Der Franken ist und bleibt stark. Zu diesem Schluss kommt Alexander Koch, Leiter Makro-Strategie bei Raiffeisen Schweiz. Das hat unter anderem mit den Überschüssen im Aussenhandel, der tiefen Inflationsrate in der Schweiz und dem Repatriierungseffekt zu tun. «Das alles löst eine höhere Nachfrage nach Franken aus», sagt Koch. Was bedeutet das für Unternehmer?
Wie sollen KMU ihre Ausgaben und Einnahmen in Fremdwährungen budgetieren?
Der starke Franken zeigt sich nicht zuletzt an der Entwicklung des Euro-Franken-Wechselkurses. Dieser ist für viele KMU matchentscheidend, denn Europa ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Momentan sieht es nicht so aus, als würde der Wechselkurs jemals wieder auf das Niveau des ehemaligen Mindestkurses von 1,20 Franken pro Euro klettern: «Wenn ich die Preisentwicklung in der Schweiz mit jener im Euroraum vergleiche, rechne ich damit, dass wir langfristig bei einem paritätischen Wechselkurs von 1:1 angekommen sein werden», sagt Alexander Koch.
«Erst wenn ein KMU weiss, wann welche Einnahmen und Ausgaben zum Beispiel in Euro oder US-Dollar anfallen, lässt sich das Risiko abschätzen.»
Alexander Koch, Leiter Marko-Strategie bei Raiffeisen Schweiz
Kurzfristig jedoch schwankt der Euro-Franken-Wechselkurs relativ stark. Unternehmerinnen und Unternehmer, die Einnahmen oder Ausgaben in Fremdwährungen haben, bräuchten also kurzfristige Prognosen, um ihre Risiken kalkulieren zu können. Doch hier liegt die Herausforderung: «Es ist sehr schwierig, für zwei oder drei Monate verlässliche Währungsprognosen zu erstellen», so der Ökonom. Die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheitsfaktoren seien zu gross und kaum kalkulierbar. Trotz unsicherer Währungsprognosen: Alexander Koch hat vier Tipps, die Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Sicherheit beim Budgetieren geben können:
Tipp 1: Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Zahlungsströme
Zuerst einmal müssen sich Unternehmen einen Überblick über ihre Zahlungsströme verschaffen – nicht nur über Währungen und Beträge, sondern auch Zeitpunkte und Zyklen. «Erst wenn ein KMU weiss, wann welche Einnahmen und Ausgaben zum Beispiel in Euro oder US-Dollar anfallen, lässt sich das Risiko abschätzen», sagt Alexander Koch.
Das Risiko kann sich zudem von Branche zu Branche unterscheiden: Ein Autoimporteur, der die Fahrzeuge direkt beim Einkauf ohne Zeitverzögerung bezahlt, kann mehr oder weniger fest kalkulieren. Anders ist beispielsweise die Situation eines Maschinenexporteurs, der an Abnehmer in der Eurozone liefert. «Nicht selten verstreicht zwischen Vertragsabschluss, Lieferung und Zahlung viel Zeit, während der sich die Wechselkurse markant verändern können. Teilzahlungen verstärken das Problem noch», bemerkt Koch.
Ein erster Schritt zur Risikoabfederung ist ein gutes Timing. «Falls der Exporteur auch Kosten in Fremdwährungen hat, weil er zum Beispiel Komponenten für seine Maschinen aus dem Euroraum bezieht, werden Einnahmen und Ausgaben idealerweise zeitlich so gelegt, dass man sie miteinander verrechnen kann», rät Koch. Der Exporteur reduziert so seine Netto-Exposure und Wechselkursschwankungen fallen weniger ins Gewicht. Für das verbleibende Risiko bieten sich unterschiedliche Strategien an: Absicherung oder Spekulation.
Tipp 2: Berücksichtigen Sie Volatilität und Exposure
Um die richtige Devisen-Strategie auszuwählen, lohnt sich der Blick in die Vergangenheit: «Zusammen mit dem Bankberater kann sich ein Unternehmer zum Beispiel die Volatilität einer Währung anschauen. Die durchschnittliche prozentuale Abweichung vom aktuellen Kurs kann Entscheidungsgrundlage dafür sein, ob eine Absicherung nötig ist oder nicht», erklärt Alexander Koch.
