

Marktkommentar – Ein Blick auf die Börsenwoche
Die Angst vor einer Finanzkrise 2.0 schwindet. Das verleiht den Börsen Aufwind. Anleger sollten trotzdem vorsichtig bleiben. Die Gefahr im Bankensektor ist noch nicht gebannt. Zudem preisen die Märkte erste Zinssenkungen der Notenbanken ein.
Chart der Woche
Nervöser Bondmarkt
MOVE-Index, in Basispunkten
Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office
Die Anleiherenditen fahren dieses Jahr Achterbahn. Grund sind die Inflations- und Konjunktursorgen der Anleger sowie zuletzt die Turbulenzen im Bankensektor. Das spiegelt sich im MOVE-Index, der die implizite Volatilität für US-Staatsanleihen unterschiedlicher Laufzeiten misst. Im Gegensatz zu seinem Aktien-Pendant VIX notiert der MOVE derzeit nicht nur über seinem langjährigen Schnitt, sondern so hoch wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Die geldpolitische Straffung der Notenbanken wird den Obligationenmärkten wohl noch so manches Auf und Ab bescheren.
Aufgefallen
Aus die Maus für den Verbrenner
Ab 2035 dürfen EU-weit keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden – ausgenommen sind mit CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen betankte Autos. Klingt gut, ist es aber nicht. Denn eine rasche, konsequente Transformation hin zu einer nachhaltigen Mobilität sieht anders aus.
Auf der Agenda
Inflation Schweiz
Kommende Woche publiziert das Bundesamt für Statistik (BFS) die Inflationsdaten für März. Wir gehen davon aus, dass der Preisdruck auf der Konsumentenseite erhöht geblieben ist.
Börsen mit versöhnlichem Monatsabschluss
Die Angst der Anleger vor einer neuen Finanzkrise ist etwas abgeflaut. Gründe waren zum einen die Meldung, dass die US-Bank First Citizens alle Einlagen und Kredite der zusammengebrochenen Silicon Valley Bank übernimmt. Zum anderen sorgte die UBS für eine Überraschung: Sergio Ermotti, der VR-Präsident von Swiss Re, kehrt per 5. April als Konzernchef zur Grossbank zurück. Er hat Restrukturierungserfahrung und soll die Integration der Credit Suisse (CS) dirigieren. Die Aktienmärkte tendierten entsprechend in der letzten Märzwoche über weite Strecken höher. Für eine Entwarnung ist es dennoch zu früh. So stabilisierte sich nach ihrer Talfahrt zwar der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie, eine echte Gegenbewegung blieb aber aus. Die Prämien für die Kreditausfallversicherungen (CDS) verharrten auf hohem Niveau. Darüber hinaus antizipiert der Markt erste Zinssenkungen der Notenbanken – das birgt Enttäuschungspotenzial. Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2022 gab es derweil noch von Skan und Accelleron positive Nachrichten. Der Pharmazulieferer konnte den Umsatz sowie Auftragseingang klar steigern. Der Turboladerhersteller hat im Jahr Eins nach der Abspaltung von ABB die eigenen Prognosen übertroffen und will eine Dividende zahlen. Mit einer strategischen Partnerschaft schaffen der Gesundheitskonzern Galenica und Shop Apotheke die grösste Online-Apotheke der Schweiz.
Diese Aktien waren im ersten Quartal gefragt
Der Swiss Market Index (SMI) verbucht gegenüber Anfang Jahr ein Plus von gut 3 %. Es war jedoch ein Quartal voller Höhen und Tiefen. Befeuert von der Corona-Öffnung Chinas kletterte der Leitindex im Januar zunächst bis knapp unter 11'500 Punkte – das ist der höchste Stand seit Sommer 2022. In der Folge bremsten ihn aber Zins- und Konjunktursorgen. Mitte März rutschte der SMI infolge des Bankenbebens auf 10'395 Punkte ab. Seither haben sich die Börsen etwas gefangen. Am stärksten in der Gunst der Anleger standen in der Schweiz die Aktien des Zementherstellers Holcim (+22 %). Trotz des Kursanstieges liegt die Dividendenrendite immer noch bei satten 4.5 % und damit deutlich über dem SMI-Durchschnitt (3.3 %). Ebenfalls gesucht waren die Valoren des Hörgerätespezialisten Sonova sowie des Luxusgüterkonzerns Richemont. Diese gewannen gegenüber Jahresbeginn 21 % respektive 20 %. Das Schlusslicht bilden der Computerzubehörbauer Logitech (-9 %), der Pharmariese Roche (-10 %) und die Grossbank Credit Suisse (-71 %).
Zwischen Finanzmarkt- und Preisstabilität
Die Sichtguthaben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind in der Woche vom 24. März um 51.9 Milliarden Franken gewachsen. Das ist der grösste Anstieg seit August 2011 – damals stemmten sich die Währungshüter gegen die Frankenaufwertung infolge der Euro-Schuldenkrise. Grund sind die im Rahmen der CS-Rettung gewährten Liquiditätshilfen. Auf den ersten Blick scheint das im Widerspruch zur jüngsten Zinserhöhung der SNB zu stehen. Beide Instrumente adressieren allerdings unterschiedliche Ziele der Notenbank: Ersteres dient der Sicherung der Finanzmarktstabilität, Letzteres der Gewährleistung der Preisstabilität. Darüber hinaus verkauft die SNB weiterhin Devisen, um so den Franken zu stärken und die importierte Inflation direkt zu bekämpfen.
Von Blechlawinen und Gewerkschaftsstreiks
Samstags um halb zehn in Kreuzlingen. Eine Blechlawine schlängelt sich über die schweizerisch-deutsche Grenze nach Konstanz. Ziel sind die vielen Supermärkte. Der Shoppingtrip droht jedoch zunehmend an Attraktivität zu verlieren. Grund dafür ist die Inflation. So sind ennet der Grenze die Lebensmittelpreise im März gegenüber dem Vorjahr um satte 22.3 % geklettert. Hierzulande haben sich Brot, Käse & Co. zuletzt um nur 6.5 % (Februar) verteuert. Angesichts der hartnäckig hohen Teuerung in Deutschland (März: 7.4 %) scheinen die Forderungen der dortigen Gewerkschaften nach teils prozentual zweistelligen Lohnerhöhungen sowie der damit einhergehende Warnstreik von dieser Woche durchaus berechtigt. Denn für viele Menschen geht es um die Existenz. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass steigende Löhne ihrerseits die Inflation befeuern.
Publikation «Marktkommentar»