Die überzeichnete Angst vor Verlusten

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Die Scheu vor Verlusten hält viele davon ab, an der Börse einzusteigen. Erfahren Sie, was hinter der typisch menschlichen Verlustaversion steckt und mit welchen Strategien Sie die Angst vor Verlusten überwinden.

 

Verluste schmerzen mehr als Gewinne erfreuen

Die Angst vor Verlusten begleitet uns im Alltag auf Schritt und Tritt: Wir ärgern uns über Parkbussen, versteckte Gebühren oder das Nachbezahlen von Steuern. Selbst wenn wir dabei nur wenig Geld verlieren, können solche monetären Verluste äusserst schmerzhaft sein. Ein Gewinn in derselben Höhe beeindruckt uns hingegen deutlich weniger. Die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie zeigen denn auch, dass die meisten Menschen Verluste im Schnitt fast zwei Mal höher gewichten als Gewinne.

Der Ursprung dieser sogenannten Verlustaversion liegt in der Evolutionsgeschichte. Als der Mensch noch jagte und sammelte, ging es ihm in erster Linie darum, jeden Tag ausreichend Nahrung zum Überleben zu finden. Damit war es für ihn nicht wichtig, langfristig Gewinne zu erzielen, da diese nicht mit Verlusten verrechnet werden konnten. Denn: Erlegte der steinzeitliche Jäger drei Tiere an einem Tag, konnte er doch nur eines verzehren. Dieses Verhalten steckt noch heute in uns. 

 

Menschen handeln oft irrational

Die Verhaltensökonomen und Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Richard Thaler haben die Verlustaversion untersucht. Die Forscher zeigten in einem Experiment, wie sich die Angst vor Verlusten äussert: Die Probanden besassen eine bestimmte Anzahl Kaffeetassen und sollten diese weiterverkaufen und gleichzeitig auch neue Tassen erwerben. Ging es um die eigenen Tassen, boten die Probanden diese im Durchschnitt für sieben Dollar zum Verkauf an. Gleichzeitig waren sie selbst aber nur bereit, drei Dollar für eine neue Tasse zu bezahlen. Der Verlust der eigenen Kaffeetasse war den Probanden also mehr als doppelt so viel wert wie der Besitz einer neuen Tasse. 

Das Experiment zeigt: Menschen messen Gütern, die sie besitzen, einen deutlich höheren Wert zu als Gütern, die sie nicht besitzen. Dieses Verhalten sei irrational, folgern die Forscher, da der Wert der Kaffeetassen objektiv gesehen gleich hoch sein müsste. Die Verlustaversion führt demnach immer wieder zu irrationalen Fehlentscheidungen. 

Die Verlustaversion beeinflusst unsere Entscheidungsfindung im Umgang mit Finanzen. Wir gehen möglichen Verlusten aus dem Weg, selbst wenn die Gewinnchancen eigentlich sehr gross wären. Dieses irrationale Verhalten zeigt sich auch beim Vermögensaufbau: Viele Schweizerinnen und Schweizer lassen ihr Geld lieber auf dem Sparkonto liegen anstatt es an der Börse zu investieren. Obwohl Investitionen in Wertpapiere rein rational betrachtet erfolgversprechender wären, hält die Angst vor Verlusten sie vom Anlegen ab.

 

Strategien gegen die Verlustangst

Gegen die Verlustaversion gibt es jedoch zwei einfache Rezepte. Mit den folgenden Strategien können Einsteiger ihre Verlustangst überwinden und erfolgreich anlegen:
 

Strategie 1: Langfristig Anlegen 

Weil Anleger Angst haben, Geld mit einer Anlage zu verlieren, richten sie ihre Finanzplanung oft auf wenige Monate oder gar Wochen aus. Dabei ist es deutlich sinnvoller, die Finanzplanung langfristig zu gestalten. Denn ein langfristiger Zeithorizont steigert die Renditechancen und vermindert die Verlustängste.

Wer auf einen langen Anlagehorizont setzt und konsequent an seiner Anlagestrategie festhält, lässt sich von kurzfristigen Rückschlägen weniger verunsichern. So lässt sich die Verlustaversion ein Stück weit überwinden. Und wer auf Nummer sicher gehen will, überträgt die Verwaltung seines Vermögens mit einem entsprechenden Mandat an Experten. Dadurch kommt man gar nicht erst in Versuchung, der Verlustangst zu verfallen und seine Aktien zu einem ungünstigen Zeitpunkt zu verkaufen.

 

Strategie 2: Reue-Muster ablegen

Wer erfolgreich an der Börse anlegen möchte, sollte zudem lernen, den vereinzelten Verlusten nicht hinterher zu trauern. Bei einer Parkbusse gilt: Je schneller man die Rechnung begleicht und die Sache abhakt, desto weniger ärgert man sich darüber. Das Gleiche empfiehlt sich auch beim Umgang mit Verlusten an der Börse. 

Beim Anlegen spricht man von der «Rollover-Strategie». Ziel dieser Strategie ist es, weniger emotional mit aufgelaufenen Verlusten umzugehen. Das gelingt, wenn Investoren verlierende Positionen veräussern und die freigesetzten Mittel gleich wieder in neue Anlagen reinvestieren. Verluste werden so weniger als solche wahrgenommen. Anstatt einem Verlust nachzutrauern, fokussiert man sich auf die neuen potenziellen Gewinnchancen. Verschiedenste Studien zeigen, dass die «Rollover-Strategie» zu besseren Investitionsentscheidungen führt.

 

Nicht nur die Verlustangst hält Menschen vom Anlegen ab 

 

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