Auch die Höhe der Beträge spielt eine Rolle: So weiss der Maschinenexporteur beispielsweise, dass er in sechs Monaten aus dem Verkauf einer Maschine eine Viertelmillion Euro erhalten wird. Schwankt der Eurokurs in dieser Zeit zwischen 1,14 und 1,08 Franken, kann das über Haben oder Nichthaben von 15'000 Franken entscheiden. Bei kleineren Beträgen oder solchen, die mit Ausgaben in Fremdwährungen verrechnet werden können, fallen Kursschwankungen hingegen weniger ins Gewicht.
Tipp 3: Schaffen Sie mit Termingeschäften verbindliche Grundlage fürs Budget
Will ein KMU sein Wechselkursrisiko absichern, kann es ein Devisen-Termingeschäft abschliessen. Hierbei werden Fremdwährungen auf einen bestimmen Termin gekauft oder verkauft. «Weil Kurs und Betrag dabei festgelegt sind, hat das Unternehmen eine verbindliche Grundlage für die Budgetierung», sagt Alexander Koch.
«Der Unternehmer legt also quasi fest, ab welchem Wechselkurs ihm das Geschäft schaden würde. Er kann folglich mit diesem 'Worst Case'-Kurs budgetieren.»
Alexander Koch, Leiter Marko-Strategie bei Raiffeisen Schweiz
Wird eine Option abgeschlossen, funktioniert das wie eine Versicherung: Gegen eine Prämie erkauft sich der Unternehmer das Recht, auf einen bestimmten Termin und zu einem bestimmten Kurs eine bestimmte Währung zu kaufen oder zu verkaufen. Dieses Recht muss er aber nicht wahrnehmen, wenn der effektive Tageskurs für ihn vorteilhafter wäre. «Der Unternehmer legt also quasi fest, ab welchem Wechselkurs ihm das Geschäft schaden würde. Wird dieser unterschritten, löst er die Option ein. Er kann folglich mit diesem 'Worst Case'-Kurs budgetieren», erklärt Koch.
Tipp 4: Entscheiden Sie sich für Sicherheit oder Spekulation
Viele Unternehmen sichern ihre Fremdwährungsgeschäfte nicht ab. «Oftmals geschieht dies aber nicht aus strategischen Überlegungen, sondern weil die Problematik schlicht vernachlässigt wird», stellt Koch fest. KMU können sich aber durchaus auch bewusst für ein risikoreiches Vorgehen entscheiden. Budgetiert wird dann mit einem Kurs, der auf Annahmen und Vergangenheitsanalysen basiert – mit hohem Unsicherheitsfaktor. Vorsichtige Unternehmen hingegen bauen bei der Budgetierung zusätzlich eine Sicherheitsmarge ein.
Darum sagt Alexander Koch: «Unternehmerinnen und Unternehmer können Fremdwährungspositionen durchaus offenlassen und darauf hoffen, dass sie dank Kursbewegungen ein besseres Resultat erzielen. Sie müssen aber wissen, dass es sich dabei um ein Spekulationsgeschäft handelt.»
Die Vismara & Co. SA verkauft jährlich rund 50'000 Tonnen Altmetall nach Italien. Die Exportgeschäfte bringen für das Tessiner Recyclingunternehmen Liquiditäts- und Währungsrisiken mit sich. Erfahren Sie, wie das Unternehmen mit Sicherheitsmargen budgetiert und dank dem Direct Access Service (DAC) von einem direkten Zugang zum Devisenmarkt profitiert.
Alexander Koch studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten München und Southampton. Nach einem Aufenthalt bei der Strategieberatung Roland Berger begann er seine Laufbahn in der Bankenbranche bei UniCredit im Firmenkundengeschäft. Sein Weg führte dann weiter über die Länderrisikoanalyse schliesslich ins Economic Research. 2013 wechselte er zu Raiffeisen Schweiz, verantwortete dort erst die Immobilienmarktanalyse und ist nun für die Konjunktur- und Zinsanalyse verantwortlich.