar 2022. Das Auftragspolster nahm ungeachtet der schwachen Produktionszahlen deutlich ab, was illustriert, wie wenig neue Aufträge derzeit bei den Unternehmen eingehen.
Die Komponente zum Auftragsbestand hat mit 30% das grösste Gewicht am Raiffeisen KMU PMI, da sie in der Regel eine gute Indikation dafür liefert, wie sich die Produktionsdynamik in den kommenden Monaten entwickelt. Aktuell liegt sie bei niedrigen 43,6 Punkten und gibt damit ein klares Warnsignal, dass die Talsohle in der Schweizer Industrie wohl noch nicht durchschritten ist. Raiffeisen rechnet jedenfalls auch in den nächsten Monaten mit einer schwachen Konjunkturentwicklung in der Eurozone. Die negativen Effekte der hohen Inflation und der Zinserhöhungen machen sich dort mittlerweile immer mehr auch im Dienstleistungssektor bemerkbar. Damit steigt das Risiko, dass sich das schlechte globale Umfeld auch vermehrt in der Schweizer Industriebeschäftigung widerspiegelt. Im Oktober blieb die Beschäftigung bei den von Raiffeisen befragten KMU aber noch grösstenteils stabil. Die Beschäftigungskomponente verringerte sich zwar ebenfalls, aber deutlich weniger stark und mit 48,6 Punkten notiert sie nur leicht unter der Wachstumsschwelle.
links: Raiffeisen KMU PMI Oktober 2023 / rechts: Raiffeisen KMU PMI Subkomponenten (I)
Die Frankenstärke wird wieder zur Belastung
Ein zusätzlicher Belastungsfaktor für die Schweizer KMU ist der starke Franken. Nach einer kurzen Pause während der Pandemie gewinnt die Schweizer Währung schon seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich an Wert. Lange Zeit wurde dies von den Unternehmen nicht als besonders bedrohlich wahrgenommen, weil ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit dank der deutlich geringeren Inflation als im Ausland trotzdem intakt blieb. Seit einigen Monaten nennen aber immer mehr KMU auch die Frankenstärke als Belastungsfaktor. Die reale also preisbereinigte Aufwertung ist zwar noch nicht sehr prägnant, aber auch hier zeigt die Tendenz nach der Eskalation im Nahostkonflikt nach oben. Die Geschwindigkeit und das Ausmass der jüngsten Aufwertung sind bisher nicht so dramatisch wie z.B. beim Frankenschock von 2015. Wenn sich die Flucht der internationalen Anleger in sichere Häfen aber beschleunigt, droht der Schweizer Industrie zum ungünstigsten Zeitpunkt noch mehr Ungemach. Doch auch wenn es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt, dürfte der Franken weiterhin zur Stärke tendieren, zumindest gegenüber dem Euro. Denn die Gemeinschaftswährung hat aufgrund der schlechten Konjunkturentwicklung kaum Erholungspotential.
Raiffeisen KMU PMI – Subkomponenten (II)
| Okt 23 | Sep 23 | Aug 23 | Juli 23 | Juni 23 |
---|---|---|---|---|---|
Gesamtindex | 45,2 | 51,1 | 46,3 | 46,3 | 48,8 |
Auftragsbestand | 43,6 | 51,9 | 46,0 | 42,4 | 50,7 |
Produktion | 42,5 | 53,2 | 47,3 | 43,8 | 49,3 |
Beschäftigung | 48,6 | 51,9 | 45,3 | 48,5 | 46,4 |
Lieferfristen | 45,0 | 49,4 | 47,2 | 50,0 | 47,9 |
Einkaufslager | 50,7 | 45,0 | 45,3 | 54,6 | 48,6 |
50 = Wachstumsschwelle
Domagoj Arapovic hat an der Universität Zürich Volkswirtschaft studiert und arbeitete anschliessend von 2007 bis 2012 bei der Schweizerischen Nationalbank im Economic Research und im Risikomanagement. Seit 2011 hält er das Chartered Financial Analyst- Diplom und seit 2013 ist er bei Raiffeisen Schweiz als Senior Economist tätig.
Jetzt Teil des Konjunkturindikators werden!
Sind Sie ein kleines oder mittleres Unternehmen und in der Industrie tätig? Wir suchen weitere KMU, die monatlich eine kurze Umfrage (< 5 Min.) ausfüllen. Seien Sie jetzt Teil einer erfolgreichen Idee, denn der Konjunkturindikator ist ein wichtiger Gradmesser, um positive oder negative Impulse aus dem Markt frühzeitig zu erkennen.
Unter allen teilnehmenden Industrie-KMU verlosen wir ein Preisgeld von bis zu 3'000 Franken. Sie erhalten zudem alle Umfrageergebnisse und Analysen noch vor deren Publikation.
Keine Konjunktureinschätzung mehr verpassen
Abonnieren Sie hier unseren Newsletter und erhalten Sie jeden Monat den aktuellen Konjunkturindikator.